Bewertung: 2 / 5
Die Party zum Abschied von Auswanderer Rob wird jäh gestört, als irgendetwas New York attackiert. Schnell wird klar, dass es sich nicht um einen Terrorangriff handelt, sondern ein riesiges Monster aus dem Ozean gestiegen ist, das nun, wie riesige Monster das so an sich haben, die Küstenstadt zu Kleinholz schlägt. Während das Militär mit aller Macht versucht, dem Wesen einhalt zu gebieten, machen sich Rob und ein paar Freunde auf den Weg durch die im Chaos versinkende Stadt, denn Robs Liebschaft Beth liegt schwerverletzt in ihrem Appartement und wartet auf Rettung...
Spätestens seit „Godzilla“ im Jahre 1954 sind die haushohen Monster, von Fans gerne liebevoll als „Kaiju“ bezeichnet, die gleich ganze Großstädte in Schutt und Asche legen, eine feste Größe im Kino. Und spätestens seit „Godzilla“ sind diese Monster vor allem auch allegorisch zu verstehen, war Ishiro Hondas Film doch vor allem als Antwort auf die Atombombe gedacht. 2008 war der 11. September noch frisch im öffentlichen Gedächtnis, die Zeichen standen also gut für JJ Abrams und sein Team bei Bad Robot, einen amerikanischen Beitrag zum Genre zu schaffen. Im Vorjahr hatte „Paranormal Activity“ unter der Regie von Oren Peli den Found Footage-Film so richtig an die Spitze der Beliebtheitsskala katapultiert. Der Found Footage-Film sollte dem klassischen Horrorfilm gegenüber den entscheidenden Vorteil haben, dass er „realistischer“ und „glaubwürdiger“ wirke. Immerhin präsentiert sich der Film so als genuines Dokument, in das wir als Zuschauer Einblick erhalten. Was liegt demnach näher, als den Kaiju- mit dem Found Footage-Film zu vereinen und damit einen intensiven Katastrophenfilm aus Froschperspektive zu schaffen?
Trailer zu Cloverfield
Man schickte somit dann Matt Reeves mit „Cloverfield“ ins Rennen, der nach einer mehr als geheimnisvollen Marketingkampagne zu einem Kassenschlager wurde, der es mittlerweile auf zwei Sequels (mit einem dritten bereits in der Pipeline) geschafft hat. Und rein oberflächlich betrachtet, muss man „Cloverfield“ wohl als Erfolg ansehen. Gemessen am eigenen Ansatz ist er jedoch ein Misserfolg. Reeves Film bedient sich ausführlich an der visuellen Palette, die Amateuraufnahmen vom 11. September in das weltweite Unterbewusstsein katapultiert haben. Menschenmassen fliehen ziellos durch die Straßen Manhattans, Staubwolken rollen durch die Straßenschluchten und hüllen alles und jeden in eine dicke Schmutzschicht, Zivilisten fliehen in Geschäfte – all das kennt man, ein gewisses Alter vorausgesetzt, noch lebhaft aus dem Fernsehen. Für sich genommen ist das erst mal nicht verwerflich. Reeves Film verwehrt sich aber nahezu jeglichen Erklärungsansätzen, ist mehr an „dem Erlebnis“ interessiert als an einer Aussage. So verkommt das entworfene Katastrophenszenario aber zur selbstzweckhaften Stilübung, die den Zuschauer nicht schlauer zurücklässt, als er in den Film reingekommen ist.
Das wäre allerdings zu verkraften, wäre „Cloverfield“ wenigstens auf allen anderen Ebenen zumindest kompetent. Doch hier kommt dem Film sein Dasein als Found Footage in die Quere. Als „Blair Witch Project“ damals ins Kino kam, muss er, so geht zumindest die Legende, den ein oder anderen Zuschauer wirklich ratlos zurückgelassen haben. Ist das echt? Ist das gestellt? Neun Jahre später war der „Mockumentary“-Stil aber nicht nur längst im Mainstream angekommen, sondern „Cloverfield“ gestaltet sich natürlich aufgrund seiner Prämisse schon als absolut unglaubwürdig. Hinzukommt, dass „Cloverfield“ mit seiner Wackelkamera in Szenen, in denen gerade nicht das „Katastrophenfeeling“ nachgeahmt werden soll, eher nervt, als ein Gefühl der Unmittelbarkeit zu erzeugen. Die Kamera steht bis zur letzten Einstellung genau einmal still, dem Zuschauer ist nicht eine Verschnaufpause vergönnt. Das Auge hat nicht eine Chance, sich auf das gezeigte zu fokussieren, das Filmbild verkommt im Zusammenspiel mit der überbordenden Tonspur zur audiovisuellen Reizüberflutung. Das Resultat ist ein den Zuschauer überwältigendes „Filmerlebnis“, das aber nicht wirklich zu überwältigen weiß.
Vor allem darf aber der „Realismus“-Ansatz arg in Frage gestellt werden, denn immer wieder bleibt der eigene Ansatz auf der Strecke, wenn es dem Drehbuch oder dem Regisseur gerade passt, weil der Film schon zu lange keinen Jump Scare mehr hatte. Oft genug soll sich das riesige Monster nahezu lautlos durch die Stadt bewegen, nur um hinter einer Häuserecke hervorzuspringen und zu schreien. Kann man das noch als „so verhält sich das Monster halt“ abschreiben, fragt sich der aufmerksame Zuschauer jedoch spätestens, wenn wild ballernde Soldaten mit Raketenwerfern und Panzern die Straße in Schutt und Asche legen, warum das Mikro der Kamera vorher kein Geräusch aufgefangen hat.
Wer sich wundert, warum noch kein Wort zu den Charakteren verloren wurde, dem sei gesagt: diese Abziehbildchen sind kaum der Rede wert, spätestens wenn der Love Interest des Kameramannes explodiert, erntet der Film nur noch unfreiwillige Lacher. „Cloverfield“ ist ein belangloses Filmchen, dessen Halbwertszeit eigentlich schon längst hätte abgelaufen sein müssen. Warum gerade hieraus ein Franchise geworden ist, weiß der Geier...