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luhps Top 100 Filme der 2020er Jahre
Auf welchem Platz liegt Vortex?

luhps Top 100 Filme der 2020er Jahre

Eine Liste von luhp92 mit 100 Filmen (Letztes Update: 21.04.24)
Nicht einverstanden? » Verwalte deine eigenen Toplisten!

Neulich fiel mir auf, dass die 2010er Jahre in einer ganz bestimmten Hinsicht etwas Besonderes sind: Das Jahrzehnt wurde von Moviejones als Filmportal komplett durchlebt, dementsprechend auch von den MJ-Usern, die schon von Beginn an dabei waren und immernoch dabei sind. Beim Erstellen einer Topliste der besten Filme der 2010er Jahre konnten diese User also auch auf ein Jahrzehnt Moviejones, Bewertungen, Reviews und Diskussionen zurückblicken.

2007 gegründet, steckte Moviejones beim Übergang 2009-2010 noch in den Kinderschuhen. Zum einen kann ich mir nicht vorstellen, dass damals bereits groß über die besten Filme der 2000er Jahre diskutiert wurde - falls doch, könnt ihr mich gerne korrigieren. Zum anderen konnte man damals eben nicht auf ein komplettes Jahrzehnt Moviejones zurückblicken, vom Jahr 2007 an abwärts war man auf die eigenen Erinnerungen oder Privatlisten angewiesen.

Ich selbst bin seit November 2011 auf Moviejones angemeldet, für mich sind also selbst die 2010er Jahre kein vollständiges MJ-Jahrzehnt. Eine Topliste des Jahrzehnts kam mir auch nie in den Sinn, das geschah erst Ende 2019. Beides ist hinsichtlich der 2020er Jahre nun anders, die erlebe ich auf Moviejones erstens von Beginn an mit und erlebe sie zweitens auch bewusst als Jahrzehnt.

Aufgrunddessen kam mir nun der Gedanke, von Beginn an eine Topliste der 2020er Jahre (Originalrelease) zu erstellen und zu beobachten, wie sich diese im Verlauf des Jahrzehnts entwickelt. Wie sich die Reihenfolge verschiebt, welche Filme irgendwann rausfallen, wie sich Bewertungen verändern, welche Filme in Vergessenheit geraten und welche Filme in Erinnerung bleiben.

Babylon - Rausch der Ekstase
#20
Filmstart: 19.01.2023
Vortex
#19
Filmstart: 30.09.2022
Gaspar Noés reifster Film, gleichzeitig in meinen Augen auch sein bester.

Ein bedrückendes, doch niemals pessimistisches Drama über Demenz im Alter, über die Vergänglichkeit des Lebens, verstreichende Zeit, sich trennende Lebenswege. Im Angesicht der Demenz, des drohenden Ganges in ein Altersheim und des Todes stellt sich "Vortex" zudem die Frage, was am Ende vom eigenen Leben übrig bleibt, woraus es letztendlich bestand. Noé arbeitet dabei mit zwei Kameras und einem Splitscreen, ein herausstechendes und ausdrucksstarkes Stilmittel, mit dem er nicht nur ein Gefühl für die Unschärfen der Demenz und die Herausforderungen des Zusammenlebens und der Pflege schafft, sondern auch treffend seine Gedanken über die verstreichende Zeit, die Vergänglichkeit des Lebens und die sich trennenden Lebenswege bis zum Tod visualisiert.

Man könnte noch so viel mehr über "Vortex" schreiben, mir fehlt gerade die Muße dazu, zumal das andere Leute hier oder auf Letterboxd ohnehin schon besser hinbekommen haben.

Speziell zur Demenz zwei Gedanken meinerseits: Durch das unweigerliche Fokussieren der eigenen Augen auf einen Screen verpasst man etwas im anderen Screen/Leben. Und durch den Versuch, auf beide Screens zu achten, entsteht eine Unschärfe in der eigenen Betrachtung und Wahrnehmung. Das erschafft nicht nur ein Gefühl für die Demenzerkrankung, sondern zeigt auch auf, dass sowohl der Ehemann als auch der Sohn aufgrund von Alter und Krankheit bzw. wegen des eigenen Lebens und eigenen Problemen nicht in der Lage sind, dem Zusammenleben mit einer Demenzkranken und ihrer Pflege Herr zu werden.

P.S.: Bei "Vortex" handelt es sich womöglich um Dario Argentos bestes Spätwerk, aber nicht als Regisseur sondern als Schauspieler :P
Tár
#18
Filmstart: 02.03.2023
Poor Things
#17
Filmstart: 18.01.2024
So viel zitierfähiges Material in dem Film :D

Bella: "Entschuldige mich bitte, ich muss das Baby boxen."

Duncan: "Hat er dir beigelegen?"
Bella: "Nein, wir waren an der Wand."
Duncan: "Habt ihr wild herumgehopst?"
Bella: "Nein, er hat mir die Klitoris geleckt."

Der wegen Krebs todkranke Godwin zu Max: "Weinen Sie mir nicht in die Wunde, ich sterbe sonst noch an einer Sepsis."

Duncan: "Seht! Er hustet keine Luft wie ein Mensch, sondern Blut!"
Max: "Er hat Krebs, Sie verdammter Idiot!"
Duncan: "Achso."

Die Dialog- und Situationskomik im Film ist einfach göttlich, perfekt getimt und von Emma Stone, Willem Dafoe, Ramy Youssef und noch viel mehr von Mark Ruffalo mit Gestik und Mimik bravourös rübergebracht. Hinzu kommt dann noch im Allgemeinen das herrliche (viktorianische) Absurditätenkabinett, "Poor Things" vereint neben Lanthimos quasi auch das Beste von Tim Burton und Terry Gillam (inklusive Sexualkundeunterricht von Monty Python^^). Im Kino saßen circa zehn Leute, wir haben regelmäßig am Boden gelegen.

Die Fischaugenoptik und Weitwinkel passen hier (im Gegensatz zu "The Favourite") zudem vortrefflich in den Film, geben dem viktorianischen Absurditätenkabinett und dem Blick eines verrückten Wissenschaftlers einen Ausdruck.

Bella Baxter und Duncan Wedderburn sind schon fasznierenden Figuren. Der einen sieht man gerne zu, weil sie ohne Kenntnis oder Verständnis für gesellschaftliche Normen, Sitten, Moral und Geschlechterbilder durch die Welt spaziert und sie studiert, dabei mal naiv mal wissenschaftlich-rational frei von der Seele redet. Dem anderen, weil er als schmieriger Casanova glaubt, er könnte Bella um den Finger wickeln, stattdessen aber vollkommen an ihr zerbricht. Auch Dr. Godwin Baxter hat an Bella ordentlich zu knabbern, weil seine liebende Vaterrolle seinem Wissenschaftler- und Gottesdasein einen Strich durch die Rechnung macht.

Der letzte Akt gerät vielleicht etwas zu plakativ. Auf der anderen Seite hat es mir gefallen, dass zum Schluss noch der alte Ehemann Alfie auftritt und erkäutert wird, warum sich dessen schwangere Frau umgebrachte. So hat man den offenen Handlungsfaden noch aufgenommen und zeigt einen weiteren Typ Mann, hier einen wirklich vollkommen misgynen. Dass Alfie jedoch auch noch das Lammhirn eingesetzt wird, hätte nicht sein müssen, eine zu gehässige Aktion, die nicht zu Bella passt.

Die feministische Version von "Frankenstein", die Arthouse-Version von "Barbie", mir fehlt momentan die Motivation, im Detail etwas dazu zu schreiben. Vielleicht morgen, vielleicht gar nicht. Diesbezüglich aber auf jeden Fall ein insgesamt sehr gut geschriebenes Werk.

Bei "Poor Things" handelt es sich in meinen Augen um Yorgos Lanthimos´ besten britischen Film, seine griechischen Filme habe ich noch nicht gesehen.
Spider-Man - Across the Spider-Verse
#16
Filmstart: 01.06.2023
https://www.moviejones.de/kritiken/spider-man-across-the-spider-verse-kritik-7304.html
Fabian oder Der Gang vor die Hunde
#15
Filmstart: 05.08.2021
Eine Adaption des Romans "Fabian. Die Geschichte eines Moralisten" von Erich Kästner aus dem Jahr 1931.

Ein ausschweifendes und natürlich wirkendes Großstadt- und Gesellschaftsgemälde Berlins und der Weimarer Republik in ihren Endzügen, die von Inflation, Arbeitslosigkeit und politischem Umbruch geprägt ist.

Inszenatorisch herausragend. Im ersten Drittel zeigen sich Kamera und Schnitt ungemein experimentierfreudig, dynamisch und unstrukturiert, um das Nachtleben, den Hedonismus und die Unmoral wiederzuspiegeln, die von der Hauptfigur Jakob Fabian (Tom Schilling) beobachtet werden. Ansonsten werden Charaktermomente sehr schön eingefangen oder auch gerade nicht eingefangen, wenn sich Cornelia Battenberg (Saskia Rosendahl) mit ihrem Liebespartner Fabian zu unterhalten versucht, aber nur einen Monolog hält und Fabian dabei wegsieht, die Kamera fokussiert hier ausschließlich auf Cornelia. Eine Stummfilmszene dient der Einführung eines Filmregisseurs, an den Fabian Cornelia zugusten ihrer Schauspielkarreire verliert.

Darüberhinaus sticht die Charakterisierung der Nazis heraus, die hier nie direkt als vordergründige Aggressoren agieren, sondern sich stets am Bildrand oder im Hintergrund als schleichende und sinistre Bedrohung bewegen, als die bösen Auswüchse der Gesellschaft. Siehe zum Beispiel eine Szene mit einem Professor, der opportun in Anwesenheit von politisch braun gefärbten Studenten einen antilinken Sabotageakt deckelt und meint, in Deutschland müsse sich etwas verändern und wieder Ordnung herrschen, erst danach schneidet der Film zu einem Mann in NS-Uniform, der beobachtend im Halbschatten steht. Fabian muss dem Geschehen mit Ohnmacht zusehen. Anachronistisch werden zudem Stolpersteine in den Film eingebaut, ein sinnstiftendes Element, um den vorhandenen und allgegenwärtigen Antisemitismus in der Gesellschaft offenzulegen, die Entwicklung in den nächsten Jahren scheint unausweichlich.

Neben Schilling, Rosendahl (und Meret Becker) spielt Albrecht Schuch mit der Rolle des Stephan Labude eine größere Nebenrolle im Film, es ist schon sehr beeindruckend, welche Schauspielkarriere Schuch in den letzten fünf Jahren hingelegt hat.
Crimes of the Future
#14
Filmstart: 10.11.2022
Der Weltenaufbau fasziniert mich ungemein. Wir bewegen uns hier in einer Zukunft, in der sich die Biologie, die Menschen, die menschliche Gesellschaft und die Technik weiterentiwckelt haben und ihren ureigenen, natürlichen Gesetzen folgen. Das ist eine Welt, die aus unserer gegenwärtigen Sicht nicht wirklich oder nur zum Teil greifbar und verständlich ist, aber sich dennoch natürlich anfühlt. Die Erschaffung dieser Welt birgt einen großen kreativen Geist in sich, das Potential inklusvie der mannigfaltigen Themenkomplexe ist enorm. "Crimes of the Future" wirkt so, als hätte Cronenberg hier einen Science-Fiction-Romanklassiker (wahlweise von Philip K. Dick) verfilmt und verdichtet, diesen theoretischen Roman würde ich liebend gerne lesen, locker könnte man den Film auch auf Serienformat ausweiten.

Spannend finde ich, wie Cronenberg Körperkunst und Erotik weiterdenkt. Und insbesondere, wie er hier die evolutionären und politischen Aspekte mit einer christlichen Lesart verquickt (Paulus von Tarsus, Märtyrertod, Hostien, Glaubensüberzeung und Erleuchtung). Bei "Crimes of the Future" handelt es sich um die Betrachung der Genese eines neuen Menschen und einer neuen Weltanschaung.

Howard Shores würdevoller Score veredelt den Film.
Aftersun
#13
Filmstart: 15.12.2022
Eine melancholische Retrospektive über seelische Schmerzen und Elternteilverlust, über lückenhafte und idealisierte Erinnerungen an die eigene Kindheit, den Vater und einen schönen Sommerurlaub. Die erwachsene Protagonistin versucht, diese Erinnerungen mit der damaligen Realität abzugleichen und einzuordnen, um zu verstehen, was ihr als Kind über den wahren Zustand ihres Vaters verborgen blieb. Der Film gleich dementsprechend auch einem lückenhaften Erinnerungsstrom. Hat mich im Inneren tief berührt.

Unfassbar gut für ein Regie- und Drehbuchdebut.
Der schlimmste Mensch der Welt
#12
Filmstart: 02.06.2022
Als hätte Ingmar Bergman in der heutigen Zeit einen Film gedreht?

Joachim Trier vermittelt auf außergewöhnliche und natürliche Weise die Lebenssituationen, Freuden, Leiden, Ängste und Sorgen dreier Menschen und zweiter Generationen in einer sich wandelnden Welt und Gesellschaft. Bei der jüngeren handelt es sich um meine Generation, ich habe mich hier sehr gut wiedergefunden. Ein großartiges Selbstfindungs- und Liebesdrama.

Insbesondere die Dialoge sind ein Hochgenuss, selten habe ich einen Film gesehen, in dem so gekonnt mit Gesprächspausen gearbeitet wird, wenn Menschen gerade nichts zu sagen haben, wenn sie sprachlos sind, oder wenn sie sich überlegen, was sie als nächstes sagen wollen.
Mein Lehrer, der Krake
#11
Filmstart: k.A.
Eine hervorragende und einfühlsame Dokumentation über das Ökosystem des Kelpwaldes vor der südafrikanischen Atlanktikküste und über einen Mann, der sich mit einem Oktopus-Weibchen anfreundet und dieses während dessen einjährigen Lebens täglich begleitet. Eine Dokumentation über das Wesen, die Faszination und die Bedeutung des (sozialen) Lebens.

Darüberhinaus verschafft "My Octopus Teacher" den Oktopussen öffentlichkeitswirksam auf Netflix die Aufmerksamkeit, die diese Tiere verdienen. Aus einer Laune der Natur heraus verfügen diese Nahverwandten der Muscheln und Schnecken über eine solch ausgeprägte Intelligenz und Sozialkompetenz, die mit Hunden, Katzen und niederen Primaten vergleichbar ist.
Blond
#10
Filmstart: 28.09.2022
https://www.moviejones.de/kritiken/blond-kritik-7023.html
Frau im Dunkeln
#9
Filmstart: 31.12.2021
Ein feministisches Psychodrama über Mutterschaft, welches neben den positiven und schönen Aspekten auch ausgiebig die Schattenseiten beleuchtet, über die in der Regel nicht gerne in der Öffentlichkeit gesprochen wird, weil sie nicht zum Bild der liebenden, aufopfernden Mutter passen. Gesellschaftliche Erwartungshaltung gepaart mit mütterlicher Verantwortung, Kinder zu haben und zu erziehen erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Geduld und Stressresistenz, schränkt unweigerlich die eigene individuelle Freiheit und Lebensentfaltung ein. Von meiner Mutter weiß ich beispielsweise, dass sie heilfroh war, meinen Bruder und mich gelegentlich bei den ebenfalls im Dorf lebenden Großeltern "parken" zu können, um dann Zeit für sich und zur Entspannung zu haben.

Maggie Gyllenhaal legt hier mit ihrem Regie- und Autorendebut gleibt ein Brett hin, insbesondere das Drehbuch (Romanadaption) ist ihr dabei sehr gelungen, flüssig und schlüssig verknüpft sie narrativ zwei Generationen und zwei Zeitebenen miteinander und reichert die Erzählung mit mehreren Symbolen an. Das reicht vom Offensichtlichen wie der entwendeten Puppe als Ersatztochter über den Frischezustand des Obstes als Spiegelung der Psyche und des Mutter-Tochter-Verhältnisses bishin zum unangenhemen Stich mit einer Nadel in den früheren Mutterbauch inklusive Blutung.

Unterstützung erhält Gyllenhaal von Casting-Volltreffern, Olivia Colman performt tatsächlich erneut mit einer überragenden Leistung, im Duo mit der nicht minder gut aufspielenden Jessie Buckley ("I´m Thinking of Ending Things") verkörpert sie die Hauptprotagonistin Leda Caruso, Dakota Johnson als junge Mutter hätte man gleich mit für Awards nominieren können. Im Nebencast runden Ed Harris als Ledas Appartmentverwalter, Peter Sarsgaard als Ledas akademischer Kollege und Jack Farthing ("Spencer") als Ledas Ehemann den Film ab.
Spencer
#8
Filmstart: 13.01.2022
Past Lives
#7
Filmstart: 10.08.2023
Das Regiedebut der südkoreanischstämmigen Kanadierin Celine Song, die hier eine semiautobiographische Geschichte erzählt.

Viel besser lässt sich ein Drama über Liebe, vergangene Leben, durch Schicksal verpasste oder (gemeinsam) eingeschlagene Lebenswege kaum umsetzen. Es ist gleichzeitig auch ein Film über Südkorea und die USA, über Seoul und New York, hier finden sich so viele Facetten. Auch was hier alles davon über die Bildsprache transportiert wird, wie die drei Charaktere während ihrer Dialoge von der Kamera eingefangen oder ausgegrenzt werden, wie die Städtekulissen mit eingewoben werden. Träume scheitern an der Realität, eine bittersüße Ballade.

Ferner zeigt Celine Song mit "Past Lives", welche Erfahrungen migrantische Personen als Individuum machen können. Emotional, psychologisch, die eigene Identität oder kulturelle Anpassung betreffend.
Dune - Teil 2
#6
Filmstart: 29.02.2024
Wenn man mit hoffnungsvollen, aber doch nüchternen Erwartungen (7/10 für Teil 1) ins Kino geht und dann dem Entstehen eines neuen "Star Wars" oder "Der Herr der Ringe" beiwohnt. Neue Kinoaugenöffner im Genre des SciFi-/Fantasyblockbusterepos.

Im Vergleich mit dem ersten Teil einfach next level, inszenatorisch weiterentwickelt, Teil 2 setzt die Exposition aus dem ersten Teil sinnvoll weiter fort, vertieft und komplexiert den Weltenaufbau sowie die charakterlichen und (gesellschafts)politischen Ebenen.
Guillermo del Toros Pinocchio
#5
Filmstart: 24.11.2022
Ein wunderschöner, liebevoller, leichtherziger und witziger, aber auch ein tragischer, düsterer und morbider Film, ein Dark-Fantasy-Märchen par excellence. Guillermo del Toro knüpft mit seinem "Pinocchio" an "The Devil´s Backbone" und "Pans Labyrinth" an, erzählt vom Aufwachsen eines Kindes in einem totalitären System, welches junge Menschen für Propaganda und Krieg einspannt, erzählt eine Geschichte über einen Vater und einen Sohn, die sich erst finden müssen, erzählt vom Leben und vom Tod, von Trauer und Verlustbewältigung. Del Toro wollte den Roman nicht einfach nur adaptieren, er wollte seine genuin eigene Version des Stoffes kreieren, was im Bezug auf Pinocchio schon damit beginnt, dass dessen Erschaffung einer Frankenstein-artigen Bodyhorror-Sequenz gleicht. Des Weiteren befreit Del Toro die Story dabei auch von ihren Altlasten und interpretiert deren Themen zeitgemäß, beispielsweise das Befolgen von Regeln oder den Wunsch, ein echter Junge zu werden beziehungsweise zu sein.

Del Toros Klasse und Vision gehen hier Hand in Hand mit den detailreichen und aufwendigen Stop-Motion-Animationen einer US-mexikanischen Koproduktion (ShadowMachine, The Jim Henson Company), mit Alexandre Desplats harmonischer und magischer Musikuntermalung sowie mit dem spielfreudigen Voicecast. Insbesondere Neuentdeckung Gregory Mann inklusive Gesang als neugieriger und lebensfroher Pinocchio, Ewan McGregor als erzählender und humorvoller Cricket, David Bradley als alter, trauernder und sorgender Geppetto, Ron Perlman als harter und autoritärer Regierungspolitiker, Christoph Waltz als weltgewandter und multilingualer Puppentheaterdirektor, Cate Blanchett als Affe und Tilda Swinton erhaben als Fee und Tod. Deswegen empfehle ich es, sich den Film unbedingt im Original anzusehen.

Darüberhinaus empfehle ich die Making-of-Dokumentation zum Film, die ebenfalls auf Netflix zu sehen ist.
Flee
#4
Filmstart: k.A.
Der in Dänemark lebende, homosexuelle Amin Nawabi erzählt seine bisherige Lebensgeschichte, über seine Kindheit in Kabul während des Sowjetisch-Afghanischen Krieges, nach der Machtübernahme der Mudschahidin über die sich über Jahre hinziehende Flucht seiner Familie über Russland nach Westeuropa, über sein sexuelles Erwachen und schließlich über die Schwierigkeiten, die Erlebnisse als Erwachsener zu verarbeiten und ein normales Leben mit dem Partner zu führen.

Die Dokumentation besteht dabei einerseits aus allgemeinen Realaufnahmen aus der jeweiligen Zeit und andererseits aus Zeichentrickanimation, wenn das Leben Amins und seiner Familie nachgestellt wird.

Ich habe noch keinen Film gesehen, der so gut und nachvollziehbar vermittelt, was Flucht eigentlich ist und bedeutet, und offenlegt, wie sich Flucht anfühlen muss und was es psychisch mit den Menschen macht. Dringende Sehempfehlung für jeden.
The Zone of Interest
#3
Filmstart: 29.02.2024
"The Zone of Interest" findet eine filmisch gänzlich neue Form für die Darstellung des Holocausts und des Lebens im Nationalsozialismus.

Das beginnt bereits mit der Einblendung beziehungsweise viel mehr der Ausblendung des Titels, nach und nach Verblassen die Buchstanben, bis der Titel kaum noch zu erkennen und zu lesen ist.

Mit Hilfe von Kameraperspektiven und Toneinsatz rückt der Holocaust in den Hintergrund, die visuelle Wirkmacht wird ihm verwehrt, ikonische Bilder werden zurückgewiesen. Gleichzeitig bleibt der Vernichtungsapparat dauerpräsent, wird von den Protagonisten ausgeblendet und ignoriert, bis er sich zur Normalität und zum Hintergrundrauschen entwickelt. Fenster werden geschlossen, Gardinen zugezogen, Pflanzen ranken sich verdeckend die Lagermauern empor, bis es sich nachts in Ruhe schlafen lässt; oder man wie die zu Besuch kommende (Groß)Mutter abrupt wieder abreist. Rudolf Höß möchte erbrechen, aber kann es nicht.

Im Fokus steht das (spieß)bürgerliche Alltagsleben der Familie Höß und ihrer Angestellten im Haus und im Garten, die Routine akribischer (Be)Reinigungsprozesse, die Okkupation eines neuen Lebensraumes und die Erschaffung einer neuen Heimat in direkter Nachbarschaft zum KZ. Von Jonathan Glazer wird das ekelerregend idyllisch, märchenhaft und schön in Szene gesetzt, die Blumen im Garten duften zum Erbrechen lieblich und süß. Im Zusammenspiel mit den Geschnissen im Hintergrund ergibt sich dabei ein Grauen, bei dem man als Zuseher am liebsten an der Leinwand vorbeisehen möchte, es aber nicht kann, deswegen am liebsten den Saal verlassen möchte.

Bei "The Zone of Interest" handelt es sich um viel mehr als nur um das Aufzeigen der Banalität des Bösen. Der Schrecken materialisiert sich nicht erst, wenn Menschen leiden und vernichtet werden, wenn das Leid und die Vernichtung offenkundig (auf der Leinwand) präsentiert werden. Der Schrecken materialisiert sich, wenn sich NS-Ideologie und Antisemitismus im Bürgerlichen und im Alltag manifestieren, zur Normalität werden, die Vernichtung schwelt dann bereits im Hintergrund.

Mit dem Schwenk von Höß in die Gegenwart zum Auschwitz-Museum und wieder zurück zu Höß, der in die Zukunft und auf das Kinopublikum zu blicken scheint, findet der Film ein meisterliches Ende. Das Vergangene reicht in die Gegenwart, wieder alltägliche und akribische Reinigungsprozesse, die Pflicht des Gedenkens und die Verantwortung dafür, dass sich diese Vergangenheit nicht wiederholt. So leicht, wie der Film von der mahnenden Gegenwart zurück zu Höß schneidet, kann jedoch auch die Gesellschaft wieder umschwenken, "The Zone of Interest" ist - leider - ein Film der Stunde.

Sandra Hüller verdient hier jedes Lob. Faktisch nimmt zwar Christian Friedel als Rudolf Höß die Hauptrolle ein, aber es ist Sandra Hüller, die den Film als Hedwig Höß, als "Königin von Auschwitz", schauspielerisch dominiert. Christian Friedel agiert ebenfalls souverän, allerdings mehr mit zurückhaltender und bürokratischer Routine.
Die Fabelmans
#2
Filmstart: 09.03.2023
https://www.moviejones.de/kritiken/die-fabelmans-kritik-7178.html
Close
#1
Filmstart: 26.01.2023
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42 Kommentare
1 2 3
MJ-Pat
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Raven13 : : Desert Ranger
21.04.2022 18:31 Uhr
0
Dabei seit: 13.02.16 | Posts: 7.244 | Reviews: 108 | Hüte: 642

@ luhp92

Falls ich es nicht schon gesagt habe, hier nochmal: Eine gute Idee! Dank deiner Idee habe ich kürzlich auch eine neue Topliste meiner Lieblingsfilme der 2020er erstellt. Allerdings packe ich dort von Anfang an nicht alle Filme rein, sondern nur die, die mir auch wirklich unglaublich gut gefallen haben und die höchstwahrscheinlich auch drin bleiben.

Sind deine Filme in dieser Liste nach deiner persönlichen Beliebtheit gerankt oder ist die Reihenfolge irrelevant?

Ein Zauberer kommt nie zu spät. Ebenso wenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt.

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
02.04.2022 00:16 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Hinzugefügt: Tick, Tick... Boom!

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
28.03.2022 01:19 Uhr
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Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Hinzugefügt: Free Guy

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
24.03.2022 23:04 Uhr | Editiert am 24.03.2022 - 23:09 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Würde ich gerne hinzufügen, aber noch nicht in der Datenbank.

The North Sea (OT: "Nordsjøen", Englisch: "The Burning Sea")

Ein norwegischer Katastrophenfilm von den Machern von "The Quake", der Fortsetzung von "The Wave". Hier nimmt man sich mit der Erdölindustrie einen der Kernpfeiler des norwegischen Wohlstands zur Brust und entwirft ein Worst-Case-Szenario, in dem der von 350 Ölbohrinseln durchlöcherte Meeresboden der Nordsee nachgibt und die Bohrinseln zerstört.

Der Bruder im Geiste des Nordsee-Handlungsstrangs aus "Der Schwarm".

Nicht mehr so hochspannend und dramatisch wie die beiden geistigen Filmvorgänger, im Finale zieht man sich mit ein paar Genreklischees zu einfach aus der Affäre, insgesamt aber dennoch sehenswert. Gefallen hat mir speziell, wie hier Führungspersonen der Industrie und Politik charakterisiert werden, die rationale anstatt emotionale Entscheidungen treffen und zur Not das kleinere Übel wählen müssen.

7 von 10 Punkten

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
12.03.2022 01:16 Uhr
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Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Hinzugefügt: The Batman

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
23.01.2022 03:26 Uhr
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Hinzugefügt: Life in a Day 2020

Weil kein Datenbankeintrag existiert, der Vorgänger "Life in a Day" stellvertretend.

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MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
22.01.2022 01:03 Uhr
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Hinzugefügt: House of Gucci

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MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
16.01.2022 23:19 Uhr
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Hinzugefügt: The Hand of God

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MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
15.01.2022 01:20 Uhr
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Hinzugefügt: Spencer

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
30.12.2021 02:54 Uhr
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Nicht in der Datenbank:

Die Dokumentation "14 Gipfel: Nichts ist unmöglich" über das Project Possible, die rekordbrechende Besteigung aller 14 8000er Berge innerhalb von sieben Monaten durch den Nepalesen Nirmal Purja und dessen Team.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
05.12.2021 23:22 Uhr
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Hinzugefügt: "The Power of the Dog"

Ein neuseeländsches Psychowesterndrama über Männlichkeitsbilder und den gesellschaftlichen Wandel im Nordwesten der USA der 1920er Jahre, bildsprachlich und sexuell stark aufgeladen. Von Jane Campion ("Das Piano") mit Benedict Cumberbatch, Jesse Plemons, Kodi Smit-McPhee, Kirsten Dunst und Thomasin McKenzie.

Einer der besten Filme des Jahres und Jahrzehnts bisher.

Ein Kommentar folgt noch (hoffentlich).

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
14.10.2021 23:42 Uhr
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Nicht in der Datenbank:

"Shiny_Flakes: The Teenage Drug Lord"

Ein Dokumentarfilm über die Hintergründe der deutschen Netflix-Serie "How To Sell Drugs Online (Fast)".

Maximilian Schmidt ist der Prototyp eines professionellen, pragmatisch vorgehenden, narzisstischen und skrupellosen Geschäftsmannes. Wie kann die Ware am besten verkauft und der Kunde am besten zufriedengestellt werden? Die Marktlücke sehen und schließen, Gewinnmaximierung um der Gewinnmaximerung Willen, ohne das Geld exzessiv zu verprassen, weil es eben geht und weil er es kann. An die Folgen und gesundheitlichen Schäden für seine Kunden verschwendet Schmidt dabei keine Gedanken, denn wenn er die Drogen nicht verkaufe, tue es halt jemand anderes.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
12.10.2021 07:58 Uhr
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Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Hinzugefügt:
"James Bond: No Time To Die"

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
03.10.2021 20:46 Uhr
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Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Hinzugefügt:
"Wonder Woman 1984"
"Dune" (in Abhängigkeit von der Produktion des zweiten Teils)

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
11.09.2021 19:38 Uhr
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Hinzugefügt:
"Godzilla vs Kong"
"The Witcher: Nightmare of the Wolf"

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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