Bewertung: 3 / 5
Nur wenige Wochen nach Top Gun - Maverick liefert Regisseur Joseph Kosinski mit Der Spinnenkopf seinen zweiten Film in diesem Jahr ab. In den Hauptrollen ist mit Chris Hemsworth, Miles Teller und Jurnee Smollett ein spielfreudiger Cast zu sehen, der sich für eine durchwachsene Geschichte hergibt. Trotz der mauen Auflösung weiß der Netflix-Streifen mit einigen interessanten Fragestellungen und Wendungen aufzuwarten.
Der Spinnenkopf Kritik
In einer nicht so fernen Zukunft werden auf einer Gefängnisinsel Feldstudien mit neuartigen Präparaten durchgeführt, die bei Verabreichung das Empfinden verändern. Verurteilte Verbrecher wie Lizzy (Smollett) und Jeff (Teller) erklären sich zu den diabolischen Experimenten bereit, um ihre Haftzeit zu verkürzen. Im Zentrum des Geschehens steht der rätselhafte Gefängnisdirektor Steve Abnasti (Hemsworth), der mit seinem kumpelhaften Auftreten die Versuchsreihe leitet und für seine Insassen stets ein offenes Ohr zu besitzen scheint. Schon bald bröckelt seine zwielichtige Fassade...
Trailer zu Der Spinnenkopf
Der Spinnenkopf wirkt bei Beginn ein wenig so, als ob man sämtliche Gebote des Filmemachens abgrast: Kameraführung, Schnitt und Dialoge erscheinen wunderbar konsistent und das verantwortliche Drehteam beherzigt sehr oft die einfache Regel "Show, don´t tell". Das sorgt nicht nur dafür, dass man die Figuren und ihre Motivationen ernst nimmt, sondern auch, dass die präsentierte Welt glaubwürdig erscheint. Beispielsweise werden Informationen nur beiläufig vermittelt. Auch legt der von Teller gespielte Jeff in einer Schlüsselszene des Sci-Fi-Thrillers ein cleveres Verhalten an den Tag.
Die von Kosinksi verfilmte Handlung, die auf einer Kurzgeschichte basiert, scheut sich im Übrigen nicht davor, einige unangenehme Sexszenen zu präsentieren - so richtig verstörend wird es aber nie, da Hemsworth die Stimmung immer wieder mit einigen treffsicheren Sprüchen aufzulockern weiß. Diese Humoreinlagen muss man aber mögen. Der Einsatz unterschiedlicher Präparate, die die Stimmung der Probanden im Zuge der Testsituationen verändern, ist in jedem Fall ein Konzept, das sich frisch anfühlt und emotionsgeladene Momente garantiert.
Hierbei hätten wir uns aber mit fortschreitender Dauer mehr Mut zur Düsternis gewünscht, da die Anlagen dafür zweifellos vorhanden sind. Das Kammerspiel wartet dennoch mit einigen interessanten Ideen und Wendungen auf, die zum Philosophieren einladen. Andere Genre-Beiträge wie Alex Garlands Ex Machina oder die dystopische Anthologieserie Black Mirror hat man anscheinend genauestens studiert, um eine ähnliche Atmosphäre zu bieten.
Leider geht der vielversprechenden Prämisse von Der Spinnenkopf zum Ende hin die Puste aus, was darin ausgemacht werden kann, dass sich die Logiklücken der Handlung stapeln und die Geschichte merklich an Fokus verliert. Die Autoren stehen sich dabei mit einer deutlich zu einfachen Auflösung der interessanten Story selbst im Weg. Hätte man das spannende Szenario um Versuchsreihen zum Wohle der Menschheit und Medikamentenmissbrauch weitergesponnen (haha) und sich nicht dem kompletten Klamaukrepertoire bedient, wäre hier mehr drin gewesen!
Der Eindruck einer unausgegorenen Dosierung wird auch von einem im Finale eingesetzten Musikstück gestützt, das aus dem sonst stilsicheren und fröhlichen Synthie-Soundtrack negativ heraussticht. Die Wahl der übrigen Songs konterkariert ziemlich treffend das beklemmende Gefängnisszenario, das zwar mit einigen Freiheiten, aber auch mit zahlreichen belastenden Situationen für die Inhaftierten aufwartet.
Den Stars Chris Hemsworth, Miles Teller und Jurnee Smollett merkt man in jedem Fall an, dass sie Lust hatten, bei der Geschichte mitzuwirken. Insbesondere Hemsworths Studienleiter Steve Abnesti kitzelt das Gemüt ordentlich, wenn er herrlich böse lacht oder sich bei seinen Opfern mit dem für CEOs heute so typischen sprachlichen Manierismen und Verhaltensweisen anbiedert.
Wer darauf gehofft hat, dass man etwas über die Welt außerhalb der Gefängnisinsel erfährt, wird jedoch enttäuscht: Futuristische Elemente sind lediglich durch die verabreichten Medikamente eingestreut worden. Deshalb spielt es bei dem präsentierten Geschehen auch nur eine geringfügige Rolle, ob das Setting in unserer Gegenwart oder einer "nahen Zukunft" angesiedelt ist.
Grundsätzlich können wir Der Spinnenkopf empfehlen, wenn man auf eine kurzweilige Geschichte Lust hat und sich humorvolle Zerstreuung wünscht. Der Film bietet einige spannende Pattsituationen, wobei die finale Konfrontation nicht mit der interessanten Ausgangslage mithalten kann. Fans von Hemsworth und Teller werden mit ziemlicher Sicherheit auf ihre Kosten kommen (und dürfen gern einen halben Hut addieren), doch Netflix hat die Chance verspielt, uns mit dem Science-Fiction-Thriller eine schweißtreibende Euphoriespritze zu injizieren.
Wiederschauwert: 30%