
Kennt ihr das, wenn ihr einen Film zum x-ten Mal anschaut und er euch wegen seines behutsamen Handlungsaufbaus, seiner Dialoge, seiner technischen Finessen und seiner Spannung noch immer bestens unterhält? Dieses Gefühl ist unheimlich kostbar, denn es verbirgt die Idee, dass es in diesem Metier etwas gibt, das von bleibendem Wert ist und an dem sich auch Generationen nach der Veröffentlichung eines Werkes erfreuen können.
Im Folgenden möchte ich auf einen meiner persönlichen Lieblingsfilme zu sprechen kommen, den ich jüngst mit ebenjener Begeisterung erneut inspizieren konnte: Terminator 2 - Tag der Abrechnung. Es folgt eine persönliche Bestandsanalyse zu James Camerons furioser Fortsetzung.
Auch wenn die technischen Hintergründe, durch die Terminator 2 damals überhaupt erst realisiert werden konnte, wichtig sind, um diesen Ausnahmefilm adäquat einzuordnen, verhindert ihre Überbetonung durchaus, dass man die zeitlose Wirkung herausstellen kann. Das zu diesem Zeitpunkt nie dagewesene Produktionsbudget von rund 100 Millionen US-Dollar wurde jedenfalls in die damals besten Effektabteilungen der Welt investiert, um uns staunen zu lassen und unseren Puls dauerhaft zu beschleunigen.
Ich möchte demgegenüber aber ein paar Worte zum Verhältnis zwischen unseren auf der Flucht befindlichen Helden und dem nimmermüden Schurken verlieren, denn darüber lässt sich ebenfalls eine ganze Menge mitteilen.
Diskussionen um Logiklücken hinsichtlich eines Zeitparadoxons der Terminator-Saga bei Seite: Die unmittelbare Bedrohung in Form eines zerstörerischen Killerroboters wird von der alles entscheidenden Frage getoppt, ob man sein Schicksal selbst formen kann und ob die Welt von morgen nicht schon längst verloren ist, bevor man überhaupt zu leben und zu kämpfen begonnen hat. Es ist egal ob dieses Albtraumszenario dem Fantasybereich zuzuordnen ist, denn Cameron macht uns direkt zu Beginn durch die Präsentation der lebensunwerten Zukunft glauben, dass das Ende der Menschheit ein realistischer Ausgang für die Geschichte ist.
Auch über 20 Jahre nach meinem Erstkontakt mit diesem Action-Koloss muss ich staunen, wie stimmig Cameron seine Action-Setpieces durch den vielgliedrigen Handlungsaufbau miteinander vermengt und wie er dabei allerhand Suspense-Elemente in Terminator 2 einfließen lässt. Man denke etwa an die Einführung von Arnold Schwarzenegger als T-800-Badass, der splitterfasernackt im Alleingang eine Bar auseinander nimmt und sich im Verlauf nicht nur als hilfreiches Instrument herausstellt, um Robert Patricks höher entwickelten T-1000 zu schlagen, sondern auch als cooler Ziehvater.
Im Gegenzug wäre die Infiltration des T-1000 im Haus der Zieheltern von John Connor anzuführen, bei der die gefühllose Tötungsmaschine in Gestalt der Ersatzmutter mit ebenjenem Sohn spricht, um während des Gesprächsverlaufs ihren Ehemann auf eiskalte Weise umzubringen. Die eigentliche Tat wird zunächst nur auf tonaler Ebene in Form eines scharfen Schnittgeräuschs vermittelt, wobei wir die Tat im Nachgang zu Gesicht bekommen: Der T-1000 kann seine Körperteile auf scheinbar magische Weise in brutale Stichwerkzeuge verformen!
Dadurch wird plausibilisiert, was wir als Zuschauer:innen bislang nur erahnt haben: Der T-1000 passt sich seinem Umfeld auf clevere Weise an und kann mit keinem anderen Feind der Filmgeschichte verglichen werden. Fast beiläufig erfahren wir in Terminator 2, dass der Hund mit Namen Max dem T-800 als Finte galt, um anhand eines falschen Rufnamens herauszubekommen, ob der Widersacher das Elternhaus im Moment des Anrufs infiltriert hat. In der erweiterten Fassung sehen wir wiederum, wie der T-1000 diesem falschen Spiel auf die Schliche kommt, wodurch das Katz- und Mausspiel bereits früh im Film auf den Punkt gebracht wird.
Auch wäre etwa die Highway-Sequenz zu nennen, die in die alles entscheidenden Konfrontation im Schmelzwerk mündet. Durch das Austreten flüssigen Stickstoffs wird der T-1000 zunächst kaltgestellt, nur um wiederum durch die Hitze des Schmelzwerks aufzutauen und seine Gestaltwandlung mehr schlecht als recht zum Ausdruck gelangen zu lassen.
In dem entscheidenden Moment haben wir es mit der Vermengung von Elementen zu tun, die auf äußerst gewitzte Weise die Grenzen und Fähigkeiten dieses Albtraums auf zwei Beinen zementiert. Über die gesamte Laufzeit dreht sich die Frage darum, wie man mit diesem Gegner verfährt, wobei Erklärungen in Form entsprechender Exposition-Talks kaum vonnöten sind, denn die Action befindet sich kontinuierlich im Fluss.
Lest auf Seite 2, wie das Drehbuch zu Terminator 2 - Tag der Abrechnung verschiedene Perspektiven schichtet und was den Soundtrack derart besonders macht.
Durch James Camerons und William Wishers gewitztes Drehbuch fügt sich jedes Aufeinandertreffen von Terminator 2 - Tag der Abrechnung organisch ins Gesamtgeschehen ein und dadurch verkommt die Action nie zum bloßen Selbstzweck, wie man etwa bei modernen Vertretern wie The Raid oder John Wick - Kapitel 4 rügen kann. Das wird besonders dadurch deutlich, dass wir es mit repressiven Orten institutioneller Macht zu tun haben, die zu diktieren gedenken, was gut und richtig für die Menschheit ist.
Terminator 2 hält dabei mehrere Handlungsstränge bereit, die allesamt die nötige Screen-Time erhalten, um im Verlauf miteinander verflochten zu werden und wirken zu können. Der behutsame Aufbau in Form verschiedener Perspektiven dient dem Nachvollzug der Motivationen und sorgt dafür, dass sich die Action im Nachgang jedes vorhergehenden Erzählstrangs umso explosiver anfühlt.
Hierbei wäre besonders die Nervenheilanstalt anzuführen, in der die vermeintlich geistesschwache Mutter Sarah Connor ein Dasein fristet, das ihrer Wahrnehmung vollkommen trotzt und sie mit unmenschlichen Methoden konfrontiert. Der Ausbruch aus diesem Ort des Grauens ist deshalb gelungen, da sich die Reaktion des Personals nachvollziehen lässt und das Geschehen nicht mit überzogenen Actioneinlagen vermittelt wird - bis zum Auftauchen der ungleich größeren Bedrohung in Form des T-1000 versteht sich. Selbiges gilt für die Szene, in der auch die „echte“ Polizei groß auffährt, um den Sabotageakt unserer Helden auf Cyberdyne Systems zu vereiteln.
Regisseur James Cameron baut in seinem Terminator-Sequel also Schicht um Schicht behutsam auf, teast Szene für Szene das Geschehen an und schnürt die Schlinge dadurch immer enger, bis es für die Figuren keinen Ausweg mehr gibt und die Konfrontation unweigerlich bevorsteht. Dadurch fühlt sich jeder Moment unheimlich wertvoll an und es liegt stets die Gefahr in der Luft, dass eine der Figuren das Zeitliche segnet und die Menschen der Zukunft am Ende sogar ohne Leitfigur dastehen.
Erst durch diese durchdachte Herangehensweise kann sich ein Netz aus Aktionen und Reaktionen entspinnen, das die Action wuchtig hervortreten lässt. Zu jedem Zeitpunkt weiß man, was gerade auf dem Spiel steht und welche Motivationen gegeneinander aufgewogen werden.
Der von industriellen Geräuschen motivierte Soundtrack muss hier als weiteres Glanzstück angeführt werden, denn der Score treibt durch die scheppernden Töne nicht nur den Puls über die gesamte Laufzeit in die Höhe, er scheint sich punktuell sogar mit heulenden Alarmsirenen zu vermengen, sodass eine einwandfreie Unterscheidung zwischen intradiegetischen und extradiegetischen Klangteppichen erschwert wird.
Darüber hinaus weiß Terminator 2-Komponist Brad Fiedel bestens, wann er seine Musik zurückfahren muss bzw. wann die musikalische Untermalung stumm gestellt gehört. Auf diese Weise gönnt man uns in ruhigen Momenten nicht nur die nötige Verschnaufpause, man gewährt dem Cast damit auch die Möglichkeit, mit ihren Darbietungen in ungefilterter Weise zu glänzen. Das ist etwas, das heutzutage durchaus Seltenheitswert besitzt, denn bei den allermeisten Blockbustern soll uns die Musik in emotionaler Hinsicht geradezu einhüllen (um nicht zu sagen erdrücken).
Stille muss man als Künstler sinnvoll füllen können und das Publikum muss derlei Szenen aushalten und eigene Gedanken machen. Genau deshalb ist sie oftmals nicht gewünscht, da im Umkehrschluss die Bilder bzw. mögliche Dialoge und dadurch zum Ausdruck gelangte Gefühlsregungen für sich Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Erfahrt auf Seite 3, welche weiteren Stärke unter der gestählten Action-Oberfläche von Terminator 2 - Tag der Abrechnung schlummern.
Die als antiquiert ausgegebene brachiale Gewalt in Form von Arnold Schwarzenegger trifft in Terminator 2 - Tag der Abrechnung auf eine noch viel furchteinflößendere, hochfunktionale Tötungsmaschine, die sich bar ihrer kognitiven Fähigkeiten und ihrer Agilität einen Weg zu ihrem anvisierten Opfer bahnt.
Damit wird nicht nur der Underdog-Status von John Connor (Edward Furlong), Sarah Connor (Linda Hamilton) und Arnies T-800 zementiert, es wird auch etwas über die Unfähigkeit von Menschen ausgedrückt, sich um den eigenen Nachwuchs angemessen zu kümmern, was wiederum als Allegorie für den drohenden Untergang der Menschheit verstanden werden kann.
Demgegenüber erhält die Funktionalität der Patchwork-Familie Aufwind, da sie anpassungsfähiger auf mögliche Bedrohungslagen scheint. Wem diese Lesart von Terminator 2 zu abgehoben scheint, kann man entgegenhalten, dass Sarah Connor die Angelegenheit mitten im Nirgendwo in einem Off-Monolog selbst adressiert, wenn sie davon spricht, dass diese Maschine, dieses Ding, der womöglich beste Vaterersatz für ihren Jungen sei, den sie sich nur wünschen könne.
Eine weitere wichtige Facette ist das Erscheinungsbild des T-1000, denn der Tag des Jüngsten Gerichts wird von einer Instanz verteidigt, die in Gestalt größtmöglicher Autorität aufwartet und die qua ihres Erscheinungsbildes eigentlich daran interessiert sein sollte, ein derartiges Szenario zum Wohle aller zu verhindern: ein Polizist mittleren Alters.
Durch den erzählerischen Kniff in Form des Charakterdesigns werden falsche Brücken geschlagen, da wir anhand des Terminator-Vorgängerfilms annehmen müssen, dass Robert Patrick auf der Seite der Guten steht. Robert Patricks Auftritte zeugen von einer Unnahbarkeit, die buchstäblich nicht von dieser Welt ist und die geradezu unmenschlich in ihrer menschlich aussehenden Hülle zur Tat schreitet.
Arnies T-800 zieht in Gestalt eines gesetzlosen Bikers gegen eine rechtlich verbriefte Instanz zu Felde und das ist aus inszenatorischer Sicht keinesfalls als Gimmick zu werten, denn John Connor versucht bereits unabhängig dieser Ereignisse den verlängerten Arm des Gesetzes bestmöglich zu meiden, wie sich etwa anhand seiner instinktiven Flucht in einer Arcade-Spielhalle ableiten lässt. Diebstahl und Schulschwänzen prägen den Alltag des traumatisierten Jungen und wahrscheinlich nicht zuletzt wegen seiner inhaftierten Mutter hegt er ein grundsätzliches Misstrauen gegen die Durchsetzung von Recht und Ordnung.
Das ist auch deshalb besonders, da hiermit etwas über die mimetischen Gehalte technischer Gerätschaften und Schnittstellen ausgedrückt wird, die uns tagtäglich umgeben und die unsere Verhaltensweisen mehr und mehr zu adaptieren scheinen. Der als Prototyp beschriebene T-1000 wirkt im direkten Vergleich mit dem Auslaufmodell des T-800 deutlich weniger plump und dennoch fällt die vollständige Abwesenheit von Empathie bei ihm trotz seines aufgesetzten Social-Engineering-Lächelns ungleich stärker ins Gewicht. Terminator 2 - Tag der Abrechnung ist demnach immens anschlussfähig an unsere heutige Lebenswelt, was die behandelten Themen anbelangt.
Obendrein dekonstruiert Robert Patrick über seine Performance als Terminator die Idee vom vermeintlichen Durchschnittsmenschen. Gleichzeitig kehrt er eine soziopathische Seite hervor, die mit zugedachter Machtpositionen einhergehen kann, indem er sich direkt zu Beginn ein prestigeträchtiges Antlitz verleiht und die Schwächen seiner Widersacher über psychologische Mechanismen gnadenlos offenlegt.
Anhand der Art und Weise, wie sein Terminator über technisch ausgefeilte Möglichkeiten vermittelt wird, lässt er sich mit Leichtigkeit als wandelnder Repräsentant des Uncanny-Valley-Effekts verstehen. Wo bei Arnold Schwarzeneggers imposanter Statur wenig Fantasie benötigt wird, um ihn als etwas zu identifizieren, das nicht menschlich ist, fällt das bei Robert Patrick ungleich schwerer. Und trotzdem vermag er das nicht nur dadurch zu vermitteln, weil wir seine Figur oftmals nur als wabernde Flüssigmetallsubstanz vor uns haben, sondern auch durch seine einnehmende Präsenz, die dadurch zur Geltung kommt, dass er weder blinzelt noch bei seinen aberwitzig schnellen Sprints nicht einmal zu atmen scheint.
Diese kleinen Lücken erwecken gemeinsam mit der Konstruktion der Geschichte den Anschein, dass er nicht menschlich sein kann. Dass ausgerechnet diese Idee nicht mehr mit den größtenteils praktischen Effekten des 1984 erschienenen Terminator zum Ausdruck gelangt, sondern durch die Symbiose von Robert Patricks ausgefeilt reduziertem Minenspiel und den Möglichkeiten damals modernster technischer Errungenschaften bei der Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe von Datenströmen, muss unter philosophischen Gesichtspunkten in Bezug auf die intendierte Wirkung der Geschichte als Novum gewichtet werden.
Es ließen sich noch einige weitere interessante Parallelen von Terminator 2 zu unserer heutigen Lebenswelt ziehen. Gleichwohl könnte man durch die Brille dieses phänomenalen Action-Films sagen, woran es heutigen Vertretern des Genres mangelt (Spoiler: Es sind nicht die Effekte!). Doch um ehrlich zu sein, möchte ich es bei diesen Worten belassen und stattdessen eure Gedanken zu diesem wichtigen Film meiner Kindheit, Jugend und meines Erwachsenendaseins lesen. Wenngleich ich durch meinen persönlichen Einblick vielleicht etwas zu viel Lobpreisung betrieben habe, kann ich genau wie Arnies T-800 nicht aus meiner Haut.
Vielleicht eine Sache noch, die ich mir nicht verkneifen möchte: Es war eine wahnsinnig schlechte Idee, die beiden von James Cameron inszenierten Filme mit derart uninspirierten Fortsetzungen zu beehren. Auch wenn mir der vage Ausgang der ursprünglichen Fassung eine Spur besser gefällt, hätte man das Ende der Special Edition bzw. des Ultimate Cuts einfach für sich stehen lassen sollen. Was ist eure liebste Version von Terminator 2 - Tag der Abrechnung? Wie steht ihr zur eher durchwachsenen Aufbereitung in Form der aktuellen Releases des Action-Films?