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Paula

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Paula Kritik

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Paula Kritik
0 Kommentare - 22.02.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Paula" ist.

Bewertung: 3 / 5

Im Jahr 1900 träumt die junge Paula Becker (Carla Juri) davon, eines Tages eine große Malerin zu werden. Doch bedingt durch die Zeit, in der sie lebt, werden ihr dabei Steine in den Weg gelegt. Also macht sie sich eines Tages nach Worpswede auf, wo als Künstlerin reifen kann. Dort lernt sie auch einige neue Menschen kennen, wie die Bildhauerin Clara Westhoff (Roxane Duran), den Dichter Rainer Maria Rilke (Josel Basman) und Otto Modersohn (Albrecht Schuch), in den sie sich verliebt.

Für das privilegierte und unter ständiger Überwachung bleibende Auge eines weißen Mannes, ist es ironischerweise immer schwer, sich zu Themen wie dem Partriarchat zu äußern. Zum einen, weil man sich damit gerne unglaubwürdig macht und zum anderen, weil man dem Feindbild entspricht. Irgendwo kommt das jedenfalls her und die Geschichte zeigt, daß es schon immer so war. Wenngleich man sich das heute ein wenig zu einfach macht. Und dann gibt es Werke, die den Zustand der Welt und der Strukturen diverser Systeme ganz gut, wenn auch leicht flach, analysieren und darstellen können. In Paula geht es viel um Strukturen und den daraus entstandenen Zwängen. Doch so schön der angepeilte Kampf der Geschlechter auch sein mag, so wenig kann man ihn in seiner Gänze nachvollziehen. Wenngleich natürlich die Fronten und Bedürfnisse der einzelnen Figuren durchaus geklärt sind, so wirken doch die Konflikte eher ein wenig konstruiert, als tatsächlich glaubwürdig. Ein zentrales Thema in Paula ist dabei die Bindung zu ihrem Mann Otto Modersohn. Sie will ein Kind, er will keines. Der Film macht einen großen Konflikt aus der Kinderfrage, ist aber indessen nicht gerade gut darin, auch seinen Zuschauer darüber im Dunkeln zu lassen, wo genau das Problem liegt. Natürlich könnte man argumentieren, daß das bei einem Historienfilm auch ganz schön schwierig sein dürfte. Doch der Konflikt ist eben breit gefächert und es schon auffallend, daß man eigentlich mit einem Blick auf die Epoche und im Hinblick auf die Lebenserwartung der Menschen zu jener Zeit alle Fragen beantworten kann.

Trailer zu Paula

Was dieser Film damit aber auch zeigt, ist, daß Feminismus und Familie sich nicht ausschließen müssen. Es ist natürlich schwierig sich zu solch heiklen Themen zu äußern, weil eben gerade, wenn es um Geschlechter, Orientierung, aber auch die Hautfarbe geht, alles heute einen möglichen Zündstoff darstellt. Doch Paula bleibt da komplex, weil es nicht um die eine Sache geht und auch nicht um die eine Polemik. In der Hauptfigur stecken durchaus Träume, davon, eine große Künstlerin zu sein. Allerdings ist für sie ebenso wichtig, mit ihrem Mann ein Kind in die Welt zu setzen. Dieser Zustand mag im heutigen Kulturkampf so ein wenig verloren gegangen sein und deshalb ist dieser Film auch so wichtig. Gleichsam werden die üblichen Klischees über Frauen jener Zeit durchaus aufgegriffen. Frauen sein emotional, zum Denken nicht fähig und überhaupt könne eine Frau, einem Mann nie das Wasser reichen. Das ist durchaus ein Klischee, doch nicht immer ist das Einbringen solcher Stigmata auch gleichsam etwas Schlechtes, weil natürlich auch die Epoche und Denkweise ein ganz andere waren. Wenngleich man sich von solchen veralteten Bildern so ein wenig wegbewegt haben mag, so sind sie im Kern aber dennoch aktuell. Weil auch die Strukturen dahingehend kaum angegangen worden. Indes spielen Bilder in Paula ja eine nicht unwesentliche und große Rolle. Und es gelingt Regisseur Christian Schwochow hier genau, verständlich zu machen, wie Paula Becker denkt. Sie betrachtet etwas und kann daraus etwas schaffen. Während es in Werken wie Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit (2018) so wirkte, als sei der Künstler ein verkopftes Genie, daß undurchdringlich bleibt, lernt der Zuschauer hier die Bedürfnisse seiner Hauptfigur kennen und kann auch erkennen, warum sie in einem Moment an der Aufgabe wächst.

Diese Tatsache ist aber auch dem famosen Schauspiel von Carla Juri geschuldet, die als lebensfrohe und vielleicht relativ naive Frau beginnt in die Welt zu wandern. Dann wird sie vor erste Hürden gestellt und muss entdecken, daß nicht alle Dinge und Menschen sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Juri verkörpert ihre Figur mit einem unglaublichen Innenleben, daß die Figur dann doch mehr ist, als eine bloße Träumerin. Selbiges lässt sich auch über Albrecht Schuch sagen, dessen Schauspiel hier großartig ist. Seine Figur trägt einen starken Antagonismus in sich, weil sie davon träumt eine ganz gewöhnliche Frau zu haben. Doch die Figur lässt ihrer Frau auch viel Raum, weswegen es zu einem Wechselbad aus völliger Gleichgültigkeit und Verlangen kommt. Dabei bleiben beide Figuren relativ unklar und man weiß nicht genau, ob sie einander nur noch halten, um den Schein zu wahren, oder ob es da auch Gefühle gibt. Gerade dieser Zustand der Ehe, scheint einer modernen Ehe doch recht nahezukommen. Da muss zwar nicht unbedingt zu fliegenden Gegenständen kommen, aber der Blick auf die Ehe als zwängendes Konzept, ist treffend. Nun werden sich sicherlich auch einige Paare lieben und gut miteinander auskommen. Dennoch muss man sich nur mal vor Augen halten, daß etwa 40 Prozent aller Ehen im Jahr 2021 in Deutschland wieder geschieden wurden. Dabei scheint dieser Film auch sehr ehrlich, wenn es darum geht, daß sogenannte sinkende Schiff der Beziehung zu retten. Und so wird die Geburt hier nicht etwa als ein Segen begriffen, der noch mehr Glück verspricht, sondern als etwas anderes. Vielleicht als ein letzter, verzweifelter Versuch, oder gar als Druckmittel. Zu deuten gäbe es da einiges und darin ist Paula so ehrlich.

Dabei setzt Schwochow genau auf diesen paradoxen Effekt. Indem er die Geburt als die letzte Lösung betrachtet, zeigt sich, wie einengend und uninspirierend das kleinbürgerliche Familienleben für die Kunst sein kann. Ohnehin ist natürlich die Freiheit zentral für Paula Modersohn-Becker. Denn diese möchte nicht nur in ihrer Kunst nicht beschnitten werden, sondern auch im eigenen Leben nicht. Dabei trifft der Film natürlich auf einer Metaebene auch eine starke Aussage für die Kunst, weil der Mensch dieser immer untergeordnet ist und sich durch nichts einengen lassen darf. Weiterhin fängt der Film wunderbare, teils verträumte, teils verwaschene Bilder der Landschaft ein. Der Film trifft eine seltsame Mixtur aus rau und lebendig, die nochmal den Charakter einer Malerin unterstreichen. Gleichsam gelingt es dem Film in seiner eigenen Welt recht authentisch verwurzelt zu sein. Das hießt nicht, daß die gezeigten Anziehsachen oder Errungenschaften auch dem entsprechen müssen, wie diese Zeit nun mal war. Und dennoch ist diesem Film der große Anspruch des Kostümdramas gelungen und so sehen einzelne Städte, Dörfer und Kleidungen extrem gut aus und vermitteln ein Stück weit ein Gefühl von Authentizität.

Manchmal mag Paula vielleicht in seiner Welt so ein wenig zu simpel angehaucht sein und dennoch spricht das Porträt über eine junge Künstlerin nahezu in jedem Moment hochaktuelle Themen über Emanzipation, Selbstverwirklichung, strukturelle Unterdrückung oder Familienkonzepte an. Der Film blickt dabei äußert opulent in die Zeit und kann mit seinen beiden Hauptdarstellern hochkomplexe Wesen aufzeigen, deren Ausstrahlung alleine schon hochinteressant anmuten.

Paula Bewertung
Bewertung des Films
610

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