Bewertung: 3 / 5
Als ausgesetztes Baby wächst Mose (Charlton Heston) im ägyptischen Königshaus auf. Bald wird er von Gott auserwählt, um die Israeliten in die Freiheit zu führen. Moses führt das gesamte Volk durch die Wüste und wird Zeuge von vielen göttlichen Wundern. Bald kommt er auf dem Berg Sinai an.
Es braucht sicherlich nicht viel an Überzeugungsarbeit, um in Die zehn Gebote einen der bedeutendsten Monumentalepen des goldenen Hollywoods zu sehen. Ein Film, der sich über große Männer, große Bilder und große Taten erklärt. Je nachdem, wo man ist sogar über die größten aller Taten. Daß man dabei nicht unbedingt auf die Vorlage geachtet hat, sondern eher eine freiere Interpretation einer Geschichte inszeniert hat, ist für viele ja sicherlich ein Kritikpunkt. Immerhin hört oder liest man das aus jeder Kritik, daß es ja ein Missstand sei, wenn man die Vorlage nicht haargenau so interpretiere, wie sie niedergeschrieben wurde. Da hat das Antiintellektuelle in der Kritik Einzug erhalten und insofern dürfte dieses Werk nach Cecil B. DeMille sicherlich anhand dessen vom ein oder anderen verrissen werden. Unterdessen fragen sich diejenigen, die in bisschen mehr Ahnung von Filmen haben, aber auch, ob die Brillianz und eher die Imposanz, für die das Werk die Jahrzehnte überdauern durfte, auch heute noch funktioniert. Denn das ist an sich nämlich kein sonderlich komplexer Film, der irgendwas zu sagen hätte. Oder eben doch? Man wird warten müssen auf diese Antwort. Unterdessen stell sich die Frage, worum es eigentlich geht.
Nun, die Wahrheit ist die wenigsten Filme des Goldenen Hollywoods, all diese Monumentalepen, sie sind in der Regel nicht sonderlich komplex. Tatsächlich fällt hier auf, ähnlich wie in Ben Hur (1959), Spartacus (1960) oder auch Cleopatra (1963), daß in solchen Filmen eigentlich nicht allzu viel passiert. Es gibt natürlich hochmoderne Themen, die man durchaus noch verhandeln müsste, aber ja, dafür, dass hier beinahe vier Stunden etwas zeigt, findet da nicht allzu viel zwischen den Zeilen statt. Die Figuren sind quasi ungreifbar, das ist auch typisch für das Genre und so finden sie in Sphären der Kaiser, Könige, Pharaonen und all dieser Menschen statt, die eigentlich rein ob ihres Statusses und ihrer Möglichkeiten nicht mehr wirklich nur als Mensch durchgehen. Man will auch nicht sagen, daß man vor Moses oder Rameses in diesem Fall vor Schreck erstarrt, doch der Film stellt sie quasi als ungreifbare Männer heraus, die eigentlich auch für ihre Zeit und die Zeit in dem der Film als Hollywood-Produkt entstanden ist, erstaunlich gewöhnliches tun. Die Theatralik, mit der hier Konflikte vorgetragen werden, entstammt der Theatertradition, mit der man in den goldenen Zeiten Hollywoods eben noch ganz klar verbunden war. Das wirkt zwar hin und wieder etwas behäbig und sorgt auch dafür, daß man dem Film sein Alter ansieht. Auf der anderen Seite spricht man hier eben auch von einer Verfilmung oder freien Adaption der Bibel. Also wo, wenn nicht dort wäre diese Theatralik angebracht.
Grundfragen oder philosophischen Thesen nähert sich Die zehn Gebote aber kaum an. Primär ist es ein Film über Zustandsbeschreibungen und Unnahbarkeiten. Das soll natürlich auch der Vorlage entsprechen und spielt mit für die damalige Zeit erstaunlichen Effekten. Nun ist es aber sicherlich auch nicht so, daß man DeMills Werk nicht sein Alter ansehen würde. Da wird dann viel mit Map-Paintings und derlei Dingen gearbeitet. Man ist aber dennoch von diesem wahnsinnigen Aufwand beeindruckt, gerade wenn das Meer sich teilt und Moses das Volk aus der Wüste führt, daß sind unglaublich beeindruckend Szenen, die eben infrage stellen, ob es im Kino mehr um Metaphern und tiefsinniges geht, oder doch eher um große Bilder. Denn ein Blockbuster ist Die zehn Gebote in jedem Belang. Und da ist es erstaunlich, wie auch fast schon paradox, daß der Film bei all den übergroßen Themen, bei allem, was über dem Mensch steht oder von dem man glaubt, daß es über dem Menschen steht, nicht den Fokus verliert. Und das gelingt auch nur, weil der Film diesen bewusst auf den Konflikt zweier Männer legt. Dann geht es um die Sehnsucht nach einer Frau, um Morde, Verrat und so weiter und so fort. In seinen einzelnen Themen ist das kaum zu greifen, sollte es bei einer Laufzeit von solcher Länge aber wohl auch nicht sein. Doch das spiegelt das Thema, besser gesagt den Titel ja dann auch ganz gut wider.
Man muss kein Christ sein, um in Die zehn Gebote Wunder zu entdecken. Das Werk spielt auf einem Level, auf dem andere nicht mitkommen und klammheimlich verblassen all die großen Effektarmen, die aus dem Kino der 2010er Jahre geboren wurden. Es ist im Prinzip auch mehr ein Film, der auf ganz oberflächlichen Ebenen zu überzeugen weiß. Etwas anderes steckt da nicht. Es ist natürlich klar, daß solche Filme heute eher weniger Relevanz haben und sich die Menschen auch philosophisch, wie religiös stark gewandelt haben. Insofern scheinen kleine Bibel-Exkurse im Kino auch nur noch von sehr hartnäckigen Filmemachern im großen Stile durchgezogen zu werden. Schade ist es schon, weil die Geschichten ja unabhängig davon, ob man alles glauben mag oder nicht, auch spannende Geschichten bleiben.
Mit Die zehn Gebote schuf man seiner Zeit einen der vielen wahnsinnigen Filme des goldenen Hollywoods. Der Film selber ist unterhaltsam, wenngleich irgendwo ein Kind seiner Zeit. Daß ist aber auch bei allem irgendwo so und insofern kann man hier wirklich eine gute Unterhaltung erhalten.