Bewertung: 4.5 / 5
Nach dem Paten (1 und 2) nun also der erste Film, in dem Pacino und DeNiro tatsächlich auf dem Bildschirm aufeinander treffen. Wie gut ist der Klassiker und wie ist er gealtert?
Filmempfinden ist immer so eine subjektive Sache, man kann immer gewisse Reize objektivieren und sie einordnen, und daher schonmal auch mal einen schlechten Film per se als schlecht wahrnehmen. Aber dann kommt das persönliche Empfinden, wo man gerade steht und nicht zuletzt etwa sowas wie guilty pleasure ins Spiel, so dass eine objektive Wertung eigentlich meines Erachtens nie möglich ist.
Warum ich das jetzt so breit trete liegt einzig darin begründet, dass ich hier deutlich machen möchte, wie ich zu dem Film bei Erstsichtung stand, warum ich es so tat und wieso sich das ggf. geändert oder halt nicht.
Ich hatte den Film Showdown in LA, auf dem dieser Film größtenteils beruht, irgendwann nebenbei geschaut und war von drei Momenten in diesem höchstens mittelmäßigen Film so dermassen geflashed, dass der Film seitdem bei mir immer einen Stein im Brett hatte:
1. Das Duell der beiden Protagonisten war glaubwürdig aufgezogen
2. Die Schiesserei beim mißlungenen Banküberfall
3. Das Finale, das jegliche Erwartungshaltung unterläuft, da der Gangster gar nicht bei einer finalen Konfrontation mit dem Cop stirbt sondern quasi nebenher erschossen wird, so dass der Cop gar nicht die Möglichkeit hat, ihn zu fangen, sondern gerade noch rechtzeitig da ist, um ihm beim Sterben die Hand zu halten. Dieses Ende ist so grosses Kino und verdeutlicht noch einmal umso stärker die Bande zwischen den beiden Kontrahenten und gibt beiden ein gelungenes Finale.
Als ich Heat das erste Mal gesehen habe, in einem richtig schönen Kino, solche die es heutzutage nicht mehr gibt, mit diesen riesigen selbst gemalten Kinoplakaten etc., wusste ich noch nicht, dass es das Remake eben jenes Filmes war und fand mich plötzlich in einem Film wieder, den ich schon irgendwie kannte. Ich dachte echt, ich wäre im falschen Film.
Natürlich ist Heat der größere Film, er hat mehr Nuancen, er hat mehr Klasse, er hat die besseren darsteller, er hat mehr Komplexität und er lotet deutlich mehr Nebenkriegsschauplätze aus. Daneben hat das Original kaum etwas entgegen zu setzen. In allem legt Heat eben diese eine Schippe drauf, die eben genau diese Daseinsberechtigung dieses Filmes ist, und vor allem haben wir es hier mit DeNiro vs Pacino zu tun. Was will man mehr? Eigentlich!
Als ich das typischere Hollywood-Ende sah, wusste ich sofort, was ich mehr will. Denn das Ende ist okay bis gut, aber steht dem Original-Ende mit seiner extrem plumpen Showdownversion komplett in allen Belangen nach. Und so kam es auch, dass ich Heat jahrelang als nur mittelmäßigen Film wahrgenommen habe, der ein gutes und teilweise wirklich besseres Remake war, aber eben in der einen entscheidenden Situation so dermassen versagt, dass mir der komplette Genuss versagt wurde.
Mit der Zeit hat es aber die Zeit überhaupt nicht gut mit dem Original gemeint, wohingegen das Remake seine Zeitlosigkeit mühelos unter Beweis stellen konnte. Vor allem muss man ganz klar die Darsteller-Riege über den Klee loben, so dass ich gezwungen war, eine kleine Revision meiner Wahrnehmung von Heat vorzunehmen.
Heat ist ein grandioser Film, der zu Recht ein Klassiker ist, und für mich der einzige Film ist, in dem DeNiro und Pacino gemeinsam vor der Kamera stehen (ihre diversen Alterswerke blende ich mal bewusst aus, und The Irishman zählt zwar, ist aber eine Anomalie), und es tatsächlich nicht umsonst zwischen den beiden funkt wie sonstwas! Alleine das ist das Eintrittsgeld wert, aber auch sämtliche Nebendarsteller veredeln das Ganze und die mannigfaltigen Nebenschauplätze sind allesamt sehr sorgsam aufgebaut und aufgelöst. Das ist ganz großes Kino. Und tatsächlich gibt es hier also nur zwei Gründe, die dem Film die höchste Ehre verwehren.
Der erste Grund ist natürlich dieses in meinen Augen verkorkste Finale. daran wird sich für mich nie was ändern, da ich gesehen habe, wie es besser geht. Punkt!
Und der zweite Grund? Pacino - huch, whats going on?
Pacino ist für mich ein absoluter Schauspieltitan, der in seinen besten Momenten JEDEN anderen Schauspieler an die Wand spielen konnte und zerquetschte wie eine Ameise. Das tat er insbesondere in den 1970ern mit seinen absolut überragenden Performances in den Paten Filmen oder in Hundstage oder in Serpico oder oder oder. Aber irgendwie wurde er in den 1980ern für mich eher zu einem Showoff und Angeber, der sich selbst in den Vordergrund spielte, anstatt der Geschichte dienlich zu sein. Sopätestens nach Scarface, wo dies natürlich ausdrücklich wegen der Auslegung der Rolle gewollt und gewünscht war, rutschte er immer weiter in diese Schiene. Unter einem guten Regisseur konnte er ab und zu ausgebremst werden und sich unter ordnen, aber sein exaltiertes Gehabe wurde immer mehr zu seinem Markenzeichen. Man kann dies immer noch als sehr gutes Schauspiel einordnen, zumindest tun dies viele Kritiker, aber mich störte es zunehmend. In den 1990ern hat er vielleicht 4-5 nennenswerte Filme, und der einzige Film, der mir einfiele, wo er dieses Ding nicht durchzieht wäre vielleicht Carlitos Way. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass er für mich in Heat eben wieder auf diesem Autopilot ist.
Natürlich zieht er das nicht ganz so rigoros durch, da er genau weiss, dass mit DeNiro eben ein Schauspieltitan gleichen Schlages auf ihn lauert, aber es gelingt ihm eben nicht, die Präzision seiner früheren Darstellungen an den Tag zu legen. DeNiro hingegen spielt deutlich zurück genommener und filigraner. Man könnte ja meinen, dass Pacino die Fähigkeit des subtilen Spiels in der Zwischenzeit abhanden gekommen sein könnte, weil er zuletzt immer so exaltiert spielen musste? Aber dafür muss man nur gewisse Szenen in The Irishman sehen, um zu sehen, dass er es eigentlich immer noch kann, er muss nur richtig geführt werden oder es nur wollen. In Heat schiesst er übers Ziel hinaus.
Wie ich ja eingangs schon erwähnte, das sind leidlich subjektive Makel an einem astreinen Film, so dass ich kaum anders kann als diesem Film seine 9 Punkte zu geben, innerlich wissend, dass ich den Film persönlich irgendwie die eben erwähnten Punkte immer ankreiden werde. Sonst wahrscheinlich höher einzustufen?
Wer weiss das schon ;-)
9 Punkte!