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Civil War

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Civil War Kritik

Civil War Kritik

Civil War Kritik
2 Kommentare - 18.04.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Civil War" ist.
Civil War

Bewertung: 4 / 5

Die Vereinigten Staaten sind im Bürgerkrieg. Während ein Präsident (Nick Offerman) bereits in seine dritte Amtszeit geht, führt er einen Krieg gegen Texas und Kalifornien und schockiert das Volk mit bestialischen Luftangriffen. Doch es gelingt ihm nicht, die Staaten in die Knie zu zwingen. In dieser unruhigen Zeit machen sich die Journalisten Lee Smith (Kirsten Dunst), Joel (Wagner Moura), Sammy (Stephen McKinley Henderson) und Jessy Cullen (Cailee Spaeny) auf den Weg nach Washington, um das Chaos zu dokumentieren und ein Interview mit dem Präsidenten zu führen.

Als Radikale das Kapitol in den Staaten am 6. Januar 2021 stürmten, war das ein erschreckender Moment. Die amerikanische Demokratie auf dem Prüfstand, die Versinnbildlichung der Spaltung einer Gesellschaft und mittendrin die Machtlosigkeit oder gezielte Entziehung der eigenen Verantwortung vor dem Staat und vor der so geliebten Freiheit. Es war ein eindringlicher, recht absurder, surrealer Moment, der das Land prägen sollte. Im Ganzen, wie auch im Einzelnen und daß er das tat, zeigt Alex Garland in seinem dystopischen Werk Civil War. Nun könnte man lange darüber diskutieren, wie subversiv das ist, wie subversiv man das Kino braucht und im Zuge dessen sollte man vielleicht auch noch einmal die geistigen Aussetzer Ex Machina (2015) und Auslöschung (2018) besprechen. Klar ist, Garland war nie ein intellektueller Filmemacher, wenngleich es Leute gibt, die das anders sehen. Und so ist es dennoch verwunderlich, daß er sich daran inzwischen wohl auch nicht mehr versucht. Denn jedwede Art vermeintlicher Subtilität, durch Metaphern oder eine Analogie auf die derzeitige Gesellschaft gibt es in Civil War nicht. Es gibt nicht einmal mehr das Individuum und man könnte argumentieren, daß der Film in einer Videospieltradition steht, weil Figuren von A nach B gehen und Figuren so einfach gehalten sind, daß sie quasi eine Rollenspielfunktion einnehmen. Ob Civil War damit aber noch ein Film ist, steht auf einem anderen Blatt.

Trailer zu Civil War

Nun zu Beginn dieser Analyse würde ich gerne mal eine Frage in den Raum werfen und eine Art Dialog schaffen, um zu erklären, warum Civil War eigentlich ein ziemlich guter Film ist. In Zeiten der Postmoderne, in der jedwede Erklärung zum Leben und Gesellschaften und Göttern und Nicht-Göttern und allem möglichen bereits gegeben ist, wozu braucht man dort noch eine verschachtelte Metapher? Civil War nimmt jeden Subtext heraus, es ist klar, daß Figuren hier die Trump-Ära kompensieren und sie auch ansonsten irgendwo ob des Chaos in den Straßen einfach überfordert sind. Das zumindest sieht man in diesen namenlosen Gestalten Lee Smith und Joel. Garland zeichnet hier den Sturz einer Demokratie und zeichnet ihn aus einem Berufsfeld heraus, daß die Beobachtung vorsieht. Journalisten sind auf einer Meta-Ebene die Zuschauer. Denn ein Journalist beobachtet, bewertet und beschreibt die Realität, steht ihr aber – so zumindest die These – chancenlos gegenüber. Nun kann man das ja aufdröseln und man muss sagen, daß die gezeigten Bilder, die hier wirklich noch als Bilder funktionieren sollen, dem Zuschauer ja auch ein Bild vermitteln. Und das ist das Bild der puren Anarchie, in der es für die Reporter, ergo den Zuschauer, keine Möglichkeit mehr gibt als zu beobachten. Journalisten sind hilflos, aber befinden sich in einer Katastrophe, aus der es kein entrinnen gibt. Sie sind hilflos, weil sie nicht kämpfen.Und darin knüpft Garland ohne jedwede Subtilität auch an die Idee von The Purge: Anarchy (2014) an.

Und dann ist natürlich die Frage, inwieweit der Film den Zuschauer dazu animieren möchte, nicht mehr bloß als Zuschauer zu fungieren. Letzten Endes ist die bittere Erkenntnis, daß Aktionismus unweigerlich zum Ende führt. Das zumindest suggeriert Civil War, wenn er sich auf sein Ende zu bewegt. Nun könnte man dem Film an anderer Stelle vorwerfen, daß er nicht genügend Erklärungsansätze gibt und damit auch sehr seicht bleibt. Ja, Civil War ist vermutlich einer der eindeutigsten Filme der letzten zehn Jahre. Und dennoch ist das genau kein Schwachpunkt, sondern eine Stärke. Also auch eine Stärke. Denn wir brauchen keine Erklärungsmodelle, wir brauchen auch keine subtile, verschachtelte Idee, die uns letzten Endes zu dem Schluss führt, daß wir glauben, wir hätten irgendwas Schlaues gesehen, weil wir es nicht gänzlich verstehen oder glauben es nicht zu verstehen. Das wiederum konnte Garland zuvor jedenfalls mit seinen Pseudo-Kunstwerken im Science-Fiction-Bereich ganz gut. Nein, Civil War ist da anders. Drastisch, blutig, kraftvoll in diesen Bildern und dennoch merkt man eben als der Beobachter, wie abgestumpft und abgeklärt man doch diese Dinge betrachtet. Garland zeichnet eindrucksvolle Bilder, aber sie wirken nicht, weil wir als Menschen eben ob jedweder Gewalt und Absurdität abgestumpft sind. Deswegen stellen Skandale auch heute im filmischen Bereich kaum noch Skandale dar. Man hat alles schon gesehen und es gab auch alles schon zuvor.

Der Film schreit einen förmlich an, man möge „endlich die Augen öffnen“ und er weiß auch, daß er daran scheitern muss. Denn dafür liefert er zu wenig emotionalen Tiefgang. Dieser wiederum passte aber auch nicht, weil Garland schon der Auffassung ist, daß man sich sein eigenes Bild machen sollte. Und damit ist der Film letzten Endes eine dokumentarische Liebeserklärung an den Journalismus und gleichzeitig eine Kritik am Mensch als denkendes, aber wohl zu anpassungsfähiges Lebewesen. Großartig transportiert wird das dazu noch von einem brillanten Cast. Kirsten Dunst war vermutlich seit Melancholia (2011) nicht mehr so gut und wird es vermutlich auch nicht mehr. Wagner Moura stellt ein perfektes Bindeglied dar und Cailee Spaeny liefert nach Priscilla (2023) erneut eine großartige und andersartige Leistung. Jesse Plemons hat erneut einen so immersiven, drastischen Auftritt. Einfach atemberaubend. Und dann ist Civil War letzten Endes die Versinnbildlichung des Konzeptes von „Show, don’t Tell“, was den Film im gesamten sehr straff, sehr schnell und sehr atemlos wirken lässt. Es ist einfach großartig.

Nein, wirkliche Gedankengänge und politische Erklärungen liefert Civil War nicht. Letzten Endes ist es ein sich bewegendes Gemälde, daß eine dystopische Welt zeichnet, die der Realität erschreckend nahekommt. Inhaltlich ist das nicht tiefsinnig, aber durch großes Schauspiel und eine sehr straffe Erzählweise eindrucksvoll und damit nie langweilig.

Civil War Bewertung
Bewertung des Films
810

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2 Kommentare
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ProfessorX : : Moviejones-Fan
19.04.2024 17:20 Uhr
1
Dabei seit: 17.05.14 | Posts: 944 | Reviews: 1.062 | Hüte: 43

@Raven13

Ja, mitgenommen wurde ich prinzipiell davon auch. Nur sehe ich darin keine tiefsinnige Erkenntnis. Es ist drastisch, aber irgendwo auch sehr einfach gehalten und das ist im Prinzip mein Problem damit ^^

Mit den Figuren hatte ich tatsächlich weniger Probleme und fühlte mich dahingehend sehr stark an New Hollywood erinnert.

Consider that a divorce!

MJ-Pat
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Raven13 : : Desert Ranger
19.04.2024 08:48 Uhr
0
Dabei seit: 13.02.16 | Posts: 7.239 | Reviews: 108 | Hüte: 642

@ ProfessorX

Schöne Kritik!

Ich habe den Film auch am Mittwoch Abend im Kino gesehen und fand und finde ihn rückblickend ebenfalls sehr stark, aber auch extrem beängstigend, wenn Krieg da stattfindet, wo man sich eigentlich immer sicher gefühlt hat. Sowas möchte ich niemals erleben, und sowas wünsche ich auch niemand anderem.

In einer Sache bin ich jedoch anderer Ansicht:

"Der Film schreit einen förmlich an, man möge „endlich die Augen“ öffnen und er weiß auch, daß er daran scheitern muss. Denn dafür liefert er zu wenig emotionalen Tiefgang."

Mich hat der Film emotional sehr stark gepackt und mitgenommen. Nicht einmal, weil mir die Figuren so sehr ans Herz gewachsen sind, sondern vielmeher wegen der Situation an sich und die Angst um das Leben der Menschen, die man im Film sieht, ebenso die Abscheu gegenüber Menschen, die den Krieg genießen und aktiv töten, weil es ihnen offenbar gefällt. Ich wollte immer, das das alles aufhört und hatte gehofft, dass alle heil herauskommen, obwohl sie mir teilweise unsympathisch waren.

Ein starker Film, trotz der eigentlich flachen Story und der teils unsympathischen Figuren, mit denen ich trotzdem irgendwie mitgefiebert habe.

Ein Zauberer kommt nie zu spät. Ebenso wenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt.

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