Bewertung: 2.5 / 5
Superman ist tot, die Welt ist angreifbar. Batman und Wonder Woman stellen ein Team zusammen, um das entstandene Machtvakuum auszufüllen und die Erde vor Angriffen von außerhalb zu schützen. Damit sind sie auch keine Minute zu früh am Werk, denn Bösewicht Steppenwolf macht sich schon daran drei auf der Erde versteckte Artefakte zusammenzutragen, um die Erde zu terraformen und seinen Status als New God wiederzuerlangen. Verstärkt durch den superschnellen, aber mit der Situation überforderten Flash, den mit den Artefakten verbundenen Cyborg und den Unterwasserbarbaren Aquaman, machen sich Batman und Wonder Woman auf, Steppenwolf das Handwerk zu legen. Und Superman? Der ist vielleicht gar nicht so unwiederbringlich tot, wie es den Anschein hat...
Ambitionen sind was schreckliches, an denen muss man sich nämlich messen lassen. Zeigt ein Freund einem sein neuestes Meisterwerk, das van Gogh wie einen betrunken Volltrottel aussehen lassen soll, das aber eigentlich nicht viel mehr ist als die Kritzeleien auf irgendwelchen Toilettenwänden, ist die Enttäuschung wahrscheinlich groß. So ungefähr war es auch mit „Batman v. Superman“. Klar, er geriert sich als tiefgründiger und vielschichtiger Film, aber letztendlich ist er eine ziemlich leere Angelegenheit. „Justice League“ geht da, zumindest in seiner jetzigen Form, einen anderen Weg: verschwunden sind die Prätentionen einer irgendwie gearteten Tiefe, hier steht offensichtlich der Spaß im Vordergrund. Funktioniert das? Naja...
Trailer zu Justice League
Es scheint fast unfair, „Justice League“ bewerten zu wollen, weil man ihm an jeder Ecke die komplizierte und von Schicksalsschlägen geplagte Produktion ansieht. Daran gemessen ist er auch besser (bzw. unterhaltsamer, aber dazu kommen wir später), als man erwarten sollte. Aber wirklich „gut“ ist er nicht. Die vom Studio auferlegte Laufzeit von ca. zwei Stunden lässt keine Zeit für Langeweile aufkommen, gibt aber auch keiner Szene einen Moment zum Atmen. Der Film rast von Szene zu Szene, von Plotpunkt zu Plotpunkt und funktioniert deshalb eigentlich nur, weil der Zuschauer durch unzählige Superheldenfilme vergleichbarer Art konditioniert ist. Brachte „Logan“ den Superheldenfilm Anfang des Jahres noch in ein neues, selbstreflektierendes Zeitalter, fühlt „Justice League“ sich im Gegensatz ziemlich altmodisch an. Das ist natürlich vollkommen in Ordnung, wenn der Film wenigstens kompetent ist.
Hier kommen aber die Probleme am Stärksten zum Vorschein, denn die vom Studio angesetzte Schere führt zu Sprüngen in der Handlung, aber auch zu Actionszenen, die nur schwer zu verfolgen sind. Besonders offensichtlich wird das im Finale, wenn Aquaman (mit ansteckendem Spaß an der Sache von Jason Momoa dargestellt) und Wonder Woman Bösewicht Steppenwolf verkloppen. Wer da wo in Relation zu wem steht, ist kaum ernsthaft herauszulesen, es bleibt nur ein Ablauf von Pixelgewirr übrig. Das ist insoweit schade, als dass man Zack Snyder zwar die Intention und Ausführung seiner Filme vorhalten kann, seine Actionszenen aber meistens ganz gut inszeniert sind. In „Justice League“ fehlt aber Verbindungsmaterial, dass den Actionszenen einen erkennbaren Flow, einen kohärenten Ablauf verleiht. Es wird sich zeigen, ob die Heimkinoauswertung hier Abhilfe verschafft.
Der Plot ist ziemlicher Standard, verläuft nach dem Marvelschema von „Bösewicht will Artefakt, Helden müssen ihn aufhalten, etc. pp.“. Innerhalb dieses Gerüsts gibt es wenig überraschendes oder gar neues. Hervorzuheben ist allerdings die Backstory der Mutterboxen. Ungeschickt in einen Spaziergang am See montiert, führt sie zu einigen unfreiwilligen Lachern mit ihren Anleihen an die „Herr der Ringe“-Filme. Unterhaltsam (und mit Green Lantern-Cameo), aber nicht wirklich gut.
Abseits hiervon bleiben die Charaktere und deren Dynamik untereinander. Diese sind meistens recht unterhaltsam, selbst der von der Kritik geschundene Cyborg zeigt Potential. Besonders hervorzuheben ist aber Ben Affleck als der Dunkle Ritter: sollte dies wirklich sein letzter richtiger Auftritt sein, wäre das tatsächlich sehr schade. Affleck überzeugt sowohl als grummeliger Playboy, sowie als Caped Crusader. Sein Character Arc, mehr angedeutet als wirklich dramatisiert, ist ein nämlich ein guter. Geschockt von seinen eigenen Taten im Vorgängerfilm und geplagt von seinem schlechten Gewissen, versucht er alles daran zu setzen, seine Fehler wiedergutzumachen, am Ende sogar einen Heldentod zu sterben, wenn es sein muss. Das ist fruchtbares Material, das zu Afflecks von „The Dark Knight Returns“ inspiriertem alterndem und vom Leben gezeichneten Batman passt und aus dem man einen guten Film hätte machen können – hätte man dem Ganzen eben Luft zum Atmen gegeben. Wie präsentiert bleibt aber nur ein Gerüst dieser Idee.
Und wo wir gerade beim Gerüst einer Idee sind: zum Bösewicht Steppenwolf sollen natürlich auch ein paar Worte verloren werden. Viel Aufriss wurde bereits um seine Realisierung als CGI-Effekt bzw. deren Qualität gemacht. Darauf wird nicht eingegangen, denn ein schlechter Effekt kann mMn einen guten Film nicht schlecht, einen schlechten Film nicht noch schlechter machen und wirklich neues gibt es dazu außerdem auch nicht zu erzählen. Interessant ist aber seine Fixierung auf „Mutter“. Es stellt sich die Frage, ob in einer ursprünglichen Fassung Steppenwolf das „Mutterthema („MARTHAAAA!“) des Vorgängerfilms aufgegriffen hat, „Justice League“ ursprünglich also einen Pay Off für eine der dümmeren Ideen in „Batman v. Superman“ hatte. Ob eine verlängerte Fassung, sollte sie trotz des Behind the Scenes-Debakels erscheinen, diese Frage beantwortet, bleibt interessant. Ansonsten ist Steppenwolf ein recht eindimensionaler Antagonist, über den wir außer seinem Ziel nicht viel erfahren. Die Zeiten, in denen DC-Filme mit ihren Bösewichten punkten konnten, scheinen vorbei. Man wünscht sich Michael Shannon (wahrscheinlich das Highlight des zerfahrenen und konfusen „Man of Steel“) oder die popkulturelle Ikone Heah Ledger zurück. Eigentlich wollte ich den Vergleich zur Konkurrenz zwar vermeiden, trotzdem muss ich hier in Richtung „Avengers“ und deren Antagonisten Loki schielen. Fairerweise muss man jedoch sagen, dass „Justice League“ den Vergleich selbst willkommen heißt, wenn man Steppenwolfs ersten Auftritt mit der Eröffnungsszene des Vorbilds vergleicht. Wo Steppenwolf sich in leerer Pose verliert, präsentierte Whedon in „Avengers“ einen Loki, der nicht nur offensichtlich Spaß an seiner eigenen Boshaftigkeit hat, sondern dessen Motivation in jeder Szene klar erkennbar ist und über „Ich will Artefakt X, um damit Y anstellen zu können“ hinausgeht. Ein bisschen „Scenery Chewing“, ein bisschen inneren Konflikt, ein bisschen nachvollziehbare Motivation helfen dem Zuschauer, den Bösewicht zu verstehen, ihn gleichzeitig zu mögen und zu hassen. So etwas hätte Steppenwolf gut getan, hätte der Zusammenkunft der Liga der Gerechten eine gewisse Epik verleihen können. Vielleicht beim nächsten Mal – sollte es ein nächstes Mal geben.
Trotz aller Negativität ist „Justice League“ aber keine wirklich freudlose Angelegenheit. Die Darsteller haben Chemie, die Teambuilding-Szenen sind charmant und unterhaltsam (Aquaman und das Lasso) und an manchen Stellen sind auch ein paar unfreiwillige Lacher versteckt, die zwar natürlich nicht als gut zu verteidigen sind, das Filmvergnügen aber trotzdem steigern. Der Kurswechsel steht dem DCEU ganz gut zu Gesicht und die zweite Post Credit-Szene deutet eine Richtung an, die sich angenehm von Marvel unterscheidet und der ganzen Angelegenheit in der Zukunft etwas Eigenständigkeit verschafft. Man darf gespannt sein, ob das Unternehmen DCEU ein Erfolg wird. Die Zutaten sind erkennbar, jetzt braucht es einen guten Koch.