Bewertung: 5 / 5
Der Begriff Space Opera wird ja üblicherweise eher negativ verwendet. Der Name klingt wie eine Variante von „Seifenoper“ und deutet auf überhitztes, plattes Melodrama hin, nur halt vor kosmischem Hintergrund. Doch manchmal schafft ein Medium es, den „Opera“-Aspekt zu treffen: große Gefühle, größeres Drama und die größtmögliche Kulisse - das Weltall.
Das Imperium schlägt zurück erreicht dieses Ziel zweifellos. Der erste Star Wars-Film war ein einfacher, aber perfekt ausgeführter Abenteuerfilm, doch das Sequel geht in jeder Hinsicht einen Schritt weiter. Die Welt fühlt sich diesmal tatsächlich wie eine Galaxie an, die Archetypen weichen vollwertigen Charakteren und die vormals so simple Gut/Böse-Klassifikation erweist sich als komplizierter als gedacht.
Trailer zu Star Wars: Episode V - Das Imperium schlägt zurück
Schon zu Beginn wird klar, dass hier ein anderer Wind weht: während der erste Teil im Triumph endete, startet dieser in einer Notlage für die Helden. Der Sieg der Rebellen war ein kurzer, das Imperium steht vor der Tür und will ihnen endgültig den gar aus machen. Während die Rebellion im letzten Film noch in der Offensive war, bleibt ihnen jetzt nur noch die Flucht. Luke begibt sich nach Dagobah, um vom letzten Jedi-Meister unterrichtet zu werden, währen Han versucht, mit Leia Hilfe von einem alten Freund/Rivalen zu bekommen. Die Geschichten kommen zusammen und enden überraschend nicht im Triumph, sondern mit einer Niederlage.
Lukes Entwicklung ist dabei der zentrale Punkt des Films: lange Strecken seines Plots kommen ohne Action aus, während er von Yoda lernt, was die Macht ist und wie man sie kontrollieren kann. In dieser Zeit reift er vom naiven Kämpfer zum Soldaten, nur um am Ende bei seiner letzten Prüfung zu versagen. Er zieht schlecht vorbereitet in die Schlacht, wird besiegt und muss zudem lernen, das Obi-Wan ihn belogen hat. Ein echtes Happy-End gibt es nicht, er muss erneut fliehen und kommt nur knapp mit seinem Leben davon. Was für ein Kontrast zu Teil eins, in dem alle Beteiligten am Ende grinsend Medaillen erhielten.
Der zweite Plot, in dem Han und Leia versuchen den zwielichtigen Lando Calrissan zu umgarnen, ist ebenfalls finster: Han wird verraten, gefoltert und als Geschenk für einen Unterweltboss eingefroren. Leia wird gefangen genommen und kann nur dank eines Sinneswandel Landos mit Luke entkommen. Diese Geschichte mag ein Subplot sein, aber die Charakterentwicklung ist so gut wie im Hauptplot. Han, der einst skrupellose Draufgänger, ist nun willens Kopf und Kragen für die Rebellion und für Leia zu riskieren. Die wiederum realisiert langsam aber sicher ihre Gefühle für Han. Auch für das Worldbuilding ist dieser Teil des Films essenziell: er öffnet die Welt von Star Wars weit auf, plötzlich gibt es nicht nur Imperium und Rebellen, sondern auch neutrale Faktionen, die kein Problem haben wenn nötig mit beiden Seiten zu kooperieren.
All das führt zu einem Blockbuster, der erstaunlich weit von allen Standards entfernt ist. Die Helden fliehen und verlieren. Der Hauptcharakter verbringt einen Großteil seiner Zeit in einem Sumpf mit einem grünen Winzling, der zwar ein großer Krieger ist, aber lieber Worte als ein Schwert schwingt. Das Ende ist eher nachdenklich als glücklich. Doch gerade deshalb hinterlässt der Film so einen bleibenden Eindruck: Wenn Leia endlich gesteht, dass sie Han liebt und der nur lakonisch „Ich weiß“ antwortet, bleibt das besser im Gedächtnis hängen als jedes noch so dramatische „Ich dich auch“. Wenn Luke lernt, dass Darth Vader sein Vater ist, brechen für ihn und das Publikum die Welt zusammen. Was vormals ein so simpler Konflikt zwischen Gut und Böse war, wird mit einem Schlag deutlich komplizierter. Die einst so noblen Jedi wirken plötzlich wie Manipulatoren, die den naiven Luke für ihre Zwecke eingespannt haben und der vorher so eindimensionale Vader entpuppt sich als Character mit Motivationen abseits von „dem Imperium dienen“. Wenn Luke sich fallen lässt, statt weiter zu kämpfen, ist es ein physischer und metaphorischer Sturz ins Ungewisse.
An der Technik gibt es ebenfalls nichts zu beklagen. Regisseur Irvin Kershner präsentiert diverse stimmungsvolle Aufnahmen, vom Aufmarsch der riesigen AT-AT Roboter in einer Eiswüste über eine schwebende Wolkenstadt bis hin zum Kampf zwischen Luke und Vader, in dem Anfangs nur Silhouetten mit glühenden Lichtschwertern sichtbar sind. Die Darsteller sind zudem deutlich souveräner als im ersten Film, wozu die deutlich weniger hölzernen Dialoge ihren Teil beitragen.
Das alles resultiert in einem Meilenstein des effektgeladenen Hollywoodkinos.Dies ist ein Film der Spektakel und Tiefgang erfolgreich kombiniert,statt zum hohlen Bildfeuerwerk zu verkommen, Was als eine moderne Fassung von Flash Gordon-Kurzfilmen begonnen hatte wird hier zum einer echten (weit entfernten) Galaxie, auf der alle weiteren Star Wars-Abkömmlinge aufbauen, mit mehr oder weniger Erfolg. Er ist Space Opera in Perfektion.