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Ruhm

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Stolpernde Pfauen

Ruhm Kritik

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0 Kommentare - 19.03.2012 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 3.5 / 5

Die Verfilmungen von Wladimir Kaminers Russendisko und Daniel Kehlmanns Ruhm haben mehr gemeinsam als nur das Produktionsland und den Kinostart im März: Beide sollte man nicht zwingend als Adaption bewerten, sondern als eigenständiges Werk beurteilen, wenn man nicht auf einen Verriss aus ist. Während Oliver Ziegenbalg in seiner Russendisko mehr die Stimmung als den Inhalt des Buches auf die Leinwand zu transportieren versucht, legte Isabel Kleefeld Ruhm als Episodenfilm mit exzellenten Akteuren für ein intellektuelles Publikum an. Diesen Satz kann man mit einem "nur" versehen, muss man aber nicht.

Isabel Kleefeld reduzierte die Zahl der Geschichten aus dem Buch nicht nur von neun auf sechs, die Regisseurin und Drehbuchautorin verwischt die Wirklichkeit auch nicht im Stil von Kehlmann. Sie will einfach mit Anspruch unterhalten.

Der technophobe Elektroingenieur Joachim Ebling (Justus von Dohnányi), bislang kein Freund des mobilen Telefons, stürzt mit dem Kauf eines solchen ins Abenteuer. Er wird verwechselt; bekommt Anrufe, die so spannend sind, wie er es nur aus Filmen kennt. Der Biedermann entwickelt ungeahnten Mut und beginnt, mit einer fremden Identität zu spielen.

Diese dürfte dem Filmstar Ralf Tanner (Heino Ferch) gehören: Eigentlich ist der Schauspieler genervt von seiner uferlosen Popularität, ebenso groß ist jedoch seine Sorge, dass irgendetwas mit seinem Telefon nicht stimmt, denn er bekommt deutlich weniger Anrufe als gewöhnlich. Das allein kann einen Star aus der Balance bringen. Wenn dann noch ein Doppelgänger auftaucht, in dessen Schatten sich der Prominente verstecken kann, ist ein prächtiger Ausgangspunkt für Verwicklungen erreicht.

Eitle Männer kommen in Ruhm ins Stolpern. Auch Schriftsteller Leo Richter (Stefan Kurt) zählt dazu, seines Zeichens ähnlich populär wie Tanner. An seiner Seite steht die schöne Elisabeth (Julia Koschitz), die jedoch kein Dekomaterial ist, sondern Ärztin in Krisengebieten. Die Handlung um den Autor verzweigt sich: Senta Berger kämpft sich als krebskranke Romanfigur durch eine fremdgesteuerte Fantasiewelt. Gabriela Maria Schmeide hingegen müht sich in einer trostlosen und recht abgedroschenen Episode als Kollegin Leo Richters abgeschlagen vom zentralen Geschehen auf einer Lesereise durch den Ostblock.

Während Schmeides Rolle recht undankbar erscheint, loten Stefan Kurt, Heino Ferch, Justus von Dohnányi und Co. auf unwiderstehliche Weise die Tiefen ihrer Charaktere aus. Sogar Kehlmann, der keine Bedingungen stellte, was das Skript betraf, erhielt einen kleinen Gastauftritt inklusive Selbstbeweihräucherung: Er reiht Pressezitate über sein Werk sinnfrei aneinander. Auch diese Rede schrieb Kleefeld, die in ihrem nicht ganz billigen Film in erster Linie von der Sehnsucht - weniger nach Ruhm, sondern mehr nach einem gelungenen Leben - erzählen will.

Das Filmteam zog in 39 Drehtagen von Argentinien über Mexiko Richtung Ukraine und Schweiz, um alle, die mitspielen, aus der Bahn zu werfen. Das Gesamtwerk wirkt jedoch etwas verkopft - was man einerseits der Regisseurin, die bei ihrem Kinodebüt die Zügel recht fest in der Hand hält, andererseits Kehlmanns Vorlage zuschreiben könnte. Doch wer Martin Gypkens' 2006 erschienene Verfilmung von Judith Hermanns Nichts als Gespenster mochte, wird auch Ruhm mögen.

Ruhm bekommt 3,5 von 5 Hüten.


(Quelle: teleschau - der mediendienst | Claudia Nitsche)

Ruhm Bewertung
Bewertung des Films
710

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