Die Erklärung ist ganz einfach - Netflix ist dafür bekannt, Serienstaffeln mit kurzer Episodenanzahl komplett online zu stellen. Das gibt Marvel die Freiheit, wie der kreative Kopf von Marvel Joe Quesada in einem Interview erklärte, eine durchgehende Story zu Daredevil erzählen zu können, also ohne dabei Kapitelabschlüsse so bauen zu müssen, dass der Zuschauer das Warten auf die nächste Folge auch erträgt.
Man könne das in Comicsprache so erklären, die übliche Comicserie sei wie die monatliche Heftreihe, Daredevil jedoch sei eine Graphic Novel, die man nicht zwischendrin aus der Hand legt. Im Grunde ein 13-Stunden-Film, denn 13 Episoden sollen es bekanntlich werden, und dank der Kürze sei es auch viel leichter, sie wirklich wie einen langen Film anzusehen und zu planen, erklärte Quesada. Besonders überraschend ist das nicht, man konnte sich diesen Grund schon denken, nun ist er auch offiziell.
Das mag auch mit erklären, warum sich Marvel die Dreharbeiten für Daredevil wie auch für die anderen in New York angesiedelten Serien Jessica Jones, Iron Fist, Luke Cage und die alle vier vereinende Miniserie The Defenders 200 Mio. $ kosten lässt. Der letzte Daredevil-Versuch im Kino war ein grandioser Flop - nicht am Boxoffice, aber in der Fanresonanz bekam er reichlich Kritik. Würde auch die Serie ein Flop werden, kann es Marvel für lange Zeit vergessen, diesen Superhelden noch einmal ins Kino zu bringen. Wird die Serie jedoch gut, könnten die Fans denken, wenn sie schon eine gute Serie hinbekommen haben, werden sie es nun vielleicht auch auf der Leinwand wieder hinbiegen können. Ein Reboot ist bekanntlich für 2016 geplant, hat aber noch kein offizielles grünes Licht.
Sicher ein weiterer Vorteil: Man kann ratzfatz danach auch schon die DVD/Blu-ray rausbringen, wenn die Staffel gleich komplett online geht. Denn in den USA ist es nicht so wie bei uns, dass die Serien dann erst noch einmal durchs Free-TV wandern. Und man verliert keine Zuschauer in der wöchentlichen Wartephase. Entweder man schaut es gleich ganz als Fan - davon geht auch Quesada aus - oder holt es sich eben dann flott ins Heimkino. Zwei Dinge sind nun für uns spannend: Wie schnell setzt Netflix seinen Plan um, auch Deutschland einen Zugang zu verschaffen?