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Trüben Spoiler unsere Film- & Serienerfahrung?

Der Feind in meiner Bubble: Die Angst vor Spoilern

Der Feind in meiner Bubble: Die Angst vor Spoilern
6 Kommentare - Fr, 31.03.2023 von A. Seifferth
Für viele Film- und Serienfans sind Spoiler eine unerfreuliche Sache. Wie aber sieht die Angelegenheit in einer Redaktion aus, die über alte und neue Werke zu berichten versucht?
Achtung, diese Meldung enthält Spoiler!
Der Feind in meiner Bubble: Die Angst vor Spoilern

Die geradezu virulente Angst vor Spoilern scheint mir überzogen, denn in meinen Augen hindert das Phänomen Menschen am Diskurs über die Macht der Bilder und an ihrer ästhetischen Einflussnahme. Durch Spoiler werden Hemmnisse aufgebaut, die das Sprechen über Plots unheimlich verkopft gestaltet. Das wiederum spielt durchaus auch den großen Studios in die Karten:

Das Marketing zum übermächtigen Phänomen Game of Thrones kokettierte etwa mit genau dieser Angst, die aktuellen Begebenheiten nicht zu verpassen. Es ging dabei nicht nur darum, mit anderen Menschen Schritt zu halten, denn die Fans verspürten die ständige Angst, dass sie von irgendeiner Stelle darüber gespoilert werden, ob Jon Snow (Kit Harington) das Zeitliche segnet oder welchen intriganten Plan Cersei Lannister (Lena Headey) diesmal ausgetüftelt hat.

Mein Uni-Alltag war zuweilen von dieser HBO-Serie dominiert und obwohl ich sie erst Jahre nach ihrer Erstausstrahlung in einem Rutsch sichtete, ist mir eine Dozentin noch bestens in Erinnerung geblieben, die in mahnendem Tonfall anmerkte, dass sie die damals aktuelle Folge der dritten oder vierten Staffel noch nicht gesehen habe, weshalb sie darüber kein Wort aus den Reihen des Seminarraums hören wolle. Mir selbst waren etwaige Spoiler dazu einigermaßen gleichgültig, denn im Endeffekt wollte ich meinen Alltag nicht danach ausrichten.

Ich möchte anderen Menschen keinesfalls die individuelle Sicht auf dieses Minenfeld absprechen, doch für meinen Geschmack stünde uns etwas weniger gesellschaftlich tradierte Paranoia im Umgang mit den hiesigen Medienerzeugnissen ganz gut zu Gesicht. Es ist dementsprechend kein Wunder, dass ich für den Beitrag auf ein Bild aus der unbeschreiblich guten Serie The Handmaid’s Tale zurückgegriffen habe, denn wenngleich der Kontext dort ein viel ernsterer und verstörenderer ist, gilt auch dort das Credo, dass man nur in brav erlernten Floskeln miteinander sprechen darf.

Natürlich braucht es ein gesundes Mittelmaß, damit man anderen nicht auf unbedachte Weise die Ersterfahrung raubt, schließlich kann man ein Werk nur einmal zum ersten Mal erleben. Und trotzdem beschleicht mich das Gefühl, dass es manchmal zu viel des Guten ist, wenn man über Filme und Serien ins Gespräch kommt. Dabei sei auch angemerkt, dass Spoiler-Empfindungen höchst individuell ausfallen und es dabei eine ungeheuer große Bandbreite gibt, die man schlecht vereinheitlichen kann. Das macht es ungeheuer schwierig, über Filme und Serien ins Gespräch zu kommen. Selbstredend bedeutet das aber nicht, dass man mit Fingerspitzengefühl auf die Bedürfnisse anderer Menschen reagiert.

Bei alledem kommt mir aber eine Situation in den Sinn, wo ich in meinem Freundeskreis gescholten wurde, weil ich aussprach, dass Dune einen zweiten Teil erhalten soll. Anscheinend hatte ich damit schon ein Sakrileg begangen, da ich vermeintlich etwas über die Handlungsstruktur verraten hätte. Der Witz an der Sache war dabei, dass die betreffende Person noch nicht einmal Frank Herberts wegweisenden Roman gelesen hatte und sie somit unmöglich wusste, was genau das bedeuten könnte.

Für diesen Menschen mag das natürlich ein wenig der Faszination an Denis Villeneuves neuestem Science-Fiction-Kracher eingebüßt haben, doch diese Nachricht waberte seit Monaten in den Sphären des Internets und war für mich derart geflügelt, dass ich die Reaktion darauf unmöglich vorhersehen konnte. Ich fühlte mich ein wenig schlecht, doch im Kern konnte ich wenig für diese Situation, da ich mir über die engen Grenzen meines Gegenübers gar nicht bewusst war.

Ich bin mir natürlich im Klaren darüber, dass das ein extremes Beispiel misslungener Kommunikation ist, doch auch diese Ebene gibt es, wenn man über filmische Erzeugnisse ins Gespräch kommt. Damit möchte ich also nicht sagen, dass dieses Erlebnis repräsentativ für den Diskurs ist. Fakt ist allerdings auch, dass es kein einheitliches Regelwerk für Spoiler gibt und man in gewissen Kreisen schon die Information kritisch beäugt, dass ein Film "ganz brauchbar" oder "unterirdisch" sei.

Für unsere Berichterstattung ist das ebenfalls schwierig, da man nicht genau weiß, ab wann Spoiler-Tags ein Verfallsdatum haben - schließlich werden wir von der Popkultur mit allerlei Referenzen geflutet und die allgemeine Aufmerksamkeitsspanne der Medienindustrie gleicht einem eifrig umherflatternden Kolibri.

Auf Seite 4 komme ich auf meine persönliche Nemesis der aktuellen Film- und Serienlandschaft zu sprechen und ziehe ein Fazit zu meiner Haltung gegenüber Spoilern.

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6 Kommentare
MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
01.04.2023 23:41 Uhr | Editiert am 01.04.2023 - 23:47 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Guter Text mal wieder, André.

Möchte man ein Werk vollumfänglich besprechen und analysieren, kommt man um Spoiler nicht herum. Deswegen ist mir die Spoiler-Manie der letzten zehn Jahre suspekt, ich würde einem Review nie seine Spoiler ankreiden und bei Beschwerden wegen Spoilern muss ich immer etwas mit den Augen rollen. Um Menschen mit anderer Herangehensweise an Filme und Serien entgegenzukommen, kann man Spoiler natürlich ankündigen oder markieren, aber zur Pflicht erheben möchte ich es nicht.

Zum Punkt des audiovisuellen Mediums: Ja, würde ich auch sagen, eine textuelle Inhaltsbeschrebung sagt noch nichts über die letztendliche Umsetzung aus. Und man kann das Thema auch noch weiterspinnen: Wenn man weiß, für welche Art von Filmen/Serien oder Haltungen bestimmte Regisseure, Autoren oder Schauspieler stehen, kann allein die Info der beteiligten Kunstschaffenden auch schon ein Spoiler sein.

Ich halte es individuell und entscheide bei jedem Film und jeder Serie einzeln, wie wichtig Spoiler mir dort sind oder nicht, manchmal mache ich um Spoiler einen großen Bogen, manchmal nicht. Auch weil Spoiler nunmal ein ambivalentes Thema sind, sie können eine Ersterfahrung schon maßgeblich (negativ) beeinflussen, andererseits kommt es auch immer mal wieder vor, dass ich mir bestimmte Filme oder Serien nur vorgemerkt (und angesehen) habe, weil sie mir durch Spoilerinhalte schmackhaft gemacht wurden.

P.S.: Spoiler kann man übrigens auch auf den Sport übertragen. Wenn ich mir beispielsweise vornehme, am Samstag Abend die Sportschau anzusehen, dann vermeide ich es, mich im Vorfeld über die Ergebnisse des Bundesliga-Nachmittags zu informieren. Oder wenn man ein Spiel live im TV sieht, dann durch ein paar Sekunden früher geschaltete Apps oder Liveticker jedoch bereits über Tore informiert wird, empfinde ich das oft als ärgerlich.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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TiiN : : Goldkerlchen 2019
31.03.2023 22:49 Uhr
0
Dabei seit: 01.12.13 | Posts: 9.066 | Reviews: 173 | Hüte: 609

@Cineast

Ich habe die Passage zunächst mehrfach gelesen und hatte wegen dem Blick überlegt, fands aber schwer zu deuten, insbesondere beim Rest des sehr langen Meinungsauszugs. Kann deine Perspektive aber nachvollziehen.
Ich mag diesen Beitrag auch nicht verurteilen. Hat mir nur wenig Mehrwert gebracht.


MJ-Pat
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CINEAST : : ReReleaser
31.03.2023 20:54 Uhr | Editiert am 31.03.2023 - 20:56 Uhr
0
Dabei seit: 17.11.09 | Posts: 2.100 | Reviews: 7 | Hüte: 121

@TiiN

denn mein Blick unterscheidet sich zuweilen sehr wohl von denen anderer Menschen.

"Ich würde behaupten, dass das fast jeder von sich behauptet.
Greifst du auf Seite 3 selbst auf, trotzdem hat der (mMn für den Inhalt viel zu lang geratene) Text für meinen Geschmack teils egozentrische Züge, auch wenn ich dir das persönlich nicht unterstellen mag."

Ich glaube, du missverstehst ihn hier... Er meint mit - MEIN Blick - exemplarisch eher so viel wie...JEDE*R EINZELNE hat seinen eigenen Blick auf die Dinge...und bezieht sich nicht nur auf sich. Es ist nur etwas unglücklich formuliert, sodass man es in beide Richtungen lesen kann.

Außerdem denke ich auch nicht das er sonderlich egozentrisch erscheint, eher als wenn das ein Thema ist, dass ihm schon länger unter den Nägeln brennt und das er möglichst vielseitig - zuzüglich eigener Note/Meinung - beleuchten wollte, was ihm auch ganz gut gelungen ist, wie ich finde, auch wenn ich in manchen Dingen anderer Meinung bin.

- CINEAST -

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TiiN : : Goldkerlchen 2019
31.03.2023 17:05 Uhr
0
Dabei seit: 01.12.13 | Posts: 9.066 | Reviews: 173 | Hüte: 609

Spoiler sind doch in den letzten Jahren vor allem zu einem großen Marketingding geworden. Die schlimme Geheimhaltung damals bei Star Wars Episode 7. Wenn man diese geniale Handlung vorher schon gekannt hätte - kaum auszumalen! Mit der Geheimniskrämerei schürt man nur mehr das Interesse der Leute, auch wenn relativ oft nur heiße Luft dahinter steckt.

Wenn es dann doch Überraschungsmomente im Film gibt: Natürlich haben diese auch einen Effekt, wenn man es schon weiß. Aber es ist mit Teil des gemeinsamen Kinoerlebnisses, wenn ein ganzer Saal gespannt auf die Leinwand schaut und plötzlich etwas passiert, was niemand geahnt hat. In so einem Kinorahmen wird die Überraschung oft sogar potenziert und das ist doch das wirklich schöne Erlebnis.

Aber solche Szenen sind meiner Meinung nach relativ selten und oft steckt hinter Spoilerwarnungen oder Geheimmaßnahmen lediglich ein PR Gedanke.

denn mein Blick unterscheidet sich zuweilen sehr wohl von denen anderer Menschen.

Ich würde behaupten, dass das fast jeder von sich behauptet.
Greifst du auf Seite 3 selbst auf, trotzdem hat der (mMn für den Inhalt viel zu lang geratene) Text für meinen Geschmack teils egozentrische Züge, auch wenn ich dir das persönlich nicht unterstellen mag.


MJ-Pat
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Raven13 : : Desert Ranger
31.03.2023 15:50 Uhr
0
Dabei seit: 13.02.16 | Posts: 7.254 | Reviews: 108 | Hüte: 653

Bei mir hängt es stark davon ab, um was für eine Art Film, Spiel oder Buch es sich handelt und was der Inhalt des Spoilers ist.

Inhaltliche Story-Spoiler zu Marvel-Filmen sind mir mittlerweile fast egal, weil die Filme recht substanzlos sind. Inhaltliche Spoiler zu einem Film wie "Dune - Teil 2" würden mich da schon sehr viel mehr stören, weil die Story da einfach wertiger und tiefsinniger ist. Da mag ich es dann schon, absolut unwissend herangehen zu können.

Die schlimmste Art Spoiler sind für mich aber Spoiler zum Ende eines Films (jemand überlebt oder stirbt) oder zu wichtigen und unerwarteten Twists (Luke, ich bin dein Vater). Solche Spoiler würden mich massiv ärgern, aber nicht erst heutzutage, sondern auch schon Ende der 90er haben mich solche Spoiler gestört.

Ansonsten habt ihr aber natürlich auch recht, dass der Inhalt manchmal weniger wichtig ist als die Darstellung mit all seinen Formen (Schauspiel, Musik, Audiovisuelle Darstellung, Szenenbilder, Kamera, Beleuchtung, etc.), und diese Dinge kann mir als Zuschauer zum Glück niemand spoilern.

Bei Videospielen verhält es sich aber oft nochmal anders. Da steht für mich die Story oftmals noch mehr im Vordergrund und Charaktere, die man lieben lernt, sterben auch hier und da mal. Spoiler zum Verlauf der Story oder zu bestimmten Charakterschicksalen würden mir das erste Spielerlebnis ruinieren. Da bin ich dann wirklich stinksauer, wenn mich da jemand spoilern würde.

Zum Glück ist es bisher nur sehr selten mal vorgekommen, dass ich stark gespoilert wurde, weil ich selbst sehr vorsichtig im Internet unterwegs bin.

Ein Zauberer kommt nie zu spät. Ebenso wenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt.

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Entenverlag : : Moviejones-Fan
31.03.2023 15:27 Uhr
0
Dabei seit: 20.02.23 | Posts: 103 | Reviews: 21 | Hüte: 17

"Wir befinden uns schließlich in einem audiovisuellen Medium, weshalb ich die Mittel zur Darstellung für deutlich wichtiger befinde."

Und damit ist alles gesagt. Schönes Statement. ^^

"Je poetischer, je wahrer."
~Novalis

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