Die Lücke, die ein philosophisches Schwergewicht wie Jean-Luc Godard hinterlässt, kann gar nicht genug betont werden. Selbstredend gibt es zahlreiche Menschen, die vom Tod des Franzosen berührt sind und deren Biografie womöglich einen anderen Weg genommen hätte, wenn sie nicht mit seinen Filmen in Berührung gekommen wären: Darunter befinden sich hochkarätige Namen wie Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Brian De Palma, David Lynch, Bernardo Bertolucci, Quentin Tarantino, Edgar Wright oder auch Guillermo del Toro. Selbst Präsident Emmanuel Marcron würdigt die Verdienste des unerschrockenen Filmemachers mit einem eigenen Twitter-Beitrag!
Ce fut comme une apparition dans le cinéma français. Puis il en devint un maître. Jean-Luc Godard, le plus iconoclaste des cinéastes de la Nouvelle Vague, avait inventé un art résolument moderne, intensément libre. Nous perdons un trésor national, un regard de génie. pic.twitter.com/bQneeqp8on
— Emmanuel Macron (@EmmanuelMacron) September 13, 2022
Für Regisseur Quentin Tarantino besitzt Godard noch eine persönlichere Ebene, die er in besonderer Weise mit seinem eigenen Produktionsstudio A Band Apart adressiert hat. Sein episodischer Gangster-Streifen Pulp Fiction wäre womöglich niemals realsiert worden, wenn er nicht mit dem Schaffen des Franzosen in Berührung gekommen wäre:
"The poetry between the lines." Quentin Tarantino talks about a review he read of a Godard film that struck a chord when he was writing PULP FICTION (1994). pic.twitter.com/5aPxJUHlv8
— All The Right Movies (@ATRightMovies) July 31, 2022
Godard ist darüber hinaus auch als ein Mann zu beschreiben, der sich für unbequeme Worte nicht zu schade war. Hollywoods Wunderkind Steven Spielberg kritisierte er harsch für seinen Schindlers Liste, da er in seinen Augen aus der unbeschreiblichen Tragödie der Shoah ein riesiges Orchester veranstaltete, das das Publikum mit prätentiöser Schwarz-Weiß-Optik emotional manipuliert.
Obwohl der intellektuelle Filmemacher stets mit den neuesten technischen Entwicklungen wie Handy- und 3D-Kameras experimentierte, verdüsterte sich sein Blick auf die Möglichkeiten des Mediums. So sagte er 2005 in einem Interview: "Es gab vielleicht eine Zeit, in der das Kino die Gesellschaft hätte verbessern können, aber diese Zeit wurde verpasst."
Eine Nominierung für den Academy Award hat Godard nie erhalten. Im Jahr 2010 verlieh die Akademie dem Regisseur einen Ehren-Oscar, doch er blieb der Zeremonie voll von selbstsicherem Trotz fern. Auf die Frage eines Reporters, was die Auszeichnung für ihn bedeute, antwortete der Regisseur, der Hollywood und seine Institutionen für ihre Doppelmoral kritisierte, dass sie ihm gleichgültig sei.
"Wenn die Academy dies tun möchte, dann sollen sie es tun", sagte er. "Aber ich finde es seltsam. Ich habe mich gefragt: Welche meiner Filme haben sie gesehen? Kennen sie meine Filme überhaupt? Der Preis heißt The Governor’s Award. Bedeutet das, dass Schwarzenegger mir den Preis verleiht?"
Unter seinen vielen zitierfähigen Zeilen stammt die vielleicht berühmteste Passage aus einem Voiceover in seinem zweiten abendfüllenden Film, dem Spionagethriller Le Petit Soldat (1960): "Fotografie ist Wahrheit. Und das Kino ist Wahrheit, vierundzwanzigmal pro Sekunde." Dieses Zitat bringt den radikalen und schöpferischen Geist von Goard wohl am besten zum Ausdruck. Der ehemalige Kulturminister Frankreichs, Jack Lang, sagte heute Morgen im Radio France Info, Godard sei "einzigartig, absolut einzigartig... Er war nicht nur Kino, er war Philosophie, Poesie." Dem können wir uns vorbehaltlos anschließen.
Jeder Mensch wünscht sich insgeheim, dass er einen Abdruck in der Welt hinterlässt, sei es in den Gemütern der Hinterbliebenen oder in Form physischer Objekte. Jean-Luc Godard vermochte all das und noch so viel mehr. Seine Denkweise über das Medium Film ist ein ebensolcher Kulturschatz, wie die zahlreichen Werke, die er uns hinterlässt. Der französisch-schweizerische Regisseur und Drehbuchautor ist am 13. September in der schweizer Gemeinde Rolle verstorben.
Wir werden deine unkonventionellen und radikalen Gedankenblitze vermissen, Jean-Luc Godard! In diesem Sinne: Das Leben ist ein Tanz! ;-)
Still the coolest dance sequence on film. RIP Jean-Luc Godard pic.twitter.com/i0ruIatMhs
— Falling Tree Radio (@FallingTreeProd) September 13, 2022
RIP Jean-Luc Godard, one of the most influential, iconoclastic film-makers of them all. It was ironic that he himself revered the Hollywood studio film-making system, as perhaps no other director inspired as many people to just pick up a camera and start shooting... pic.twitter.com/KFOnnQ1H6n
— edgarwright (@edgarwright) September 13, 2022
We are saddened to hear that highly acclaimed and influential film director, screenwriter and film critic, Jean-Luc Godard, has died at the age of 91. https://t.co/BkOyJo2lvK
— BAFTA (@BAFTA) September 13, 2022
Jean-Luc Godard (1930-2022).
— BFI (@BFI) September 13, 2022
Adieu to a giant of cinema who ripped up the rule book. From Breathless onwards, he tested the limits of the medium. pic.twitter.com/B5rytLxTt8
Depuis sa 1ère apparition au Festival dans Cleo de 5 à 7 en 1962, 21 films de Jean-Luc Godard ont été projetés à Cannes. Agitateur de la manifestation de mai 1968, Prix du Jury en 2014 avec Adieu au langage, il reçoit une Palme d’or spéciale pour l’ensemble de son œuvre en 2018. pic.twitter.com/BfAdIPeSNt
— Festival de Cannes (@Festival_Cannes) September 13, 2022
Quentin Tarantino: “To me Godard did to movies what Bob Dylan did to music. They both revolutionized their forms.” https://t.co/57Wa8wgSf9
— Connor Ennis (@EnnisNYT) September 13, 2022
Abschied // Jean-Luc Godard ist gestorben. Der Regisseur und Kinophilosoph hat immer wieder die Frage gestellt, was nach dem Kino kommt. Nun müssen wir uns fragen: Was kommt nach Godard? Danke für die wunderbaren Filme, die wir immer wieder aufs Neue genießen werden. pic.twitter.com/v6g9dySzyg
— Deutsches Filminstitut & Filmmuseum (@dff_film) September 13, 2022
Er hat frischen Wind in die Kinos weltweit gebracht und mit seinem Drang nach Neuem stets ausgelotet, was Film alles sein kann, jenseits seichter Unterhaltung. Jetzt ist Jean-Luc Godard mit 91 Jahren gestorben. pic.twitter.com/dZ3cx5C3db
— BR - Kultur (@BR_Kultur) September 13, 2022
Der große Jean-Luc Godard ist tot. Diese Filme aber sind unsterblich:
— Wolfgang M. Schmitt (@SchmittJunior) September 13, 2022
1. Außer Atem
2. Die Verachtung
3. Masculin - Feminin
4. Weekend
5. Die fröhliche Wissenschaft
6. Alles in Butter
7. Deutschland Neu(n) Null
8. Geschichte(n) des Kinos
9. Film Socialisme
10. Adieu au langage
Jean-Luc Godard war und ist Kino in seiner wohl reinsten Form. Und auch, wenn seine eigenen Filme heute kaum noch in Programmkinos präsent sind, ist sein Einfluss deutlich spürbar. Mehr dazu heute Abend in der Kulturzeit: 19.20 Uhr on air/Livestream und später in der Mediathek. pic.twitter.com/uWrlHkof7w
— 3sat (@3sat) September 13, 2022