Bewertung: 4 / 5
Auch wenn ich finde, dass man Kritiken am Besten generell erst nach der Sichtung eines Films liest (was mir persönlich selten gelingt, weil ich einfach viel zu neugierig bin^^) folgt hier wie gewohnt erst einmal die Warnung vor Spoilern.
Kurz zum Kino unserer diesmaligen Wahl:
Trailer zu Joker
Da Kayin und ich uns recht spontan entschieden haben, zusammen in diesen Film zu gehen (dazu gleich mehr), haben wir uns für die organisatorisch (aber nicht qualitativ) beste Variante entschieden. Das Lux Kino in Frankenthal sollte es werden. Natürlich ist das Lux alles andere als ein schlechtes Kino, aber verglichen mit den sonstigen Lichtspielhäusern, die wir sonst so wählen (IMAX, D-Box, usw), doch eher spartanisch. So war es die Variante 2D, im normalen Otto Normalverbraucher Sitz (hätte nie gedacht, das ich die D-Box Variante mal so vermissen würde^^). Natürlich hat das der Qualität es Films keinen Abbruch getan. Womit wir auch schon bei der Kritik wären.
Zur Handlung:
Die Handlung dürfte den meisten wohl schon bekannt sein und ist auch schnell zusammengefasst. Arthur Fleck ist ein Loser. Er hält sich gerade so mit schlechtbezahlten Jobs über Wasser und wohnt mit seiner Mutter, um die er sich liebevoll kümmert, in einer heruntergekommenen Wohnung. Sein Traum, ein Stand-Up Comedian zu werden, ist in weiter Ferne, alleine schon wegen seiner psychischen Erkrankung, die ihn bei Stress immer lauthals lachen lässt. Natürlich versteht das nicht jeder und so kommt es doch recht häufig vor, dass Arthur Opfer der Intoleranz seiner Umwelt wird. Der sowieso schon psychisch gestörte Arthur, gerät so in einen Strudel aus immer mehr Gewalt und seelischer Abnormität. Nachdem Artur zu guter Letzt noch der Ursache seiner schweren psychischen Störung auf den Grund geht, gerät seine gesamte Welt aus den Fugen. Als er dann noch die Möglichkeit erhält in einer großen Fernsehshow aufzutreten, will Arthur Nägel mit Köpfen machen und ergibt sich seinem Drang zu exzessiver Gewalt vollends hin.
Zur Kritik:
Zuerst sollte man wissen, dass ich vor der Sichtung des Films keine großen Erwartungen hatte. Im Gegenteil, ich bin mir recht sicher gewesen, dass mir der Film nicht gefallen wird. Es war im Prinzip mehr das Interesse an dem Gespräch (das aus organisatorischen Gründen leider sehr viel kürzer ausgefallen ist, als ich geplant hatte) mit meinem Begleiter, Kayin, der sich sehr auf den Film gefreut hat, was mich dazu bewogen hat ins Kino zu gehen. Die Trailer vermittelten mir das Bild einer Psychostudie, eines ins Psychedelische abdriftende Experiments, was normalerweise so überhaupt nicht mein Fall ist. Nihilismus und ähnliche Begriffe, die für mich erst seit meiner Zeit auf MJ eine Bedeutung bekamen, sind keine Eigenschaften, die ich mit Filmen in Verbindung bringe, die mir auch nur im Ansatz gefallen könnten. Umso mehr bin ich froh, dass ich mich auf dieses Experiment eingelassen habe. Denn Joker hat mich auf ganzer Linie Überzeugt. Natürlich ist der Film im Großen und Ganzen schon eine Studie der Psyche eines schwer gestörten und geschundenen Menschen, doch Joker gelingt es die Balance zwischen Studie und Mainstream Erwartungen zu halten. Joker ist keine Comicverfilmung, wie man es als geneigter Fan gewohnt ist und kann dennoch einem Publikum gefallen, dass den üblichen Vorlieben und Sehgewohnheiten eben jener geneigter Fans entspricht.
Alleine der Soundtrack und die gezielt eingesetzten musikalischen Elemente des Films, sind einfach nur bombastisch und reißen einem richtiggehend mit. Die Mischung aus altbekannten Songs und einfacher musikalischer Einstreuung an den emotional perfekten Stellen, könnte nicht besser gewählt sein. Kayin und ich sind uns nicht nur in diesem Punkt absolut einig.
Die Schauspieler machen allesamt einen guten Job. Natürlich allen voran Joaquin Phoenix, der den Film über weite Strecken alleine trägt und meiner (sowie auch Kayins) Meinung hier die Rolle seines Lebens spielt. Auch Robert de Niro, der den typischen Showmaster, der keine Gelegenheit auslässt, andere durch den Kakao zu ziehen, perfekt spielt, macht seine Sache ebenso hervorragend wie Zazie Beetz, die die Nachbarin und vermeintliche Freundin des schwer gestörten Arthur Fleck spielt. Letzten Endes bleibt noch Frances Conroy zu erwähnen, die die Mutter Arthurs spielt. Ihre Rolle ist deswegen so interessant, weil die Ansicht und die Eistellung zu dieser Figur den Wendepunkt in Arthurs Einstellung zu sich selbst und somit auch den Wendepunkt im Film darstellt.
Zum Handwerklichen des Films kann ich nur so viel sagen, dass ich an Schnitt, Kameraführung und Regiearbeit nichts auszusetzen hatte. Allerdings bin ich in diesem Gebiet auch alles andere als ein Fachmann. Kayin ist da wesentlich fundierter bei diesem Thema weshalb ich mich hier voll und ganz seinem Urteil anschließen will, das durch und durch positiv ausfiel.
Was uns beide sehr überrascht hat, waren die klaren Querverweise zu Batman, die immer wieder den Film durchqueren. Allerdings zeichnet man hier das erste Mal ein Bild von Thomas Wayne, das nicht so recht zu dem Strahlemann Image, das man sonst so kennt, passen will. Zwar wird Wayne auch hier als großer Retter Gothams in Stellung gebracht, doch alleine durch die abweisende Art, die Wayne den Kontaktversuchen Athurs entgegenbringt, verändert sich die Einstellung zu dem millionenschweren Unternehmenschef und Kandidat für das Bürgermeisteramt doch sehr.
Beim Thema Gewalt sind Kayin und ich uns ebenso einig, dass eine FSK 16 für Joker sehr überraschend ist. Der Film kommt zwar über weite Strecken recht harmlos daher, doch setzt er punktuell einige Marken, die es in sich haben. Dennoch kann von der viel gescholtenen Gewaltverherrlichung, die dem Film nachgesagt wird, keine Rede sein. Natürlich gibt es einige gewalttätige Momente in Joker, die dem Zuschauer, durch das Leid, welches dem Protagonisten zugefügt wird, eine gewisse Legitimität verkaufen wollen. Doch zu keiner Zeit hat man das Gefühl, dass einem die erwiderte Gewalt als generelle Lösung angeboten wird. Es ist von Anfang an klar, das Arthur Fleck eine gestörte Persönlichkeit hat und nun mal ebenso gestört, auf die ihm angetanen Ungerechtigkeiten, reagiert.
Zum Fazit:
Joker ist ein wirklich guter Film geworden, der sehr viel mehr ist, als nur die Studie eines psychisch kranken Menschen. Es ist ein absolut sehenswerter Film, der Popcornkino mit Drama vereint. Auch wenn Joaquin Phoenix einen zweiten Teil für sich ausgeschlossen hatte, wäre es geradezu eine Verschwendung, das Potential des Films nicht weiter zu nutzen. Ich denke, dass man aufgrund des offensichtlichen Erfolges noch einiges erwarten darf. Von meiner Seite, sowie von Kayins Seite, gibt es eine klare Weiterempfehlung für Joker. Kayin vergibt viereinhalb Hüte. Ich pendele mich allerdings bei vier Hüten ein, weil ich denke, dass trotz kaum eines ernsthaften Kritikpunkts an dem Film, dennoch ein Pünktchen Luft nach oben ist.