Bewertung: 3 / 5
Fans des ersten Teils werden auch bei der Fortsetzung Es - Kapitel 2 nahezu komplett auf ihre Kosten kommen. Doch der mit Stars vollgepackte Horrorfilm kann ebenso wenig wie der erste Teil verdecken, dass sein Grusel vor allem nur auf CGI-animierten Schreckmomenten basiert. Da dieses Mal aber die "Coming of Age"-Komponente der Handlung nicht mehr der zentrale Dreh- und Angelpunkt ist, geht dem Film viel von dem Charme verloren, der über die Probleme des Vorgängers hinwegtäuschen konnte. In Es - Kapitel 2 kommen diese Stolpersteine nun etwas deutlicher zum Vorschein und machen aus der Fortsetzung leider keinen großartigen, sondern "nur" einen sehr sehenswerten Horrorfilm.
Es - Kapitel 2 Kritik
Trailer zu Es - Kapitel 2
27 Jahre sind vergangen, seit der Club der Verlierer den bösen Clown Pennywise besiegt hat und wieder Ruhe und Frieden in Derry eingekehrt sind. Aus den Kindern von einst sind Erwachsene geworden und bis auf bis auf Mike (Isaiah Mustafa) haben alle ihr Glück in der Ferne gesucht und zum Teil auch gefunden. Doch dann beginnen die Morde erneut und Mike ruft seine Freunde, um ein lange zurückliegendes Versprechen einzulösen. Können sie es diesmal schaffen, Pennywise dauerhaft zu vernichten...?
2017 war Es eine echte Sensation, denn die moderne Verfilmung von einem der bekanntesten Romane Stephen Kings schaffte es auf Anhieb, Rekorde im Horrorgenre zu brechen und spielte weltweit trotz R-Rating 700 Mio. $ ein. Warner Bros war es gelungen, den Mammutwälzer weitgehend authentisch auf die Leinwand zu bringen. Doch war die Geschichte zu dem Zeitpunkt nur zur Hälfte erzählt worden und nun macht sich Regisseur Andrés Muschietti daran, das zu vollenden, was damals handlungsmäßig noch fehlte. Dabei nimmt er sich alle Zeit der Welt, denn wo der erste Teil für einen Horrorfilm bereits erstaunlich lang war, schießt er mit Es - Kapitel 2 und 169 Minuten fast schon übers Ziel hinaus.
Doch gibt es andererseits auch viel zu erzählen. Wie im TV-Zweiteiler Stephen Kings Es von 1990 wurde die Handlung mit der ersten Vernichtung von Pennywise beendet und der zweite Teil konzentriert sich vor allem auf die Geschichte des Clubs der Verlierer als Erwachsene. Hier galt es nun, für die talentierten Jungstars entsprechend hochwertige ältere "Nachbildungen" zu finden. Die Suche gelang, denn schauspielerisch gibt es an Es - Kapitel 2 nichts zu bemängeln und man hat viel getan, um die Geschichte mit Stars wie Jessica Chastain oder James McAvoy aufzuwerten. Es - Kapitel 2 will sich von typischen Horrorfilmen distanzieren, indem entsprechend hohe Produktionswerte geboten werden, die den Film auch ungeachtet der Laufzeit aus der Masse typischer Genreproduktionen abheben.
Das Ergebnis ist ein extrem atmosphärischer Film, der von seinem Spiel mit den Bildern und dem Grauen, das in Derry lauert, lebt. Viel zur Atmosphäre trägt auch erneut Pennywise-Darsteller Bill Skarsgård bei, der dem Clown das erforderliche diabolische Auftreten verleiht. Leider hat man es aber versäumt, ein wenig aus den Problemen des Vorgängers zu lernen. Denn für Genrekenner war dieser schon nicht besonders gruselig, entstanden die meisten Gruselmomente deutlich sichtbar im Computer und beschränkten sich für gewöhnlich auf Jump Scares. Auch Es - Kapitel 2 bietet so viel Qualität, patzt aber in dem Segment, worauf es wirklich ankommt: Subtilen Horror zu liefern, der einen packt. So gut es auch gelingt, den Club der Verlierer und Derry darzustellen, so wenig schafft man es, das bedrückende Grauen auf die Leinwand zu bannen, welches im Buch so atemraubend beschrieben ist.
Letztlich bleibt Es - Kapitel 2 damit aber sich und dem Vorgänger treu, wer 2017 somit schon zufrieden war mit dem Ergebnis, wird hier wenig auszusetzen haben. Einzig die Sympathie zu den Figuren ist unserer Meinung nach zu den Erwachsenen nicht mehr ganz so ausgeprägt, wie es noch bei den Kindern der Fall war. Denn die Stärke von Es war es auch, eine Coming of Age-Story im Geiste eines Stand by Me - Das Geheimnis eines Sommers zu erzählen; dieser Pluspunkt fehlt Es - Kapitel 2 notgedrungen durch die Vorlage und darüber können auch die ganzen Rückblenden nicht hinwegtrösten. Mit diesem Problem hatte man aber bereits 1990 zu kämpfen.
So bleibt festzuhalten, dass Es - Kapitel 2 nicht ganz die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllen kann und ein wenig straffere Laufzeit der gesamten Geschichte wohl auch gut getan hätte. Dennoch muss man dem Team um Andrés Muschietti Respekt zollen, dieses Mammutwerk auf die Leinwand gebracht zu haben und dabei den Mut bewiesen zu haben, weitgehend buchgetreu geblieben zu sein.