Bewertung: 4.5 / 5
Schon allein über die Tatsache, dass Stallone seine Figur noch einmal in den Krieg ziehen läßt, wurde ebenso heftig diskutiert, wie über den Film selbst. Was im Film passiert kann man ja überall nachlesen. Wie es passiert, sollte man hier tatsächlich erst beurteilen, wenn man ihn selbst gesehen hat.Stallone gelingt hier etwas, was man ihm in der Rambo-Rolle nicht mehr zugetraut hätte. Die Handlung läuft zwar nach den gängigen Mustern ab, der "Held" will nicht kämpfen, muß es aber und tut es dann doch, aber Stallone schafft es durch sein Schauspiel, dies glaubhaft zu machen. Das passiert, abgesehen von ein paar kurzen, markigen Sprüchen, zudem ohne den typischen Heldenpathos, den man gewohnt war.
Rambo hat keinen Bock mehr auf den ganzen Mist, und macht daraus auch keinen Hehl. Er hat den Glauben an die Menschen völlig aufgegeben. Er weiß was er in seinem Leben getan hat, und man merkt, dass auch das ihn anwiedert. Er hält sich selbst für verloren. Stallone benutzt hier wirklich alle Klischees und wandelt sie durch Hintergrund und Intensität in reale Verhaltensweisen um, die einem zum Teil eiskalte Schauer über den Rücken laufen lassen.
Wie immer ist Rambo natürlich sehr wortkarg. Im Gegensatz zu Teil 2 und 3, macht er den Grund dafür aber richtig spürbar. Er hat sich so in sich selbst zurück gezogen, dass er es weder für wichtig noch für lohnenswert hält, sich mit anderen Menschen auszutauschen, und wenn, dann doch nur über das Nötigste.
Schon in den ersten 20 Minuten des Films spürt man deutlich, wie wütend ihn die Tatsache macht, dass er hier wieder in etwas hineingezogen wird, was er für sich abgeschlossen hatte. Hier heißt es aber nicht, vor pathetischer Hintergrundmusik,"Mein Krieg ist vorbei", sondern hier schmeißt er schon mal, wütend darüber, dass man ihn nötigt mitzumachen, seinen Bootshaken in die Ecke. Das passiert alles so glaubhaft und wirkt so wenig konstruiert, dass man es nicht in Frage stellt. Er läßt sich weder von einem arroganten Söldner provozieren, noch von Geld locken.
Die Frage ob der Film gewalttätig ist, lässt sich nicht in einem Satz oder gar einem Wort beantworten. Wie definiert man "gewalttätig"? Allein die Darstellung von Gewalt, ist ja noch nicht gewalttätig. Definitiv verneint werden kann im Bezug auf "John Rambo", dass hier Gewalt gezeigt wird um sie auszuschlachten, zur Schau zu stellen, zu ästhetisieren, zu legitimieren oder gar gutzuheißen! Man sollte sich die Frage stellen: Was passiert wenn ich auf eine Landmine trete? Die Antwort:Ich werde zerfetzt! Dass dies nicht toll aussieht und auch absolut nicht witzig ist, wird in "John Rambo" in aller Konsequenz und Härte gezeigt. Die Explosionen und Schüße sind hart, abrupt und direkt. Sie drücken einen regelrecht in den Kinosessel. Vestärkt werden diese Eindrücke durch den Umstand, dass dies alles hier nicht in Hochglanzoptik passiert, wo jeder Schuß und jede Explosion mehrfach aus verschiedenen Perspektiven gezeigt wird und zusätzlich noch ein flotter Spruch über die Lippen des Hauptdarstellers flutscht! Nein! Hier wird brutal, grausam und realistisch gestorben. Das zeigt, wie Krieg ist! Und das schreckt tatsächlich ab.
Dem Film wurde ja auch (wie bei allen Stallone Filmen) vorgeworfen, er verharmlose den Einsatz von Gewalt und mache sie zum Selbstzweck. Diese Kritiker dürften den Film nicht gesehen haben. Bei verharmlosender Gewalt, müßte man eigentlich Filme wie "Stirb Langsam 4" "Lethal Weapon" und viele andere dieses Genres aufzählen (genannte, mag ich übrigens selbst). Hier wird ja tatsächlich verharmlost. Es wird gelacht wenn die "Böse", mit ihrem Auto, begleitet von einem flotten Spruch John McLanes, in den Fahrstuhlschacht saust. Noch mehr gelacht wird in Bezug auf die selbe Szene, wenn McLane später ihrem Freund (dem Oberbösewicht), peppig per Handy mitteilt, das die "Schlampe" im Fahrstuhlschacht liegt. Also wenn einem vermittelt wird, dass Gewalt cool und legitim ist, dann doch wohl eher hier als in Rambo. Nochmal: ich mag "Stirb Langsam" selbst, und bin sowieso der Meinung, dass Gewalt in Filmen allein, niemand zum Gewalttäter macht.
Das "John Rambo" für Deutschland mal wieder geschnitten werden mußte, ist beschämend! Abermals dürfen wir als Erwachsene Menschen nicht selbst entscheiden, was wir sehen möchten und was nicht. Ich bin generell ein Gegner von Beschneidung von Kunst und Meinungsfreiheit. Wenn dies dann auch noch in einem Maße passiert wie bei diesem Film, werde ich in meiner Einstellung mal wieder bestätigt. Der "Showdown" wurde durch die Schnitte extrem zerhackt. Es wird in die eine Richtung geschossen und in die andere geschaut. Wenn ich den ersten, ungekürzten Trailer nicht vorher im Internet gesehen hätte, oder vielleicht nicht einmal gewußt hätte, dass der Film geschnitten werden mußte, hätte sich dies negativ auf die Beurteilung des Filmschnitts an sich ausgewirkt. So jedoch war mir ja klar, dass dies nicht das Endergebnis der Filmemacher war und ich mir ja später die Uncut-DVD besorgen kann. Mir ging es auch gar nicht darum, mehr Blut und Gedärme sehen zu wollen! Der "Endkampf" wirkt dadurch einfach dramaturgisch stümperhaft.
Fazit: Auf einer Seite wäre es übertrieben zu glauben, das es einen Film wie "John Rambo" braucht, um auf die Zustände in Birma aufmerksam zu machen, auf der anderen Seite jedoch, wird wahrscheinlich gerade er es mehr erreichen als seinerzeit z.B."Blood Diamond" mit Sierra Leone. Stallone schafft zudem etwas, was ihm die meisten wohl nicht zugetraut haben. Er gibt seiner Figur die Glaubhaftigkeit und Schnörkellosigkeit aus "First Blood" zurück. Die gekonnt gemachte Rückblende verknüpft die Rambo-Reihe als solche miteinander und der Schluß des Films ist über jeden Zweifel erhaben. Das seht ihr aber besser selbst.