
Bewertung: 3 / 5
Nachdem MD02GEIST schon vor längerer Zeit eine Kritik zu Shin Godzilla abgeliefert hat, wollte ich den Film nun auch endlich mal nachholen. Gestern war es nun soweit und ich war gespannt darauf, wie diese Neuinterpretation der Kultechse werden wird.
Shin Godzilla bricht von Anfang an mit den alten Banden, dies ist nicht der Godzilla den wir kennen sondern ein ganz klassischer Reboot. Entsprechend weiß niemand im Film, was für eine Bedrohung auf sie zukommt. So entspringt dem Meer zu Beginn auch nicht die klassische Riesenechse, sondern ein Ding, welches ein komisches deformiertes Wasserlebewesen ist, welches noch nicht erkennen lässt, wohin die Reise geht. Entsprechend verwirrt sind auch die japanische Regierung und die Bevölkerung, denn womit hat man es hier zu tun? Erst im Laufe der Zeit wird klar, welche Urgewalt Japan und vor allem Tokyo bedroht.
Trailer zu Shin Godzilla
Nach wenigen Minuten wird bei Shin Godzilla klar, endlich sind die Japaner auch in der Gegenwart angekommen. Zwar bin ich ein großer Freund von Modellen und möglichst handgemachten Effekten, aber es gibt Situationen, da bietet sich der Einsatz von CGI einfach an und wenn eine Riesenechse ein Land bedroht und massiver militärischer Einsatz nötig ist, dann ist dieser Moment bekommen. Das Ergebnis sind ein paar wirklich sehenswerte Sequenzen, die auch durch die realistische Darstellung der Handlung noch an Wirkung gewinnen.
Überhaupt haben die Macher versucht die Handlung aus einem Standpunkt heraus zu drehen, was wäre, wenn so eine Katastrohphe wirklich passieren würde. Entsprechend ernst gehen die Darsteller zur Sache und von den Albernheiten früherer Filme ist man wirklich weit entfernt. Dies tut der Idee ausgesprochen gut, denn gerade die Albernheiten haben den Filmen immer so einen Trashcharme verpasst und der fehlt hier völlig. Überhaupt werden viele Traumata der Japaner in Shin Godzilla kritisch angesprochen. Die Nukleartechnik, Atombomben, die Tsunami-Katastrophe... Dabei spielen auch innenpolitische Probleme eine Rolle, der Einsatz des Militärs wird hinterfragt und vieles mehr. Dadurch wird versucht auch heute noch relevante Themen hier kritisch zu verpacken.
Doch dabei schießt man ein wenig über das Ziel hinaus. Denn der Film verkommt an vielen Stellen zu einem politischen Debatierclub. Es steht der Prozess zur Lösungsfindung, wie mit Godzilla umgegangen wird im Fokus. Dabei verliert man aber die Darsteller und Figuren aus den Augen. Die Darsteller spielen ordentlich für so einen Film, manche verfallen aber dem typisch asiatischen Overacting. Schlimm ist allerdings, dass die Charakterentwicklung völlig auf der Strecke bleibt. Eine Bindung der Protagonisten an den Zuschauer gelingt dem Film an keiner Stelle, woran einmal die viel zu vielen Figuren Schuld sind, die teilweise nur 1-2 Sequenzen im Film mitspielen, aber auch die desaströse Schnittabfolge. Der gesamte Film besteht aus absolut harten Schnitten, in der Szene an Szene aneinandergereiht wird. Ein fließender Übergang erfolgt nicht, stattdessen gibt es Sequenzen, in der in wenigen Sekunden 5-6 Schnitte erfolgen.
Da die Handlung aber nicht besonders komplex ist, abgesehen von Godzilla taucht auf und muss beseitigt werden, nimmt dies jegliche Dramaturgie heraus. Da der Zuschauer auch keine Bindung zu den Figuren hat, ist ihm das Schicksal reichlich egal. Schade, denn Godzilla wird hier wirklich als Urgewalt dargestellt. An sein neues Design musste ich mich zwar erst gewöhnen, aber es passt. Was weniger passt, ist das man zwar überall auf CGI setzt, aber bei ihm immer noch ein Mensch drinzustecken scheint. Entsprechend albern bewegt er sich oft, vor allem seine absolut steifen Arme gehen nun mal gar nicht. Das dies den Machern nicht auffällt oder egal ist, mir absolut unverständlich.
Shin Godzilla ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung, aber leidet unter einer zähen Handlung, einem wirklich miesen Schnitt und viel zu wenig Godzilla. Gerade Gareth Edwards Versuch einen neuen US-Godzilla 2014 zu schaffen, wurde wegen zu wenig Screentime der Echse kritisiert. Bei Shin Godzilla gibt es noch viel weniger von ihr zu sehen, dafür ganz viel politisches Gerede mit viel zu vielen Personen. Für Godzilla-Fans ein Muss, für den Rest der Welt aber dann doch eher nur ein netter Versuch der in einem mittelmäßigen Film mündet.
