Bewertung: 5 / 5
Im Sommer 2010 war es endlich soweit, der erste Film vom gefeierten Regisseur Christopher Nolan nach seinem grandiosen „The Dark Knight“ zwei Jahre zuvor kam in die Kinosäle und die Erwartungen waren aufgrund der bisherigen Arbeiten Nolans natürlich sehr hoch. Doch ist „Inception“ tatsächlich eine weitere Vorzeigearbeit des Ausnahmetalents geworden, oder wurde dieser aufgrund des anhaltendes Hypes von „The Dark Knight“ einfach nur überbewertet? [u][b]!!ACHTUNG!!DIESE KRITIK ENTHÄLT MASSIVE SPOILER! WER NICHTS VON DER HANDLUNG ERFAHREN MÖCHTE, SOLLTE NICHT WEITERLESEN!![/b][/u] Der Unterbewusstseinsexperte Dominick „Dom“ Cobb ist in seinem Auftrag, gut gesicherte und geheime Informationen eines japanischen Geschäftsmannes zu stehlen, gescheitert, allerdings möchte jener Cobb nichtsdestotrotz einen heiklen Job anvertrauen, denn ein gerissener und mächtiger Konkurrenz des Japaners Saito soll sein Unternehmen nachdem er es geerbt hat aufgeben und somit muss Cobb tief in seinen Verstand einbrechen, die Idee der Geschäftsaufgabe darin einpflanzen und danach wieder verschwinden, ohne dass die Zielperson etwas davon bemerkt. Und somit stellt Cobb sein altes Team voller speziellen Experten zusammen und geht diesen einen letzten Auftrag an, ohne dabei auch nur ansatzweise zu erahnen, was noch passieren wird... Diese Handlung wurde vom Regisseur Christopher Nolan persönlich verfasst und sollte ursprünglich in einem Horrorfilm enden, bevor Nolan sich auf die Charaktertiefe und Emotionalität konzentrierte, was sich im Nachhinein als Geniestreich ansehen lässt, denn man merkt über die komplette Laufzeit von beinahe zweieinhalb Stunden die enorme Vorarbeit und Charakterstudie Nolans an und so verwundert es nicht, dass das Verfassen des Drehbuchs aus der Idee über sieben Monate dauerte und somit das Drehbuch mit Recht für einen Oscar nominiert wurde. Darüber hinaus ist diese äußerst intelligente und tiefsinnige Handlung und ihre Ausarbeitung schon einmal die erste große Stärke des Filmes, denn Nolan schafft es, die Spannung für den Zuschauer von der ersten Filmminute an kontinuierlich zu steigern, obwohl es immer wieder kleinere Nebenhandlungen gibt, sowie es anfangs oftmals kleine Hinweise und Details gibt, die unerwarteterweise später in der Filmhandlung wichtig werden und somit die Handlung langsam aber ununterbrochen aufgebaut wird und somit seine eigene kleine Welt schafft, in welcher man sich als Zuschauer sehr schnell verliert und mitgerissen wird und kaum aushalten kann, wie es mit den Geschehnissen weiter geht. Der Film nimmt sich glücklicherweise sehr viel Zeit jeden Charakter kurz einzuführen und dem Publikum näher zubringen, auch wenn die Charakterentwicklungen nach und nach undurchschaubar werden und einige große Überraschungen bereit halten, was ebenfalls von einem starken Drehbuch zeugt, welches für eine große Hollywoodproduktion eine unglaublich tiefe Charakterarbeit vorzuweisen hat. Allerdings sind gut gezeichnete Charaktere und eine gelungene, sowie faszinierende Handlung nur ein Grundgerüst und können ohne die passenden schauspielerischen Besetzungen zunichte gemacht werden, doch ist das bei „Inception“ auch der Fall, oder wurden die Rollen passend besetzt? Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben und zwar jene, dass die Charaktere bis in die Nebenrollen passend mit großartigen und bekannten Schauspielern besetzt wurden, wie beispielsweise die Rolle der Hautpfigur Dominick Cobbs, dem Dieb von Informationen im Unterbewusstsein, mit Leonardo DiCaprio, welchen die meisten Menschen aus „Titanic“ kennen dürften, welcher mit seiner Mimik und Stimmenarbeit den Zuschauer in den emotionalen Momenten seiner Figur berühren kann, aber als krasses Gegenteil auch in den actionreichen Momenten eine tolle Leistung darbietet und somit ein weiteres Mal beweisen konnte, warum DiCaprio einer der besten Schauspielern unserer Zeit ist. Die Nebenrolle der Architektin für Träume, Ariadne, wurde von der jungen Ellen Page verkörpert, welche den kompletten Film über etwas gelangweilt wirkt und leider nur einen einzigen Gesichtsausdruck vorzuweisen hat, weshalb an ihrer Stelle das Potenzial ihrer Figur nicht komplett ausgeschöpft werden konnte. Der bis dato unbekannte Tom Hardy spielt den draufgängerischen Eames sehr überzeugend und mitreißend, sowie mit einer unglaublichen Leichtigkeit und ist zweifelsohne der heimliche Star des Filmes, was berechtigterweise viele weitere Rollenangebote als Folge hatten. Gerade seine Beziehung zur Hauptfigur Cobb ist sehr gut charakterisiert worden und man kann sofort erkennen, dass sich beide schon länger kennen, aber dennoch einige Unstimmigkeiten besitzen, wie es bei Arbeitskollegen oftmals der Normalfall ist. Joseph Gordon-Levitt gibt den etwas zurückhaltenden und ruhigen Strategen Arthur, allerdings lässt seine Performance den Zuschauer ziemlich kalt, was allerdings womöglich von Regisseur Christopher Nolan gewollt war, um den schüchternen Partner Cobbs zu inszenieren. In weiteren, nennenswerten Rollen kann man die französische Schauspielerin Marion Cottilard als die psychisch angeschlagene Mal sehen, welche der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte darstellt, da ihre ehemalige Beziehung zu Cobb immer wieder aufkommt und zu unerwarteten Nebeneffekten führt, Cillian Murphy als die zwiegespaltenen und innerlich gequälte Zielperson Robert Fischer Jr. und natürlich Großmeister Michael Caine als den guten, weisen, sowie liebenswerten Vater von Cobb, welche allesamt eine glaubhafte Darbietung abliefern und noch einmal verdeutlichen, wie gut Regisseur Nolan mit seinen Darstellern umgehen kann und wie er jene richtig einsetzen muss. Neben der ausgezeichneten Charakterarbeit und tiefsinnigen Handlung gibt es allerdings auch zahlreiche Actionsequenzen, welche in bester Nolan Manier großartig sind, denn die Idee hinter dem Träumen und dem Erschaffen von Objekten durch Erinnerungen bietet eine unglaubliche Anzahl an abstrakten und noch nie davor gesehener Actionsequenzen, so fahren beispielsweise gigantische Schwerlastzüge durch den Verkehr auf Straßen einer Großstadt, Häuserinnenräume werden unerwartet von einer vollkommen Flut an Wasser gefüllt, Menschen schweben in der Schwerelosigkeit durch Räume, aber es kommt auch außerhalb der Traumsequenzen zu mehreren Schusswechseln oder der immer parallel ablaufenden Verfolgungsjagd zwischen mehreren Fahrzeugen, welche ihren Höhepunkt auf einer Brücke findet, welche in einer der besten Zeitlupenaufnahmen der letzten Jahren noch einmal mit ruhigerer Inszenierung Nolans gesteigert werden kann. Diese Actionszenen sind eine positive Auflockerung zwischen den handlungsaufbauenden Elementen, welche mit der Zeit anstrengend enden hätte können, allerdings sorgen die brachialen, innovativen und abwechslungsreichen Actionmomente für eine nötige Entspannung des Zuschauers, welche allerdings nichtsdestotrotz unglaublich emotional und mitreißend dargestellt wurden. Etwas besonderes an den Actionsequenzen ist außerdem, dass Regisseur Nolan einmal mehr auf die visuellen Effekte verzichten wollte, wenn das möglich war, weshalb die unfassbaren Schwerelosigkeitsszenen in einem über zwanzig Meter langem, frei drehbaren Nachbau des Hotelflures gedreht wurde und somit die Gravitationsänderungen real waren und nicht nur durch Spezialeffekte am Computer entstanden sind, was dem Zuschauer deshalb selbst ein Gefühl der Schwerelosigkeit gibt, da man von der ersten Sekunde an am Staunen ist und fasziniert wird, was in der heutigen Filmindustrie leider immer seltener der Fall wird. Ebenfalls atemberaubend ist die Explosion des Krankenhauses im Gebirge, welches, wie auch schon die ähnliche Bergstation aus Nolans früherem Film „Batman Begins“, auf einem Parkplatz vor dem Studio als großes Modell aufgebaut wurde und mit CGI-Effekten verbessert und verfeinert wurde, wo wir auch schon beim nächsten positiven Punkt angekommen wären, nämlich den Spezialeffekten aus dem Computer, welche trotz der zahlreichen realen Schauplätzen, gerade für die Traumstadt der Charaktere Mal und Dom Cobb verwendet wurden, denn diese sind einfach nur grandios und äußerst glaubwürdig, weil sie eben nur moderat eingesetzt wurden und man sich teilweise wie auch die Filmcharaktere wirklich fragen muss, ob das nun noch Realität ist oder doch nur ein CGI-Effekt aus dem Computer, denn selbst die Szenen in einem pariser Café, in der sich die Umgebung um die Protagonisten langsam in Luft auflöst und explodiert, wurden tatsächlich mit handgemachten Effekten erzeugt und wieder nur durch CGI verbessert. Die traumhaften und surrealen Filminhalte werden durch die exzellente Kameraarbeit von Wally Pfister für den Zuschauer noch einmal verstärkt, denn die eingesetzten Kameraperspektiven lassen Illusionen, wie die unmögliche „Penrose-Treppe“, dank einer Zentraleinstellung von oben zunächst als realistisch erscheinen, bevor sich die Kamera schnell senkt, um den Surrealismus zu verdeutlichen, was die Wirkung auf den Zuschauer hat, dass man sich selbst wie in einem Traum fühlt und genau die Wirkung hat, wie es Hauptfigur Dom Cobb so schön im Film sagt: „Während man träumt fühlt sich alles real an, dass irgendetwas merkwürdig war, erkennen wir erst, wenn wir wieder aufgewacht sind“, und das trifft auch auf den Zuschauer während dieses wahrhaftigen Filmes zu. Doch auch die restlichen Kameraeinstellung wurden von Pfister klug gewählt, denn die Bilder sind immer sehr ruhig und haben, wie auch die Handlung, vorallem den Fokus auf den Charakteren und ist somit selbst während den großen Actionsequenzen immer nah an der Figur und schafft somit eine unglaubliche Emotionalität, was noch einmal verdeutlicht, dass der eigentliche Fokus des Filmes trotz der bombastischen Action immer noch auf den Charakteren und ihren Problemen liegt, was ebenfalls nur noch selten bei großen Hollywoodproduktion zu finden ist und deshalb wurde Kameramann Wally Pfister zu Recht mit einem Academy Award für die beste Kamera ausgezeichnet. Neben den Einstellungen der Kamera wurde desweiteren die Beleuchtung und der Nolan-typische, düstere Kamerafilter benutzt, welcher die Bedrohung während der Traumsequenzen noch einmal verdeutlicht, aber dennoch wurden die Schauplätze während jenen Szenen so passend unterschieden, dass es selbst für den abgelenkten Zuschauer noch nachvollziehbar ist, auf welcher Ebene sich die Charaktere nun befinden. Ein Film kann allerdings nur wirklich mitreißend sein, wenn der untermalende Soundtrack dazu stimmig ist und deshalb wurde Hans Zimmer an Bord geholt, welcher in der Vergangenheit schon oftmals mit Regisseur Nolan zusammengearbeitet hat und somit die perfekten Vorraussetzungen für eine erneute, erfolgreiche Arbeit hatte. Natürlich vertraut Zimmer auf seinem bisherigen Stil und verwendet einmal mehr gekonnt seine technischen Töne und dieser Soundtrack ist sowohl melancholisch und nachdenklich, wie auch brachial, laut und mitreißend, was zur Folge hat, dass der Zuschauer spätestens durch die Musik oder im Zusammenspiel mit ihr, im Film versunken ist. Allerdings kann Zimmer auch sehr viel Neues und Experimentelles einbauen, was diesen Soundtrack zu etwas Eigenständigem, aber dennoch Vertrautem macht. Der sehr intensive Soundtrack Zimmers passt ausgezeichnet zum modernen und stilistischen Film, welcher mit dem Inhalt perfekt symbiosiert. Nolan ist ja dafür bekannt, in seinen Filmen Botschaften und Gesellschaftskritik einzubinden, was aufgrund der Konzentration auf wenigen Charakteren allerdings für eine Kritik an dem Großteil der Gesellschaft sehr schwierig war, aber dennoch bietet „Inception“ ganz klar eine tiefsinnige und zum nachdenken anregende Handlung, denn auch wenn es nur eine kleine Gruppe von Menschen ist, auf welche Nolan sich konzentriert, ist das Motiv des Träumens doch etwas, das jeden einzelnen von uns betrifft und wie damit im Film umgegangen wird, kann man ganz klar als Gesellschaftskritik ansehen, denn wir werden ebenfalls jeden Tag im Unterbewusstsein beeinflusst, beispielsweise durch Werbung, welche eine Idee in unserem Verstand einpflanzt, ohne das wir es bemerken und genau dieses Thema wird in diesem Film noch einmal auf die Spitze getrieben und zwar als gezielte Manipulation des Militärs, und wer weiß, vielleicht gibt es diese Art von Waffe bei einigen Armeen bereits, da es auch Menschen gibt, welche ihre Träume genaustens kontrollieren können und somit ist diese Science Fiction eigentlich gar keine, sondern etwas, das jeden einzelnen von uns betrifft. Außerdem gelingt es Christopher Nolan, die Art des modernen Diebstahles und der Kriminalität zu kritisieren und darzustellen, welche viel komplexer und in unserem Verstand stattfindet und nicht mehr auf Kriegsfeldern, was in absehbarer Zukunft sicherlich der Fall sein wird. Zwar ist die Kritik an der Gesellschaft nicht ganz so offensichtlich dargestellt wie beispielsweise in „The Dark Knight Rises“, allerdings bemerkt man deutliche Ansätze, welche zum nachdenken anregen und somit „Inception“ ein typischer Nolan Streifen ist und das in jeglicher Hinsicht. Neben den gesellschaftkritischen Momenten, wird der Zuschauer aber auch sonst gefordet und muss sich ein eigenes Bild der Filminhalte bilden, denn Nolan liefert nicht jede Information, sondern lässt einen deutlichen Raum für Spekulationen oder eigenen Meinungen, was vorallem das offene Ende betrifft. Dort kann der Zuschauer nämlich sehen, wie Dom Cobb seinen Totem, ein Kreisel, welcher zeigen soll, ob man sich in der Realität befindet oder doch nur träumt, auf dem Wohnzimmertisch drehen lässt und dann glücklich zu seinen lange getrennten Kindern geht und der Film kurz davor endet, bevor man sieht, ob der Kreisel fällt oder weiterdreht und somit der Zuschauer entscheiden muss, ob es nur ein Traum ist. Meiner Meinung nach ist es schlussendlich die Realität, da es mehrere Andeutungen gibt, wie die unterschiedliche Kleidung und veränderte Alter der Kinder, der fehlende Ehe-Ring Cobbs und dass Nolan einfach ein glückliches Ende erschaffen wollte, allerdings muss das jeder für sich selbst entscheiden. Oder ist sogar der komplette Film nur ein einziger Traum, ohne jemals in die Realität zu wechseln? Dieses Stilmittel macht den Film noch einmal sympathischer und tiefsinniger, was den meisten Blockbustern heutzutage einfach fehlt, da man noch nach dem Ansehen über den Inhalt diskutieren kann. Alles in allem ist „Inception“ also eine weitere grandiose Arbeit von Nolan, welche eine interessante, intellektuelle und charakterbezogene Handlung besitzt und diese zu jeder Zeit absolut spannend und mitreißend ist und man dank der tollen Kameraarbeit und musikalischen Untermalung durch Hans Zimmer, so wie dem erstklassigen Cast nichts auszusetzen hat und noch lange nach dem Abspann dem Film im Gedächtnis hat, also selbst im Verstand geblieben ist, wie die titelgebende „Inception“. Für mich persönlich ist dieser Film der beste Original-Film dieses noch jungen Filmjahrzehntes, also ein Film der auf keinen Comics, Büchern oder vorangegangenen Filmen basiert, und ein großer Hollywoodfilm wie dieser, nur selten eine so tiefsinnige Charakterarbeit abgeliefert hat. Ein Film, denn man immer wieder anschauen kann, aber letztlich jeder mindestens einmal gesehen haben sollte. [b]Bewertung: 10/10 Punkten,[/b] für einen Film, von dem man noch in zwanzig Jahren reden wird und wenn es nur wegen der einschneidenden und nachhaltig beeinflussenden Filmmusik ist. Kultfilm!
Inception Bewertung