Bewertung: 2 / 5
Die Erwartungshaltung war nicht hoch, als ich heute Abend die Vorstellung von Pokémon - Meisterdetektiv Pikachu betrat. Die Trailer waren wenig vielversprechend, die Taschenmonster sahen als 3D Modelle irgendwie sonderbar aus und Alles in Allem wirkte nichts davon sonderlich beeindruckend. Aber manchmal wird man ja durchaus überrascht. (Spoiler: Heute nicht.)
Kritik:
Trailer zu Pokémon - Meisterdetektiv Pikachu
Der Film startet wie so viele Filme mit einer zunächst kontextlosen Eröffnungssequenz, auf die die Einführung unseres Protagonisten Tim folgt, der allerdings auch einfach "Vaterkomplex" hätte heißen können. Was? Die Figur hat aber doch einen Charakterbogen! Ja, wenn man einen so simpel wie möglich geschriebenen Weg von A nach B als Bogen beschreiben kann, dann sicherlich. Tim ist von seinem Vater entfremdet, als dieser - seines Zeichens Polizist in Poké-City (die Stadt hat einen Namen, aber wichtig ist nur, dass es eine Stadt ist, in der Pokémon und Menschen in Harmonie miteinander leben) - bei einem Einsatz stirbt. Dessen Pokémon Pikachu - auf anstrengende, irgendwie ungewollt Deadpoolige Weise gesprochen von Ryan Reynolds - hat noch einen Fall offen und glaubt nicht, dass Papa Komplex tot ist. Also machen sich beide auf die Suche nach dem verlorenen Vater und erleben dabei ein "großes Abenteuer".
Halten wir es fest, damit keiner meint ich wäre aus Stein: Ja, die Pokémon sind niedlich. Allesamt. Und als jemand der die Blaue und auch Goldene Edition sehr geliebt hat in jungen Jahren bin ich definitiv mit den Biestern aufgewachsen. Es ist schön sie alle zu sehen, es ist beileibe keines so mies animiert wie befürchtet und die sind alle total süß. Und das ist auf jeden Fall ein Plus für Fans der Knuffelwesen. Da hört es dann aber leider auch schon beinahe auf mit den positiven Aspekten des Films.
Bill Nighy als zwielichtiger (kann Nighy überhaupt NICHT zwielichtig sein?) Stadtvater und dessen fieser Sohn fallen früh ins Auge, Mewtu spielt irgendeine tragende Rolle und auch dieses blonde Reporter-Praktikantenmädchen mit dem Enton aus den Trailern (Google sagt, sie wird gespielt von Kathryn Newton und die Rolle heißt Lucy) ist irgendwie involviert. Der Plot funktioniert auch irgendwie. Er läuft in recht gerader Linie die wichtigen Elemente aus dem Einmaleins des Drehbuchschreibers ab und schämt sich nicht dafür das auch groß auf der Brust zu tragen. Durchschnittlichkeit wird hier wie ein Banner hochgehalten und durch den Film gezogen. Das misstrauische erste Zusammentreffen, die aufkeimende Freundschaft, das Love-Interest, alles aufgelockert durch Actionszenen bis das große Zerwürfnis kommt, welches im Finale dann natürlich aufgehoben wird, weil "Macht der Freundschaft" und so.
Uninspiriert wäre hier noch ein Kompliment, aber bleiben wir im Sinne der Sache mal bei "Nett". Denn Nett ist hier irgendwie alles. Das Design, die Musik, die Charaktere, der Plot, das Drehbuch - alles irgendwie Nett. Man nimmt beinahe Anstoß daran, wie Nett das alles ist. Nichts ist besonders, keine Sequenz herausragend oder besonders clever geschrieben. Überall funkt Plotvehikel Pikachu mit seiner nervigen Reynolds-Schnauze dazwischen und am Ende hatte das alles den faden Beigeschmack eines zu lange gekautem Kaugummi, der schon zu Anfang nur ein Hubba Bubba war - ein paar große Blasen und ein künstlich geschmacksverstärktes Erlebnis zu Beginn, aber je länger man ihn im Mund hat desto mehr löst er sich auf und schmeckt nach Plastik-Chemie.
Dabei war das Potenzial da: Die Designs der Monster sind gut übertragen und ziemlich originalgetreu, die Idee des Poké-Menschen-Utopia cool und hätte man sich für irgendwas im Film mehr Zeit genommen, oder die Charaktere ihre Gefühle weniger aufsagen und sie stattdessen mal zeigen lassen, wäre vielleicht wirklich was draus geworden. Aber das alles wird so dumm wie möglich verpackt, damit man auch mit drei Toilettengängen, nem Telefonat auf einem Ohr und während des gelangweilten Nasebohrens noch alles mitbekommt, was der Plot zu bieten hat. Und das nehme ich dem Film übel. Ein ADHS-Zwölfjähriger, der seine gesamte Freizeit mit Pokémon GO! verbringt, mag hier seine Freude haben und begeisternd selig grinsend das Kino verlassen. Ich als Erwachsener fühle mich, trotz meines anfänglichen nostalgischen Lächelns über die knuddeligen Taschenmonster, von der Faulheit des Skriptes richtiggehend beleidigt.
Fazit:
Pokémon - Ryan Fucking Pikachu Reynolds ist Nett. Sein Plot ist Nett, seine Figuren sind Nett, alles ist Nett. Die Pokémon selbst sind niedlich, aber das allein reicht neben verschenkten Talenten wie Nighy oder Watanabe mit ihren verlängerten Cameos und all der Belanglosigkeit einfach nicht aus, um aus diesem Film irgendwas zu machen, an das man sich in 3 Tagen noch erinnern kann. Wem es reicht 90 Minuten lang ein Showlaufen bekannter Pokémon aus 20 Jahren mit den Knuddelmonstern mitzumachen und dabei einem seicht dahinplätschernden Plot zu folgen, der möge als Fan bitte nicht auf meine Worte hören und sich im Kino die volle Dröhnung in Sachen 3D-Pokémon gönnen. Jeder andere sollte einen Bogen um den Film machen und ihn sich irgendwann mal auf dem VOD-Portal des Vertrauens anschauen. Das Geld fürs Ticket ist der Film jedenfalls definitiv nicht wert.
Von mir gibts für diese uninspirierte Videospielverfilmung
4/10 Punkte bzw. 2/5 Hüte
und auch das nur, weil die Biester halt doch bei aller Irrelevanz ziemlich knuddelig sind und Potenzial im funktionalen Plot erkennbar war.