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Jojo Rabbit

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Fuck off, Hitler!

Jojo Rabbit Kritik

Jojo Rabbit Kritik
9 Kommentare - 22.01.2020 von Silencio
In dieser Userkritik verrät euch Silencio, wie gut "Jojo Rabbit" ist.
Jojo Rabbit

Bewertung: 4 / 5

Der Vater im Krieg, die Mutter dauernd beschäftigt, da kann sich eigentlich nur einer um den kleinen Jojo kümmern: Hitler. Als Superfan des Führers imaginiert sich der Zehnjährige sein Idol in die unterschiedlichsten Situationen, um mal einen Rat von einem väterlichen Freund zu kriegen. Das geht, wie sollte es auch anders sein, spektakulär in die Hose, als der Hasenfuß Jojo angestachelt vom alten Adolf seinen Mut beweisen will – und prompt einen Handgranatenunfall erleidet. Enstellt und in einem Bein ohne Gefühl, ist Jojos Traum, Teil von Hitlers Leibgarde zu werden, erstmal auf Eis gelegt. Von den Hitlerjugend-Aktivitäten nicht mehr eingespannt, verbringt Jojo nun viel Zeit Zuhause. Und dort bemerkt er, dass etwas in den Wänden des Hauses zu leben scheint...

Mit „Jojo Rabbit“ kehrt Taika Waititi nach „Thor: Ragnarok“, seinem ersten, dem verlauten nach aber bei weitem nicht letzten, Ausflug in die Blockbusterwelt, zurück in kleinere Gefilde. Dabei hat der quirlige Regisseur seine Stimme bewahrt und präsentiert mit seinem neusten Film wieder mal seine Mischung aus Anarchospäßen und menschelnder Wärme, die seine bisherigen Filme ausgemacht hat. Dabei geht es dieses Mal ins Nazideutschland gen Ende des Krieges, in ein kleines Dorf, in dem die Welt noch in Ordnung und der Krieg noch zu gewinnen scheint. Passend zum veränderten Setting dreht Waititi dieses Mal den gemeinen Humor auf Vollstoff, es vergeht kaum eine Minute, in der nicht ein Gag abgefeuert wird – bei dem einem das Lachen aber im Halse stecken bleiben will.

Trailer zu Jojo Rabbit

Denn der teils arg bescheuerte Deppenhumor (ausnahmsweise ein Kompliment) ist nicht nur schnöder Tabubruch, sondern soll vielmehr die sinnlose Gemeinheit hinter den damit ausgedrückten Ressentiments aufzeigen. Insofern ist es passend, den Film an einem Zehnjährigen aufzuhängen: noch nicht alt genug, um wirklich tiefgehend zu reflektieren, aber nicht zu jung, um zu erkennen, dass sein Verhalten im Zwischenmenschlichen verletztend und grausam ist. Und genau so funktioniert der Humor dann auch, wir lachen über die infantilen Späße, obwohl wir es als erwachsene Zuschauer eigentlich besser wissen müssten. Andererseits ist es nunmal ziemlich lustig, wenn ein Kind zu „Komm, gib mir deine Hand“ der Beatles Sieg Heil-end durch die Straßen läuft.

Interessant, wenn auch nicht wirklich neu, ist dabei, aus dem Führer einen Popstar zu machen, der wie der King in „True Romance“ immer dann auftaucht, wenn Jojo Rat sucht. Hitler entpuppt sich dabei als eine Art Über Ich, ist Jojos moralische Instanz, die ihm aufgibt, wie er sich zu verhalten hat – und deren obszöne, selbstzerstörerische Qualität immer wieder zu Tage tritt. Warum sich ein kleiner Junge einen Politiker genauso wie die Fab Four an die Wand hängen sollte, bleibt der Film dabei bewusst schuldig. Ist es der Drang, irgendwo dazu zu gehören? Sind es die abwesenden, aber trotzdem bemühten Eltern? Waititis vorherige Filme legen letzteren Schluss nahe, vor allem „Boy“ hat eine ähnlich vom Protagonisten überhöhte, nahezu mythische Vaterfigur, deren Realität gleichermaßen vom Vorstellungsbild abweicht und die sich folglich als falsches Idol herausstellt. „Jojo Rabbit“ bleibt die Antwort jedoch letztendlich, wohlgemerkt bewusst, schuldig: wer hier einfache oder angenehme Lösungen erwartet, wird enttäuscht.

Sollte das jetzt deprimierend klingen, so sollte man sich nicht auf die falsche Fährte locken lassen. Denn der Film bleibt selbst im ins dramatische schwenkende dritten Akt durchgehend lustig und verpackt sogar seine Schicksalsschläge in eine gewisse Leichtigkeit, die die Handlung nicht in „Bildungskino“ absinken lässt. Wieder einmal geht es Waititi darum, mit seinem Film emotionale Tiefen auszuloten, ohne sich darin zu suhlen. Dabei helfen die ausdrucksstark aufspielenden Darsteller, vor allem Hauptdarsteller Roman Griffin Davis beweist, dass in ihm großes Talent schlummert. Egal, was das Drehbuch ihm aufgibt, Davis stellt es in seiner ersten Rolle überzeugend dar, sei es Wut, Trauer oder Ausgelassenheit. Und Scarlett Johansson? Die hat sich ihre zweite Oscarnominierung in diesem Jahr redlich verdient. Gerade die Szene, in der sie Vater und Mutter gleichzeitig spielen muss, wird vom eindrucksvollen Wechsel zwischen den Charakteren in ihrer Körpersprache getragen.

Leider landet nicht jeder Gag, bei der Schlagquote kann aber auch nicht alles treffen. Zusätzlich sind ein paar Wendungen der Geschichte recht vorhersehbar, vor allem der Wechsel in den letzten Akt wird kilometerweit antelegraphiert, ohne eine Spur von tragischer Unvermeidbarkeit zu haben. Das sind aber nur ein paar Tropfen auf den heißen Stein, im Großen und Ganzen weiß „Jojo Rabbit“ zu überzeugen.

Wer mal wieder so richtig über Kriegsverbrechen lachen will, der sollte sich ins Kino bewegen.

Jojo Rabbit Bewertung
Bewertung des Films
810

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9 Kommentare
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MobyDick : : Moviejones-Fan
26.01.2020 01:47 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Silencio

So, gesehen, uff. Stimme deinem Review in "keinster Weise" zu (was nicht schlecht ist, sondern nur eine komplett andere Rezeption ist)

Absolute Empfehlung, ich werde mich die Tage mal an eine Gegendarstellung setzen ;)

Dünyayi Kurtaran Adam
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Silencio : : Moviejones-Fan
24.01.2020 07:37 Uhr
0
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.416 | Reviews: 54 | Hüte: 289

eli4s:

"Schöne Kritik, auch wenn mich der Film immernoch irgendwo so gar nicht anmacht.
"arg bescheuerte Deppenhumor" klingt auch nicht so gut in meinen Ohren."

Danke für das lobende Feedback.

Ich sag mal so, wenn du mit dem Humor vom Waititi nichts anfangen kannst, wird dir auch "Jojo Rabbit" nur bedingt zusagen. Persönlich mag ich das, gerade weil der "Deppenhumor" nicht wie bei einem typischen Sandler einfach nur dämlich ist, sondern immer mit einem gewissen Identifikationspotential bzw. einer gewissen Sympathie ausgestattet ist. Waititi schaut schon eher liebevoll in Richtung der Deppen, ohne Kritik auszusparen.

"Auch bin ich natürlich skeptisch wegen all der Kritik zum Umgang mit dem Thema an anderer Stelle. Mal sehen, ob ich mir den noch genehmige."

Die Kritik, die mir bis jetzt über den Weg gelaufen ist, ist tatsächlich eher verfehlt. Dem Film wird, ähnlich wie der andere Best Picture-Anwärter "Joker", einiges vorgeworfen, was nicht so wirklich zutrifft. Man darf ja zum Beispiel öfter lesen, der Film würde aussagen, man müsse mit Nazis reden, dann würde sich schon alles in Luft auflösen - und das passiert in dem Film einfach nicht, die Aussage muss man da schon gewollt reinlesen.

Ich hab den Film übrigens in einem Programmkino gesehen. Allerdings gehören die fünf Programmkinos hier in der Ecke (also für mich immer noch zwei Städte weiter...) auch zusammen, vielleicht können die Disneys Schickane deshalb besser auffangen.

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

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PaulLeger : : Moviejones-Fan
23.01.2020 23:52 Uhr
0
Dabei seit: 26.10.19 | Posts: 2.331 | Reviews: 17 | Hüte: 261

@ eli4s

Als ich bei den lokalen Programmkinos nach dem Film suchte, fand ich diesen Kommentar auf der Website:

"Leider können Sie den Film nicht bei uns sehen. Er wird von Disney verliehen. Dort hat man für Programmkinos wenig übrig."

Läuft tatsächlich aber im Blockbusterkino um die Ecke...

Hier läuft er tatsächlich sowohl in einem Programmkino als auch im UCI und Cinestar. Aber verständlich, dass viele Programmkinos die Verleihpolitik von Disney nicht mitmachen wollen.

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eli4s : : Moviejones-Fan
23.01.2020 21:16 Uhr
0
Dabei seit: 22.02.12 | Posts: 2.700 | Reviews: 31 | Hüte: 115

Schöne Kritik, auch wenn mich der Film immernoch irgendwo so gar nicht anmacht.
"arg bescheuerte Deppenhumor" klingt auch nicht so gut in meinen Ohren.

Auch bin ich natürlich skeptisch wegen all der Kritik zum Umgang mit dem Thema an anderer Stelle. Mal sehen, ob ich mir den noch genehmige.

Hierzu aber nebenbei ganz lustig:
Als ich bei den lokalen Programmkinos nach dem Film suchte, fand ich diesen Kommentar auf der Website:

"Leider können Sie den Film nicht bei uns sehen. Er wird von Disney verliehen. Dort hat man für Programmkinos wenig übrig."

Läuft tatsächlich aber im Blockbusterkino um die Ecke...

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Silencio : : Moviejones-Fan
22.01.2020 17:28 Uhr
0
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.416 | Reviews: 54 | Hüte: 289

luhp:

Die Kritiken unterschlagen, dass der Song zum Ende darauf hinweist, dass das nur ein vorübergehender Sieg ist. Oder dass der Film durchaus moralisch ambivalenter ist, als die Trailer das vermuten lassen. Mehr sag ich dazu ohne Spoiler Tags aber nicht.

MB80:

Jo, die Frotcrew ist ja in letzter Zeit immer ein bisschen schnell dabei, mit breiter Kritik zu zerreißen. ;)

Moby:

Danke dir.

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
22.01.2020 17:01 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.328 | Reviews: 180 | Hüte: 634

Es ist schon eine Wohltat, diese Kritik zu lesen, nachdem "JoJo Rabbit" zuletzt oft als verharmlosende NS-Holocaust-Feel-Good-Komödie verrissen wurde.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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MB80 : : Black Lodge Su
22.01.2020 16:38 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.904 | Reviews: 44 | Hüte: 261

"Und Scarlett Johansson? Die hat sich ihre zweite Oscarnominierung in diesem Jahr redlich verdient."

Ich hab mir schon fast gedacht, dass ich den Jungs vom "Frotcast" nicht ganz trauen kann, als die über Johanssons Rolle in "Marriage Story" (sehr guter Film) hergezogen haben.

"Andererseits ist es nunmal ziemlich lustig, wenn ein Kind zu „Komm, gib mir deine Hand“ der Beatles Sieg Heil-end durch die Straßen läuft."

Mist, dann muss ich wohl doch ins Kino... Ich hoffe es gibt auch nen "Führerschein " Witz.

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

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MobyDick : : Moviejones-Fan
22.01.2020 15:31 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Freu mich, den zu schauen, mal schauen, wann ich es schaffe, aber first things first: erst mal Hut!

Dünyayi Kurtaran Adam
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Silencio : : Moviejones-Fan
22.01.2020 14:36 Uhr
1
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.416 | Reviews: 54 | Hüte: 289

Anfang der Woche die Vorpremiere mitgenommen, hier ein paar (halbfertige) Gedanken.

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

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