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The Garden of Words

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The Garden of Words Kritik

The Garden of Words Kritik

The Garden of Words Kritik
0 Kommentare - 30.05.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "The Garden of Words" ist.

Bewertung: 4 / 5

In der japanischen Regenzeit versinkt Tokio unter Wolken. Der Oberschüler Takao (Miyu Irino) schwänzt die Schule und begibt sich in einen Pavillon im Stadtpark. Dort trifft er auf die ältere Yukino (Kana Hanazawa), die ebenfalls nicht zur Arbeit geht. Takao möchte Schuhmacher werden und zeichnet daher viel, während seine Sitznachbarin ihren Tag mit Alkohol und Schokolade verbringt. Langsam freunden sich die beiden an und begegnen sich immer wieder.

Die pure Faszination schreibt man dem Anime-Genre, sofern man dies als Gerne begreift, zu. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Es sind diese Bilder. Bilder, die voller Opulenz und Schönheit stecken. Bilder, die am ehesten noch den Status eines Märchens erreichen und durch Konventionen des „Genres“ ebenso auch durch eine Expression von Gefühlen in Form einer gewissen Melodramatik serviert werden. Anime sind immer manipulativ, wie könnten sie auch nicht. Wie könnte auch ein Film nicht generell in einer gewissen Weise manipulativ sein. Es geht ja schließlich auch darum, Gefühle zu zeigen und dem Zuschauer zu verkaufen. So funktioniert das eben. Und in The Garden of Words sind es aber vor allem die Bilder, die weniger beeindrucken, als man es vielleicht gewohnt ist. Man ist klar subjektiv, wenn es um die Wertung dieser Sachen geht. Doch der Film von Regisseur Makato Shinkai zeichnet sich durch Bilder im Kontrast aus. Die Großstadt, gegenüber der Natur. Der Regen, gegenüber der Natur. Das Alter, gegenüber der Jugend. Nun sind aber nicht zwingend alle dieser Bilder von Bedeutung, beziehungsweise durch eine Komplexität versehen, die die Bilder eben zu mehr machen, als nur zu Farben. Dieser Film will in vielen Momenten sehr schön sein. Nicht dadurch, daß er besonders munter ist, sondern viel mehr dadurch, daß die Bilder schön sein wollen. Doch gerade, wenn der Film in die Stadt schwenkt, oder auch fotorealistische Pflanzen zeigt, dann ist es eben mehr der Versuch real zu sein, als wirklich ein Gemälde.

Indes lebt The Garden of Words von einer seltsam anmutenden Interaktion. Der junge Takao Akizuki schwänzt regelmäßig die Schule, um während der Regenzeit in Tokio in einem Park die Ruhe zu genießen und Schuhe zu zeichnen. Sein großer Traum ist es, Schuhmacher zu werden. Unterdessen verbringt auch eine seltsame Unbekannte die regnerischen Tage dort und hat immer etwas Alkohol und Schokolade bei sich. Diese ungewöhnliche Kombination, zweier Menschen, die Alters technisch so weit auseinander liegen, sorgt zu Beginn gleich für Spannung. Wer ist diese Frau, was sucht sie dort und warum trinkt sie am helllichten Tage Alkohol? Natürlich ist das gesellschaftlich verpönt, in einem stockkonservativen Land, wie es Japan nun mal ist, vielleicht sogar noch mehr, als man es in Deutschland erwarten würde. Und irgendwie müssen sie einander näherkommen. Das ist natürlich klar. So ein wenig ist The Garden of Words also der Vorreiter von Licorice Pizza (2021). Wobei der Vergleich hinkt, ist für beide Geschichten dennoch zentral, daß es sich um eine eher untypische Liebesgeschichte in Sachen Altersunterschied handelt. Gleichsam gibt es da noch eine Parallele, weil Shinkai durchaus infrage stellt, inwiefern denn jetzt Menschen in der Adoleszenz, weniger reif sind, als es vermeintlich Erwachsene sind. Denn immer, wenn man Takao und Yukino reden hört, hat ersterer irgendwie mehr Ziele, mehr Träume und Pläne und ist durchsetzungsfähig genug, diese scheinbar auch zu ergreifen und zu erreichen. Er ist sicher, in dem, was er tut, wie er auf Menschen zugeht. Und sie wiederum zweifelt sogar an ihren eigenen Kochkünsten und warnt ihn davor, sich etwas von ihr zu essen zu nehmen.

Natürlich steckt da ein wenig Psychoanalyse nach Freud drin. Das gesamte Spiel der beiden Figuren erinnert so ein wenig an Ödipus und irgendwie sucht Takao auch den Mutterersatz. Denn die eigene Mutter ist fort, also warum dann nicht bei einer Lehrerin suchen? Naheliegend ist das auf jeden Fall. Doch während etwa Werke wie Der Vorleser oder Harold und Maude so ein wenig eigen mit der Thematik umgehen, hat man hier den Eindruck, daß das gesamte Treiben in eine rein philosophische Ebene gelagert wird. Und das ist besonders spannend, weil man sich dabei erwischt, diesen Figuren viel Glück zu wünschen, obwohl es falsch und verwerflich ist, daß eine siebenundzwanzigjährige Frau mit einem fünfzehnjährigen anbandelt. Natürlich wird das aber vom Film nie so direkt in Szene gesetzt, wodurch man vielleicht sogar nicht komplett in Scham versinken muss. Frei von Sünde sind die Figuren sowieso nicht und so erwischt der Zuschauer besonders Lehrerin Yukari Yukino dabei, wie lügt, wenn sie erzählt, daß sie regelmäßig eine ältere Frau träfe. Und erstaunlich an der Figur ist zudem, daß gerade eine solche Thematik, also etwa ein Schüler, der sich in eine Lehrerin verliebte, dafür sorgte, daß Yukino gekündigt wurde. Setzt man das alles als Maßstab voraus, dann wird das Werk nur noch tiefgründiger, weil es erklärt, wie den Charakteren das passieren konnte, was ihnen eben passierte. Und es zeigt das ewige Problem aller Pädagoginnen und Pädagogen auf, die bedingt durch etwaige Gerüchte und Vorurteile innerhalb einer Gesellschaft immer mit einem Bein im Knast stehen.

Und immerhin, während also die reinen Bilder im Film nicht so überzeugen können, ist es dennoch eindrucksvoll, wie kontrastreich und entgegen aller Klischees Shinkai die Farben und vor allem den Regen versteht. Immer wenn Licht und das Leben in den Straßen von Tokio pulsiert, dann ist klar, daß sich Takao und Yukari nicht treffen können. Ähnlich also einem Verstecken vor der Gesellschaft und einem agieren im Schatten, versteht es der Film der Dunkelheit mehr Schönheit zuzuschreiben, als dem Licht. Das hat ja durchaus etwas spätromantisches, ohne eben die Psychologisierung dessen in den Vordergrund zu rücken. Der Film ist vielleicht a-moralisch und irgendwie faszinierend, weil er den Zuschauer an Dingen teilnehmen lässt, die die Grenzen sprengen. Und genau dafür sollte Kunst stehen. Die Bilder der Dunkelheit sind indes schön, zeigen aber unglaublich hässliche Dinge, wie Wolkenkratzer und Stadttreiben. Wieder der Kontrast.

Mit minimalen Mitteln schafft Makoto Shinkai in The Garden of Words eine philosophische Studie, eine ethische Debatte und eine kontrastreiche Untermalung voller Fragen, die man sich selten traut, so in den Mittelpunkt zu rücken. Ob man es liebt, muss man selbst entscheiden, gewagt ist es alle Male und scheint doch irgendwie ganz eigen, wenn auch etwas melodramatisch, dafür aber wunderschön zu sein.

The Garden of Words Bewertung
Bewertung des Films
810

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