Bewertung: 4.5 / 5
Es gibt diese Filme, die man (teilweise) gesehen und als sehr gut in Erinnerung hat und zu denen man zugleich kein klares Bild mehr im Kopf zusammen bekommt. Entweder weil die Erstsichtung so lange her ist, weil man ihn nur teilweise sah.
So erging es mir mit Troja, dem Sandalenepos von Wolfgang Petersen welcher im Zuge von Gladiator seinen Weg auf die Leinwand fand. Hinzu kommt bei Troja, dass der Film 2004 auf eine bekömmlichere Laufzeit und eine geringere Freigabe geschnitten wurde. Regisseur Wolfgang Petersen hatte jedoch anschließend die Möglichkeit, seine ursprüngliche Version des Films als sogenannten Directors Cut herzustellen. Für diese zusätzliche Schnittfassung investiere Petersen mehrere Monate. Aus den ursprünglich 163, wurden 205 Minuten Laufzeit bei 24 Bildern pro Sekunde auf Blu-ray.
Hier soll es aber nicht um einen Vergleich zwischen Kinofassung und Directors Cut gehen. Dazu kann nur gesagt werden: Die längere Schnittfassung ist sehr authentisch, ziemlich brutal und hat kein Problem mit Freizügigkeit.
Trailer zu Troja
Was aber viel mehr interessiert sind die vielen gesellschaftlichen Themen, welche Troja anspricht. Heutzutage kennt jeder die Bedeutung eines Trojaners: Ein scheinbares Geschenk womit sich der Feind Zugang verschafft und die Kontrolle übernimmt. Um das trojanische Pferd geht es in diesem Film aber tatsächlich nur ca. 30 Minuten.
Im Vordergrund stehen Motive, die heute vermutlich noch präsenter sind als noch vor 18 Jahren, als Troja erschien. Was bringt es ein friedliches, sicheres Leben zu haben, wenn nach dem Ableben keiner mehr weiß, wer man war und sich niemand an einem erinnert? Warum wollen Leute über Instagram oder YouTube berühmt werden? Warum bauen Milliarde Raumschiffe? Warum möchten Politiker Ländergrenzen verschieben? Oft liegt es daran, dass sie ihren Platz in der Geschichte haben wollen, weil ihnen das einfache, sichere Leben nicht genug ist.
Ähnlich geht es Achilles, dargestellt von Brad Pitt. Mit dem Wissen was wir heute über diese Figur haben scheint Achilles ein Vorreiter der Übermensch-Theorie von Nietzsche gewesen zu sein. Ein übermächtiger Krieger der aus jeder Schlacht siegreich hervor ging. Er verachtet plumpe Bedürfnisse seiner ehrenlosen Herrscher, kann seine Kameraden mitreißen und sehnt sich selbst nach neuen Herausforderungen. Er wirkt gerade zu unverwundbar und furchtlos.
Das Furchtlose ist eine interessante Tatsache, denn ursprünglich war Christopher Nolan als Regisseur von Troja vorgesehen. Dieser lehnte jedoch ab, weil er an einer Batman-Adaption arbeiten wollte. In Batman Begins befindet sich Bruce Wayne ebenfalls in einer Situation furchtlos zu sein. Hier muss er seine Furcht erkennen und zu dieser werden um scheinbar unbesiegbar zu werden.
Achilles selbst ist furchtlos, er sagt dass er keine Angst vor dem Tod hat. Anders als Bruce Wayne macht es ihn jedoch nicht leichtsinnig (vgl. The Dark Knight Rises) sondern trotz seiner Tapferkeit hat er das Ziel vor Augen, es jedem zu beweisen. Zu beweisen, dass er der Übermensch ist, der die Zeit überdauert.
Vielleicht ist es ein bisschen kitschig aber wie kann man einen übermächtigen besiegen? Natürlich durch die Macht der Liebe. Letztendlich macht die Liebe auch Achilles sterblich.
Jedoch ist Brad Pitt (Achilles), trotz vermutlich der größten Rolle im Film nicht die einzige bedeutende Person und These in Troja. So wird ein Krieg mit über 50.000 Menschen ausgelöst durch Eifersucht. Orlando Bloom als Paris versucht sich erst erfolglos als Krieger an der Front, bis er später seine Bestimmung am Bogen (vgl. Der Herr der Ringe) und Final den Platz an seiner Liebe findet.
Begleitet und vor allem befeuert werden die Konflikte in Troja immer wieder von der Religion. Priester meinen den Willen der Götter erkennen zu können. Weil ihre Aussagen einige Male zutrafen, werden spätere Ratschläge befolgt, welche ganze Städte auslöschen.
Anschließend wird gesagt werden, dass es der Wille der Götter war?
Man kann Troja als drei stündigen Sandalenepos sehen, der technisch für die Zeit beeindruckend aussieht. Zudem hat Petersen mit seiner Regieerfahrung das Drehbuch von David Benioff (Game of Thrones) wunderbar inszeniert. Aber in diesen drei Stunden Laufzeit stecken sehr viele Themen, die man gesellschaftpolitisch in der Gegenwart allesamt wiederfindet und das macht diesen Streifen so interessant.