Bewertung: 1.5 / 5
Robin Hood. Eine zeitlose Sage, derer sich schon häufig in allerlei medialer Form angenommen wurde. Bei den meisten Filmfans dürfte bei Errol Flynn irgendwo was klingeln, Menschen meiner Generation haben vermutlich in Kevin Costner ihren Robin Hood gefunden und die etwas jüngeren unter uns wurden 2010 mit Russell Crowes Interpretation der Figur beglückt. Nun - 2019 reiht einen weiteren jungen Vagabunden in diese Tradition ein: Taron Egerton - ein Robin Hood für die Instagram-Generation.
Trailer zu Robin Hood
Inhalt:
Robin von Loxley lebt ein gutes Leben in seinem Anwesen nahe Nottingham. Als er eines Tages die junge Diebin Marian beim Stehlen eines seiner Pferde ertappt ist es um ihn geschehen. Die beiden heiraten und verbringen eine glückliche Zeit, bis Robin für die Kreuzzüge eingezogen wird und das Land für 4 Jahre verlässt. Als er zurückkehrt findet er sein Anwesen in Ruinen, Marian in den Armen eines anderen und den Sheriff von Nottingham, einen korrupten und bösartigen Mann, an der unumstößlichen Macht. Dieser herrscht mit eiserner Faust über die Menschen und hat auch Robins Hab und Gut, unter Behauptung dieser sei auf den Kreuzzügen zu Tode gekommen, gepfändet. Mit der Hilfe des maurischen Yahya, genannt John, beginnt er einen ganz persönlichen Kreuzzug gegen die Grausamkeit des Sheriffs und für die Rückerorberung seiner Liebe...
Kritik:
Wo fangen wir nur an? Vermutlich am Besten beim absolut Offensichtlichen: Robin Hood in der 2019er-Variante weiß zum Verrecken nicht, was er sein will. Ästhetisch bedient sich der Film teilweise im klassischen Kostümfilm, dann wiederum nimmt er Elemente des Steampunk, wirft ein wenig Moderne mit in den Mix und steht sich damit immer wieder selbst im Weg. In der, Inszenatorisch nicht mal allzu üblen, Darstellung der Kreuzzüge beispielsweise sieht man Robin und seine Kameraden in ärmellosen Schuppenpanzern, die in Kombination mit dem Rest ihrer Bekleidung stark an Kevlar-Westen moderner Soldaten erinnern. Auch der Umstand, dass die gesamte Truppe mit Bögen im Anschlag durch die Straßen einer Stadt im Nahen Osten zieht, lässt einen an Fernsehbilder der vergangenen 10 Jahre denken. Und dieser moderne Grundton wäre eine Ebene gewesen, auf der man sicherlich hätte aufbauen können.
Hätte man sich die Mühe gemacht, mit einer gewissen Stringenz im Design, beispielsweise den gesamten Film in die frühen 90er des vergangenen Jahrhunderts zu verlegen und aus Robin einen Golfkriegsveteranen gemacht, hätte die Ästhetik Sinn gehabt und man hätte auf dieser Ebene eine moderne Interpretation der Figur liefern können. Allerdings bricht die Darstellung während des Kreuzzugs beispielsweise ästhetisch völlig mit vergleichsweise klassischen Mittelalterdarstellung in den ersten paar Minuten, welche Marian und Robin in deren Anwesen zeigen. Und diese Form von Inkonsistenz zieht sich leider durch den gesamten Film.
Allerdings endet sie nicht in den Designentscheidungen, sondern betrifft in vielerlei Hinsicht auch die Charaktere. Beginnend bei Robin, den Egerton als Hood mit seiner jugendlichen Gewitztheit sehr gut verkörpert, bei dem er jedoch als Loxley in der Öffentlichkeit ein ums andere Mal irgendwie deplaziert und viel zu jung wirkt, und dem hier im Grunde eine wirkliche Motivation für sein Handeln fehlt. Costner kam heim, sein Vater ermordet, sein Schloss niedergebrannt und alle die er liebte verletzt oder tot. Alles was er hatte war Rache, aber eine greifbare Rache eines Mannes, der nichts mehr zu verlieren hatte. Egerton kommt heim, sein Haus verfallen, sein Geld fort, er für tot erklärt - aber abgesehen von Marian, mit der er einfach hätte sprechen können, um das Missverständnis um seinen Tod aufzuklären, hat er keine echte Motivation sich gegen den Sheriff (Ben Mendelsohn) oder gar auf Seiten des Volkes zu stellen.
Erst John, den Jamie Foxx gewohnt charismatisch verkörpert, bringt ihn auf den Pfad der Rache und nebenbei steigt "Hood" als Inspiration für die Massen im Ansehen der Menschen von Nottingham. Nichts davon ist jedoch Selbstlosigkeit zu einem größeren Wohl, alles zielt auf eine Rache ab, die garnicht wirklich Robins ist. Erst später wirft das Skript uns einen wesentlich größeren Konflikt hin, der auch wirklich Potenzial gehabt hätte. Doch auch dieser verläuft, wie so viele Plotpunkte, irgendwie bedeutungslos im Sand. Nicht, dass der Plot nicht weitestgehend absolut funktional wäre und auch recht gradlinig durchaus Sinn ergibt, aber jedes Mal wenn eine "Charaktermotivation" hinzukommt, wird das Kopfkratzen stärker.
Der Sheriff, von Mendelsohn übrigens recht offensichtlich mit Blick auf Rickmans "Sheriff of HAMington" aus der 91er-Variante gespielt, bekommt eine kurze "ich wurde als Kind misshandelt"-Szene, die keinerlei Relevanz besitzt und ihn lediglich in seinem Handeln noch fragwürdiger erscheinen lässt, Bruder Tuck (Tim Minchin) ist die meiste Zeit einfach nur da und aus irgendeinem Grund sowas wie der Schatzmeister und Fußabtreter des Sheriffs, Will "Scarlet" (Jamie Dornan) ist Marians neuer Freund und ansonsten lediglich vorhanden für den Großteil der Laufzeit - außerdem hätte er vermutlich den passenderen Robin von Loxley abgegeben, aber das ist ne andere Geschichte. Und dann ist da noch Marian, gespielt von Eve Hewson, die vor allem dadurch auffällt, dass sie aussieht, als hätte man eigentlich Jeniffer Lawrence haben wollen, jedoch nicht das Geld sie zu bezahlen. Also hat man sich scheinbar kurzum eine Schauspielerin gesucht, die wie eine Discount-Variante von Lawrence aussieht. Darstellerisch okay, charakterlich völlig inkonsequent geschrieben.
Dabei spürt man immer wieder die Ideen und das Potenzial, die in diesem Film steckten. Er ist durchaus kompetent gefilmt und abgesehen von ein paar holprigen Effekten an ein paar Stellen und dem eher funktionalen Score kann man Regisseur Otto Bathurst nicht mal vorwerfen handwerklich schlecht gearbeitet zu haben. Der Großteil eines solchen Films steht und fällt aber nunmal mit damit, sich für eine Idee, ein Design und eine Linie zu entscheiden, was hier nie wirklich stattfindet. Der moderne Subtext blitzt durch, die offenbar von Bathurst intendierten sozialkritischen Untertöne sind durchaus vorhanden, nur werden sie eben einfach bloß immer wieder plakativ eingeworfen, um dann in der Folge kaum Konsequenzen zu besitzen. Korrupte Regierung, das Volk muss sich erheben, ein Mann kann alles ändern - blablabla, haben wir alles schon gehabt und das in besser.
Fazit:
Was bleibt also unterm Strich? Denkt man nicht allzu viel über die logischen Probleme des Films nach und kann die Inkonsequenzen in Sachen Charakterzeichnung und Design verzeihen bekommt man einen recht kurzweiligen, knapp 2 Stunden langen, Abenteuer-Actionfilm, der die bekannte Sage teilweise ganz solide modernisiert und mit guten Setpieces sowie recht gekonnter Regie aufwarten kann. Sucht man jedoch nach funktionierenden Charakteren, Konsequenz in der Art, wie der Film geschrieben ist, oder möchte dieses Gefühl von Epik oder Größe, welches derlei Abenteuerfilme für gewöhnlich mitbringen können, wird man reichlich enttäuscht das Kino verlassen. Insbesondere darüber, was dieser Film hätte sein können, denn die Ansätze sind immer wieder da und man möchte sich gern an einem davon festhalten und ihn weiterverfolgt sehen. Doch alle 10 Minuten wird etwas verworfen und neue Zutaten werden in den Mix geworfen, sodass schlussendlich eine reichlich inkonsequente Pampe daraus wird, bei der keiner so recht zufrieden ist.
Was die Wertung angeht ist Robin Hood 2019 eine ganz schwierige Kiste. Als Actionfilm ohne großen Anspruch könnte man hier durchaus mit nem zugekniffenen Auge lockere 5/10 Punkte geben und sagen, dass er zum einmal Anschauen durchaus taugt. Als neuester Vertreter einer langen Reihe von teilweise sehr viel besseren Verfilmungen des Stoffes muss allerdings auch diese Inkarnation der Figur sich den Vergleich gefallen lassen und hier fällt er schlussendlich leider weitestgehend durch, egal wie viele gute Ansätze da waren. Somit werden es unterm Strich
3/10 Punkte bzw 1,5/5 Hüte
und der anhaltende Ärger darüber, was dieser Film alles hätte sein können. Er hat nämlich wirklich immer wieder Spaß gemacht und war auch nicht "miserabel". Aber am Ende scheitert er eben doch vor allem an seinem gewaltigen Erbe.