Bewertung: 4 / 5
Wenn James Wan sich mal wieder in seinem Paradegenre austobt, dann ist der Weg ins Kino für mich (und meine Schwester) stets absolute Pflicht. Und auch wenn nicht jeder einzelne seiner Horrorfilme absolutes Gold ist - der Mann weiß wie das Genre funktioniert und sorgt stets für gekonnte Scares und schöne Aneinanderreihungen bekannter Genreversatzstücke in einer Art und Weise, die dem Zuschauer wohlige Schauer über den Rücken zu jagen vermag. Nun ist Malignant an der Reihe gewesen - sein neuester Streich - der, soviel vorab, ein wenig "aus der Art schlägt" und sich, anders als das Marketing es einem verkaufen möchte, keineswegs an Conjuring und Insidious anbiedert, sondern eher aus der Feder des frühen Sam Raimi stammen könnte. Doch der Reihe nach:
Inhalt:
Trailer zu Malignant
Madison (Annabelle Wallis) hat alles was sich die moderne Frau wünschen kann: Einen anstrengenden Job, 2 Fehlgeburten hinter sich und einen trinkenden und brutalen Ehemann, der sich nicht mal zu schade ist, seine zum dritten Mal schwangere Gattin brutal an die Wand zu klatschen, bloß weil sie ihm eine Frage stellt und es dafür wagt den Fernseher auszumachen.. Super Leben - und als sie zu allem Überfluss auch noch anfängt einem Mörder in sonderbaren Visionen bei seiner Arbeit zuzusehen, weiß sie nicht mehr weiter. Mit der Hilfe ihrer Schwester Sydney (Maddie Hasson) und des Ermittlerduos Shaw (George Young) und Moss (Michole Briana White) macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit hinter den Morden...
Kritik:
Malignant ist nicht das was er zu sein scheint, insbesondere gemessen am Marketing habe ich einen völlig anderen Film bekommen als den, der mir durch die Trailer suggeriert werden sollte. Wan baut zwar den Film durchaus zunächst auf wie andere seiner Werke und platzier die Figuren auf dem Schachbrett, bevor er sonderbare Horrorwelten erschafft und geisterhafte Gestalten durchs Bild wandern lässt. Doch spätesten am Ende des ersten Aktes weiß man in etwa wohin die Reise gehen könnte und wird sich schnell zweier Dinge gewahr, die diesen Film aus der Masse an übernatürliichen Gruslern herausstechen lässt, die die vergangenen Jahre das Mainstream-Horrorkino in festem Griff hatten:
- Malignant ist so weit weg von einem "Run-of-the-Mill"-Horrorfilm wie er es nur sein könnte. Denn erstens ist alles anders und zweitens als man denkt. Nicht, dass der Film völlig neue Wege im Genre beschreitet, die noch nie jemand gegangen ist - er ist nur ein Hauch von sehr frischem WInd gemessen am Horrorkino der vergangenen Jahre.
- James Wan kann Camp - das bedarf sicherlich einer kurzen Erläuterung: "Camp" ist im Grunde das, was z.B. Sam Raimi mit seinem Evil Dead 2 - Dead by Dawn perfektionier hat. Diese Art von überzogenem, mitunter blutig-spaßigem Käse, der sich nie so richtig ernst nimmt, ohne dabei aber auf eine Schiene zu driften, die es einem schwer macht, den Film trotzdem zu mögen. Unfug - aber eben welcher, der Spaß bringt und einen nicht bloß ungläubig mit dem Kopf schütteln lässt.
Und kann man diese zwei Punkte akzeptieren, dann wird man auch mit Malignant seinen Spaß haben. Man muss nur wissen, worauf man sich einlässt. Denn wenn der Film nach und nach immer obskurer und abgedrehter wird, dabei aber trotzdem in seiner eigenen kleinen Welt irgendwie total Sinn macht - dann ist das schon große Kunst. Campyness ist leider etwas, was sich das moderne Horrorkino nicht nur ausgesprochen selten traut (der letzte Film, an den ich mich erinnern kann, der sich relativ erfolgreich daran versucht hat, war You´re Next, der im Finale dermaßen "out there" war, dass ich aus dem manischen Lachen nicht mehr herauskam), sondern auch die wenigsten Regisseure überzeugend hinbekommen.
Diese Feine Linie zwischen Horror und Schwachsinn, auf der sich Camp bewegen muss, ist ein steter Balanceakt. Driftet man zu sehr zum Horror, wirken die humoristisch überzogenen Elemente wie ein Störfaktor. ist der Fuß zu weit auf der Seite des Schwachsinns, untergräbt man den Horroraspekt. Doch trifft man diese Balance, wie es Wan hier gekonnt gelingt, wechseln sich ernsthaft gruselige Momente mit irrsinnigen Augenblicken völliger Ungezügeltheit ab. Und dann macht so ein Film auch Spaß.
Eindringliche Musik, talentierte Darsteller und das alles verschnürt von Wans gekonnter Genreregie - ich konnte die Prämisse hier durchgehend ernst nehmen und war auch stets interessiert am Mysterium hinter dem Killer und trotzdem habe ich in der zweiten Hälfte einfach unverschämt viel Spaß an dem gehabt, was der Film an obskuren Geschützen aufzufahren bereit war.
Fazit:
So geht das, wenn man Horror als Genre liebt. James Wan macht den Raimi und zieht alle Register in dieser Fingerübung in Sachen Campyness. Mutig, anders und ungemein Unterhaltsam. Wer mit Tanz der Teufel was anfangen kann und wem Re-Animator immer schon Spaß machte, der sollte sich hier einfach mal an die Materie wagen und James Wan die Chance geben. Denn wenn Malignant aufdreht, dann geht er dahin, wo sich heute nur noch selten Mainstream-Horrorfilme trauen. Und das wird garantiert nicht jedem gefallen - aber wer weiß, worauf er sich einlässt, der bekommt hier mal wieder Genrekost der etwas anderen Art serviert.
Von mir gibts starke 8/10 Punkte bzw. 4/5 Hüte,
dieser Film verdient es gesehen zu werden!