Bewertung: 3 / 5
Antarktis, Winter 1982: Norwegische Forscher finden eine fliegende Untertasse und die sterblichen Überreste eines Besatzungsmitglieds der Raumschiffs im ewigen Eis. Das ist der Fund des Jahrhunderts, ist man sich einig, der den ein oder anderen Nobelpreis gewinnen wird. Mit Hilfe einiger amerikanischer Forscher, allen voran der Paläontologin Kate, will man das tote Alien erforschen, bevor man mit der Meldung an die Öffentlichkeit geht. Doch was da seit Jahrtausenden scheinbar tot im Eis lag, hat tatsächlich nur auf eine solche Gelegenheit gewartet. Bald schon verleibt sich das Ding die ersten Forscher ein und lehrt die Überlebenden mit seiner gefährlichsten Fähigkeit das Fürchten: es kann andere Lebewesen nachahmen. Das Misstrauen wächst, denn jeder könnte schon längst das Ding sein...
Um die Jahrtausendwende fiel den Studios auf, dass es einfacher wäre, alte Horrorfranchises neu zu beleben, statt mit neuen Ideen potentiell zu scheitern. Finanziell ergibt diese Strategie durchaus Sinn, denn man kann zum Einen mit bekanntem Namen Werbekosten einsparen und zum Anderen haben diese bekannten Namen immerhin ihre eingebaute Fanbase, die sich einen neuen Film mit ihrem Lieblingsmonster/-schlitzer/-wasauchimmer sowieso anschaut. Nun verhielt es sich aber so, dass die meisten dieser Filme an den Kinokassen keine große Wellen schlagen konnten. Schuld waren natürlich, so die Studiologik, die Fans, die einfach keine Remakes mochten. Mit „The Thing“ ging man deshalb einen anderen Weg. Statt einem Remake drehte man ein Prequel zum Film von John Carpenter, der allerdings selbst schon ein Remake war, gab ihm aber den gleichen Titel, um neue Zuschauer nicht abzuschrecken. Keine schlechte Taktik eigentlich.
Trailer zu The Thing
Uneigentlich jedoch zeigen sich bei genauerem Hinsehen schon konzeptionell relativ schnell erste Probleme. Denn Carpenters Episode in der norwegischen Forschungsstation hat in seinem Film von 1982 eine ganz bestimmte Funktion, die durch ein Prequel zunichte gemacht wird. „Das Ding aus einer anderen Welt“ braucht diese Sequenz nämlich, weil der Film viel mit der Angst vor dem Unbekannten spielt. Gerade dass wir nicht wissen, was in der norwegischen Station passiert ist, verleiht dem Film in den nachfolgenden Szenen eine gewisse Unsicherheit, mit der Carpenter bewusst die Spannung steigert. Dementsprechend kann ein Prequel hier nur die Wirkung des Originalfilms schmälern, dem Zuschauer nur die Ungewissheit nehmen.
Carpenters Film zeichnete sich aber durch noch etwas aus, das „The Thing“ schmerzlich vermissen lässt. Carpenter zelebrierte den körperlichen Zerfall förmlich, er kostete die Transformationen aus, lies den Zuschauer an jeder schmerzhaften Verschiebung des menschlichen Körper teilhaben. Wenn bei ihm etwas aus dem Menschen hervorbrach, tat das bereits beim Zusehen weh. Die ausgewalzten Verwandlungen weichen in „The Thing“ leider recht schnellen Metamorphosen, bei denen kaum Zeit bleibt die Formen des Dings zu verarbeiten. Generell wurde auf Carpenters gemächlichen Ansatz gänzlich verzichtet. Am Anschaulichsten verdeutlicht dies die Szene, in der das Monster sich aus dem Eisblock befreit, in dem es zur Station gebracht wurde.
Einer der Männer betritt den Raum, in dem das Alien im Eisblock aufbewahrt wird. Langsam nähert er sich dem Block, betrachtet die außerirdischen Formen unter dem Eis und dann... JUMP SCARE! Einer der anderen Männer steht hinter dem ersten und erschreckt ihn. Der erste Mann atmet durch, mustert das Ding wieder und dann... JUMP SCARE! Das Alien bricht mit lautem Getöse aus seinem eisigen Gefängnis aus. Regisseur Matthijs Van Heijningen ist mehr in den Konventionen modernerer Horrorfilme verhaftet, er versucht eher den schnellen Thrill zu verschaffen, als den Zuschauer langfristig zu verunsichern. Jetzt scheint es natürlich unfair, „The Thing“ mit dem Klassiker von Carpenter zu vergleichen und generell haben sich in den fast dreißig Jahren zwischen den Filmen Sehgewohnheiten grundlegend geändert. Aber „The Thing“ lädt zu diesen Vergleichen ein, schließlich vergehen kaum fünf Minuten, in denen er irgendeine Anspielung auf das große Vorbild bringt.
Für sich genommen kann „The Thing nur bedingt punkten. Das Drehbuch ist vorhersehbar, auch ohne das Original zu kennen, aber macht zumindest keine größeren Fehler. Der Cast ist zum größten Teil gut aufgelegt, kann aber über die recht dünnen Charaktere nicht hinwegtäuschen. Das Produktionsdesign ist schön anzusehen, die Ding-Transformationen haben eine angenehme lovecraftsche Ader. Aber alles in allem fühlt „The Thing“ sich leer an, was vor allem daran liegt, dass die Charaktere blass bleiben und es grundsätzlich um nichts geht. Der Film hat zwar ein Mutterschaftsthema, das aber unterentwickelt ist, da es nie ordentlich verbalisiert wird.
„The Thing“ ist kein Totalausfall, Carpenter ist von der Remake/Reboot-Schiene schon schlimmer gescholten worden. In Musikbegriffen ausgedrückt ist er ein einfallsloses Cover, dass dem Original nichts neues hinzufügen kann, bei dem man aber auch den Radiosender nicht wechselt, wenn es mal gespielt wird.