Bewertung: 3.5 / 5
Im Jahr 1970 gründen der exzentrische Freddie Mercury (Ramie Malek), Brian May (Gwilym Lee), Roger Taylor (Ben Hardy) und John Deacon (Joseph Mazzello) die Band Queen. Schnell feiern sie ihre ersten Erfolge und produzieren Hit um Hit. Doch insgeheim kämpft Mercury mit seiner eigenen Identität und versucht sich mit seiner Homosexualität zu arrangieren.
Wahrheit und Fiktion sind in einer nicht enden wollenden Dualität, die die Frage aufwirft, worum es in einem Film gehen sollte. Schaut man sich die Filme an, die häufig Preise gewinnen und noch häufiger für eben jene nominiert werden, dann wird klar, daß Menschen das offensichtlich mögen, mit der vermeintlichen Wahrheit konfrontiert zu werden. Objektivität ist der Maßstab und dennoch rein psychologische betrachtet ein Ding der Unmöglichkeit. Und das liegt mal ganz abgesehen von faktischen Gegebenheiten, die die Geschichte immer und immer wieder aufweist und aufweisen wird, einfach an der Tatsache, daß sich wohl jeder Mensch in Form einer gewissen subjektiven Realität befindet, die von erblichen und sozialen Faktoren im Verlauf des Lebens beeinflusst und gewandelt wird. Kurz um, es kann also nicht die eine Wahrheit geben. Diesen kleinen Exkurs vorausgeschickt, wird die Wahrheit im Falle des Lebens immer wieder von der Mehrheit definiert. So bei Normen, so bei der Geschichte und dann muss man sich fragen, ob man dieser Mehrheit auch angehören möchte, oder eben nicht. Zumindest sollte man sich diese Frage immer wieder bei den unterschiedlichsten Dingen stellen. Im Falle von Bohemian Rhapsody könnte so eine Frage zum Beispiel lauten, ob denn Queen als Band, wirklich jemals gute Musik gemacht hat, die auch etwas bedeutet.
Augenscheinlich ist das so, nett ausgedrückt würde ich an der Stelle behaupten, es ist wie mit Rocketman (2019) ein Jahr später eben Musik, die kaum etwas Gewagtes zu sich hat. Nichts daran ist provozierend, abseits der Persönlichkeiten hinter dem Werk vielleicht. Für Menschen, die im Punk oder im Rap beheimatet sind, schwer zu ertragen und ja es stimmt, Queens Musik, die hier natürlich das Verkaufsargument schlecht hin darstellt, ist in vielerlei Hinsicht vielen Hollywoodfilmen nicht unähnlich. Sie ist banal. Da muss man sich nichts vormachen. Wenngleich das titelgebende Lied hier zumindest rein handwerklich einen besonderen Stand hat, so ist das Lied an sich doch irgendwie zu seicht und das hat im Falle von Musik, aber auch im Falle von Kunst immer Probleme zufolge. Geht man also von einem Lied wie Bohemian Rhapsody aus und interpretiert es. Dann bleiben immer noch genügend Leerstellen und es könnte dabei eben genauso gut alles und nichts bedeuten. Im Falle von Queen und im Vergleich zu den sonstigen Texten, die die Band so zustande brachte, kann man sehr stark davon ausgehen, daß das alles nichts bedeutet. Und selbst wenn man es nicht verstehen kann, weil es so komplex wäre, müsste man sich dann am Ende immer noch die Frage stellen, warum man Kunst zur Welt bringt, die man niemals verstehen wird. Das ergibt ja nicht wirklich Sinn und ja, man könnte auch die Frage aufwerfen, ob Kunst das muss, oder eben nicht. Wie Kunst entsteht oder eben nicht und so weiter und so fort. Doch der Punkt an Kunst und ganz besonders auch an Filmen, um diese Brücke zu schlagen, ist, daß sie immer politisch aufgeladen sind und daher auch etwas sagen, wenn sie nichts sagen. In diesem Falle ist tatsächlich aber auch alles andere spannender, als die Musik in Bohemian Rhapsody.
Nun ist ein homosexueller, aus einer Einwandererfamilie genau das, was die Academy liebt. Und wie sich zeigte, würden sie das auch loben. Von einem großen Film ist das Werk aber auch zu weit entfernt, weil diese Musikerbiographien, in der Regel auch sehr häufig sehr gleich ablaufen. Auch hier darf gerne wieder die Elton John-Geschichte zum Vergleich genommen werden. Nun kann man Singers Werk vielleicht nicht vorwerfen noch vor dem anderen Ding entstanden zu sein. Und im direkten Vergleich sollte man Bohemian Rhapsody auch sicherlich immer vorziehen. Zwar laufen die Geschichten relativ gleich ab, nur sind die Charaktere, insbesondere die Hauptfigur Freddie Mercury wesentlich komplexer. Im ebenso erwartbaren Konflikt, der aus blinder Liebe und Erfolg resultiert, ist Mercury nicht mehr der strahlende Held, der einfach reingelegt wurde. Natürlich, in gewisser Weise wird er zwar reingelegt, doch der Unterschied ist hier auch, daß Mercury tatsächlich auch mal als unerträglicher Junkie gezeigt wird, dem der Erfolg komplett zu Kopf steigt. Da gibt es dann mitunter auch Momente, wo man mit diesem Mann gar nichts mehr anfangen kann und ihn als ein wahres Monstrum ansieht. Und das eben nicht nur, weil er von irgendwem reingelegt wird. Das ist alles seine freie Entscheidung. Zwischen Drogen Sex und weiteren Exzessen, sieht man dann im Stile eines klassischen Rise-an-Fall-Films auch, wie Mercury sich immer mehr in die Abwärtsspirale bewegt. Und das hat schon was zu sich, wenngleich der Film hier durchaus auch hätte expliziter sein müssen, um das ganze nicht wie einen Kindergartenstreit wirken zu lassen.
So richtig mit einer wirklichen Geschichte hält sich der Film nicht auf und wirkt eher wie ein klassisches Best-of, wo ab, und zwar mal ein paar Dialoge vorkommen. Das mag zwar als reine Unterhaltung relativ immersiv sein, ist aber als Kunstwerk dann wiederum fast schon belanglos. Was natürlich ganz deutlich im Raum schwebt, ist immer die Frage, ob es all die Strapazen wert ist. Der Film lässt relativ offen, was Mercury jetzt letzten Endes in den Untergang geführt hat. War es seine Beziehung zu Paul Prenter, oder eben seine eigene Unfähigkeit. Natürlich braucht ein Film auch immer einen Antagonisten. Wenngleich man hier schon relativ differenziert auf diesen Mann blickt, der Mercury eventuell war, oder eben auch nicht. Das ist nicht tiefgründig, ebenso wenig wie es die Musik von Queen ist. Doch insgesamt relativ unterhaltsam und bedingt durch die teils spektakulär gefilmten Konzerte und flotten Übergänge zwischen den einzelnen Szenen durchaus ganz kompetent gemachte Unterhaltung.
Die Wahrheit ist eine Antwort, die man in allem sucht. Die Wahrheit wird man aber glücklicherweise in Bohemian Rhapsody nicht finden. Der Film ist eigentlich von Anfang bis Ende erwartbar und es passiert da auch sonst nichts Außergewöhnliches. Natürlich treiben die Subtexte ein wenig mehr aus der Materie und auch das Spiel von Malek sorgt dafür, daß der Film sich etwas über die Mittelmäßigkeit retten kann.