Wir versuchten nun zu ergründen, was diese Magie ausmacht, die wir in vielen Produktionen, welche nach der Originaltrilogie kamen, so schmerzhaft vermissen. Da wir die drei Teile der Originaltrilogie als Gesamtkunstwerk begreifen, das eine in sich geschlossene Geschichte erzählt, behandeln wir sie hier auch dementsprechend als großes Ganzes.
Der Fehler, der heute in vielen Filmen gemacht wird, ist das Bestreben, alles zu erklären - "Entmystifizierung vor Fantasie". Uns drängt sich der Eindruck auf, das heutige Blockbuster-Kino will den Zuschauern bewusst die Fähigkeit, selbst zu denken, abnehmen - die Freiheit, sich Ungesagtes selbst auszumalen und daraus das Besondere zu ziehen. Das betrifft neue, eigenständige Filme ebenso wie Spin-Offs und Prequels zu bereits Bestehendem. Aber wie geheimnisvoll ist ein gelüftetes Geheimnis? Wie magisch ist ein erklärter Zaubertrick? Lest selbst und entscheidet für Euch.
Die älteren Semester sind dazu eingeladen mitzuschwelgen, die jüngeren Leser bekommen einen Eindruck, wovon wir reden, wenn wir diese geheimnisvolle "Magie" in heutigen Produktionen vermissen.
"Es ist etwas, dessen Namen man nur flüstern durfte, um es nicht zu zerstören…"
Was Kaiser Marcus Aurelius im Film Gladiator über Rom zu erzählen wusste, war in den 80ern - vor der medialen und marktwirtschaftlichen Revolution durch das Internet - für Krieg der Sterne die fehlende Omnipräsenz. Wenn wir einen bestimmten Trailer sehen wollten, mussten wir ins Kino gehen oder auf den Toilettengang während der TV-Werbung verzichten und wenn es dumm lief, wurden die zwei Minuten der Begierde nicht einmal gezeigt. Wir fieberten der Abendsendung entgegen, in deren Vorschau ein Bericht angekündigt war, von dessen letztlich dann nur 30 Sekunden Dauer wir gleichermaßen enttäuscht und elektrisiert waren. Wir hatten wieder einen neuen Schnipsel gesehen...
Wenn wir etwas über unser liebstes Thema lesen wollten, mussten wir warten bis irgendwann mal eine Zeitschrift mit dem entsprechenden Titelthema im Handel stand und egal wie klein der Beitrag auch war, die Zeitschrift wurde gekauft, bereits im Laden aufgeregt durchgeblättert, und die farbige Doppelseite zelebriert. Da aber sowieso keine weiteren Filme nach Episode VI geplant waren, hielt sich die Informationsflut in Grenzen. Spielzeug gab´s maximal in der Spielwarenabteilung bei Hertie, oder im OTTO-Katalog. McDonalds, Karamalz und Kellogg´s druckten nichts anderes als das eigene Produkt-Logo auf ihre Waren und über Krieg der Sterne tuschelte und rezitierte man auf dem Schulhof mit seinen Freunden. Die Aura wurde gerade durch diesen Mangel an Information befeuert. Wir malten uns aus, was da war, was da ist und was da noch kommen möge. Es gab nichts, was bereits im Vorfeld bis in den kleinsten Winkel ausgeleuchtet und entzaubert war.
Ein Intro, das unverwechselbar mit Krieg der Sterne verbandelt ist
Krieg der Sterne begann nie mit dem Film selbst, sondern stets mit dem Logo und der Fanfare des Filmstudios 20th Century Fox. Diese Fanfare und der Soundtrack von John Williams sind wie zwei Freunde, die einfach zusammengehören. Nicht zuletzt beginnen sogar die Soundtrack-CDs der Originaltrilogie jeweils mit der Fox-Fanfare. Weiter geht es traditionell mit einer kurzen Ruhephase, in der die einleitenden, blauschimmernden Worte "Es war einmal vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis..." eingeblendet werden - die Ruhe vor dem Sturm ... ein beeindruckendes Gewitter mit Blitz und Donner, das man mit wohliger Faszination aus sicherer Entfernung miterleben darf und die Vorfreude und das Kribbeln im Bauch ins Unermessliche steigen lässt. Endlich beginnt die Reise!
Das Drehbuch beschreibt das nun folgende Ereignis so: "Ein weites Sternenmeer bildet den Hintergrund für den Filmtitel. Kriegstrommeln hallen durch das All, während eine Laufschrift langsam in die Unendlichkeit davonzieht". Im deutschsprachigen Raum durfte der, zwar seltsam übersetzte, für uns jedoch viel mächtiger klingende Titel Krieg der Sterne in die Unendlichkeit schweben, bevor das ungeübte Auge durch den im dreidimensionalen Raum gleitenden Text des Prologs vor eine Herausforderung gestellt wurde. Aber gerade dieser Vorspann, ohne die Nennung von Cast und Crew, vermittelte schon zu Beginn einerseits "Größe" durch einen unendlich wirkenden Weltraum und andererseits direkt und ohne Umschweife den Beginn eines gigantischen Abenteuers.
"Star Wars: Episode V - Das Imperium schlägt zurück" Trailer 1 (dt.)
Das kleine Abenteuer innerhalb des großen Abenteuers
Es war in der Tat ein kleines Märchen, das in einer großen Verpackung steckte. Trotz der Größe, war dennoch alles überschaubar und greifbar. Was die Geschichte ausmachte, waren die ruhigen, andächtigen, ja fast ehrfurchtsvollen Momente und vor allem die sympathischen Charaktere. Man konnte noch Luke sein... Han sein... Lando sein, in Familiengeschichten durfte es noch sympathische Schurken geben und die Freundschaft zwischen den Charakteren zog den Zuschauer in ihren Bann. Man identifizierte sich mit seinen Helden, die bei allem Bombast trotzdem im Vordergrund standen, fühlte sich zu ihnen hingezogen - sie wurden beinahe zu echten Freunden, die einem ans Herz gewachsen waren. Wir wurden Teil von Krieg der Sterne und Krieg der Sterne wurde Teil von uns.
Natürlich waren die Geschichten und Dialoge rückblickend inhaltlich relativ einfach gestrickt, doch nahmen die Filme den Zuschauer von Beginn an durch Charme und das Herz am rechten Fleck an die Hand und tauchten mit ihm ein in diese fantastische Welt, in einer Galaxis, weit, weit entfernt.
Trotz all der Weltraumaction, die es natürlich gab und die man so nie zuvor gesehen hatte, wurde man doch immer wieder durch die erwähnten ruhigen Phasen verwöhnt, die einen ganz besonderen Zauber versprühten.
Überrascht öffnet Obi-Wan weit die Augen, als er Lukes Worte wiederholt: "Obi-Wan...", sein nachdenklicher Blick schweift ins Leere, doch schnell entspannen sich seine Gesichtszüge wieder: "Diesen Namen habe ich seit langer Zeit nicht mehr gehört... ach... noch vor deiner Geburt..." - allein diese eine Szene beschreibt auf eindrucksvolle Weise einen essentiellen Punkt: