Bewertung: 2.5 / 5
Bei den Film Festspielen in Cannes wurde Titane gefeiert. Grund genug, uns den Body-Horrorstreifen von Raw-Regisseurin Julia Ducournau mit Agathe Rousselle in der Titelrolle, der mörderischen Lady mit einer Titanplatte im Kopf, im Kino anzuschauen. Kann die Serienkillerin und Inszenierung ihres Psycho- und Horrortrips tatsächlich überzeugen?
Titane Kritik
Die Story ist eigentlich zwei in einer: Zum einen über eine junge Frau mit äußerst niedriger Frustrationsgrenze, die nach (oder auch schon vor) einem Autounfall einen Fetisch für heiße Schlitten entwickelt(e), zum anderen über einen Vater, der seinen Sohn verloren hat - beider Wege kreuzen sich im Verlauf, denn erstere gibt aus der Not geboren vor, eben jener nun wiedergekehrte Sohn zu sein...
Trailer zu Titane
Titane beginnt noch relativ solide als Psychothriller über den Werdegang einer Serienkillerin mit schrägem Fetisch, bei dem man sich fragen muss, inwiefern der Autounfall in ihrer Kindheit, der für die Titanplatte im Kopf sorgte, überhaupt als Auslöser von allem betrachtet werden kann. Das finster dreinblickende sich nervig verhaltende Kind im Auto suggeriert dem Horrorfan Böses, und doch dürften ähnliche Situationen schon viele reale Eltern erlebt haben. Der durchaus auch fragwürdig sich verhaltende Vater, sowohl in dieser Situation wie auch später, wird dagegen eher nebensächlich in Szene gesetzt:
Die Regisseurin spielt in Titane tatsächlich geschickt mit Erwartungshaltungen von Horror- und Thrillerfans, gerade die Schuldfrage, das Suchen nach einer sinnvollen nachvollziehbaren Chronologie der Verhaltensentwicklung der Figuren insgesamt zieht sich dann auch durch den kompletten Film. Lässt sich das oftmals horribel Symbolhafte, übernatürlich Anmutende verbunden mit expliziter Gewaltdarstellung sinnvoll metaphorisch auf etwas Reales, psychologisch Erklärbares beziehen?
Als Erwachsene räkelt sich Alexia im sexy Outfit auf heißen Schlitten, kein Wunder, dass ihre Fans für Autogramme Schlange stehen. Jedoch sollte man ihr dabei nicht zu nah kommen, lautet die Regel, und sie weiß sich im Falle eines Falles mit ihrer spitzen Haarnadel auch zu wehren! Ab genau dieser Situation beginnt der Film, noch verstärkter mit übernatürlichen Horror-Elementen zu spielen, denn aus dieser bedrohlichen Szenerie erwächst weitaus mehr als der Zuschauer erwartet.
So brutal, skurril und überzogen alles in Titane in Szene gesetzt wird, schlittert die Protagonistin aber doch eher ungewollt, wenn auch überreagierend immer tiefer in den Abgrund hinein, zum Teil so absurd, dass es eine gewisse Komik entwickelt. Überwiegend sind es jedoch verstörend schmerzhafte, brutale Bilder, die einem Titane on screen zumutet, die sicher nicht jeder ohne Augen zukneifen erträgt.
Fast verstörender als so manche allzu arg brutale Szene ist in Titane aber die Psychologie des Films an sich, die Story- und Charakterentwicklung inklusive Mut zur Hässlichkeit der Darstellerin, als sie beginnt, sich als Sohn eines selbst mental zerrütteten Vaters auszugeben. Die darstellerischen Leistungen sind dabei fraglos top, doch man muss sich am Ende allzu sehr fragen, was einem das Ganze sagen soll - gibt es einen sich selbst zu erschließenden Sinn, oder sind es doch nur allzu gewollt verstörende Bilder und Spielereien mit Genre-Elementen als Selbstzweck?
Wer nicht gerade Spaß daran hat, kompliziert nach einem psychologischem Sinn in der Brutalität, der verstörenden Handlung und Inszenierung von Titane zu suchen, kommt eher mit zig Fragezeichen aus dem Film und bereut eventuell, sich das auf den oberflächlichen Blick ziemlich abstruse Horrorszenario angetan zu haben. Wir gingen zwiespältig aus dem Kino, mit einerseits dem Bedürfnis, das Gesehene einfach nur schnell wieder abschütteln zu wollen, andererseits aber doch dem Versuch, einen Sinn in allem erknobeln zu wollen - wir sind gespannt, wie es euch damit geht, falls ihr euch den Streifen zumutet, oder ob ihr das lieber den Psychologen überlasst... ;-)
Wiederschauwert: 20%