Bewertung: 4.5 / 5
Diese Review fällt für mich unter die Kategorie “Muss ich unbedingt machen“, weil mich dieser Film in vielfacher Hinsicht überrascht und beeindruckt hat und ich gerne ein wenig darauf aufmerksam machen will. Wer mich kennt, weiss, dass ich normalerweise nicht besonders viel mit Dramen anfangen kann. Doch hin und wieder kommt es vor, dass mich ein Film berührt, der so gar nicht zu meinen eigentlichen Sehgewohnheiten passt. Hier war das der Fall.
Spoiler werde ich zwar markieren, dennoch empfehle ich den Film vorm Lesen der Review gesehen zu haben, um unvoreingenommen Three Billboards Outside Ebbing, Missouri genießen zu können.
Trailer zu Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Zur Handlung:
Nachdem Mildred Hayes Tochter, Angela, brutal vergewaltigt, ermordet und verbrannt wurde, ist für die alleinerziehende Mutter schon viel zu viel Zeit vergangen um einen Schuldigen dingfest zu machen. Leider hat die örtliche Polizei, unter der Führung von Sheriff Bill Willoughby, es noch nicht geschafft einen Schuldigen hinter Schloss und Riegel zu bringen. So kommt es, dass Mildred die namensgebenden “Billboards“ mietet, um mit plakativer Werbung (im wahrsten Sinne) auf diesen Missstand hinzuweisen. Nun sieht sich jeder, der die abgelegene Landstraße zu ihrem Haus entlangfährt, mit riesigen und unübersehbaren Anschuldigungen gegen die Polizei, vor allem aber gegen den Sheriff, konfrontiert. Doch nicht jeder findet diese Aktion so gut, denn der Sheriff ist ein von allen geachteter Mann und noch dazu schwer krank, was Mildred nicht nur den Zorn der örtlichen Polizei, sondern auch vieler Dorfbewohner einbringt.
Zur Kritik:
Ein Mädchen ist gestorben und niemand wurde verhaftet. Das könnte man als Grundaussage des Films betrachten, doch Three Billboards Outside Ebbing, Missouri hat so viel mehr zu erzählen und macht einiges mehr an Aussagen, als man auf den ersten Blick vermutet.
Da gibt es auf er einen Seite Mildred, die den Kummer und den Zorn über den grausamen Tod ihrer Tochter auf die Polizei loslässt, deren Motive zwar absolut nachvollziehbar und verständlich sind und die man zuerst als Protagonistin versteht, als “die Gute“ wahrnimmt. Doch so einfach ist das nicht, denn die Polizisten, die bisher noch keinen Schuldigen präsentieren konnten, sind alles andere als die korrupten oder bestenfalls unfähigen Cops, die man (zumindest ich) erwartet hatte. Sheriff Willoughby ist ein geschätzter Mann und ein liebender Familienvater, der nicht nur damit umgehen muss, dass er nicht mehr lange zu leben hat , sondern sich auch Vorwürfe macht, dass er Angelas Mörder nicht fassen konnte. Natürlich gibt es auch hier einen Officer, der vorerst die Rolle des Antagonisten übernimmt, doch auch er macht im Film eine Entwicklung, die deutlich macht, dass seine Motive durchaus einen Hintergrund haben, der seinem Charakter und seinen Handlungen eine gewisse Legitimität verleihen. Dennoch ist Officer Dixon derjenige, dessen Entscheidungen ihm vorerst die Rolle des “Bösen“ einbringen, wenn auch nur zu Beginn. Denn genau dieser Umstand, nämlich, dass es im Leben eben keine ausschließlich guten oder bösen Menschen gibt, sondern immer nur Blickwinkel, die sich aus den jeweiligen Erlebnissen und Erfahrungen der einzelnen Personen ergeben, macht diesen Film für mich zu etwas ganz besonderem. Die Art, wie im Film abwechselnd jeder mal mehr, mal weniger gut oder böse scheinen lässt, zeichnet ein sehr realistisches Bild der Verhältnisse, wie sie eben sind. Von Anfang bis Ende, wechselt man automatisch die Sicht der Dinge. In diesem Film macht jeder Fehler, macht sich jeder schuldig und wird dennoch vom Zuschauer verstanden und kurz nach einer schnellen Verurteilung oder Empörung wieder in ein anderes Licht gerückt. Selbst Mildred, die aus purer Verzweiflung auch nicht zurückschreckt Straftaten zu begehen und unschuldige in Gefahr zu bringen, lässt den Zuschauer die ihr entgegengebrachten Gefühle von tiefem Verständnis, zu ablehnendem Missfallen und wieder zurück, alle Paletten der Empfindungen für ihre Handlungen durchleben.
Regisseur Martin McDonagh, der auch das Drehbuch schrieb, schafft es, eine ungewohnte Balance für jeden einzelnen Charakter zu erschaffen, die bis zum Schluss den besonderen Stil des Films ausmacht. Obwohl die Story größtenteils langsam und bedächtig voranschreitet, ist Three Billboards Outside Ebbing, Missouri kraftvoll und spannend bis zu Letzt. Man ist gefesselt, wie es mit den einzelnen Figuren weitergeht und baut zu jedem der Akteure eine echte emotionale Bindung auf. Was nicht zuletzt auch an dem fantastischen Cast liegt. Frances McDormand, die hier eine Rolle spielt, die man ihr offensichtlich auf den Leib geschrieben hat, spielt die Rolle der taffen aber gebrochenen Mutter absolut grandios. Ebenso wie Woody Harrelson, der einmal mehr beweist, dass er im Drama ebenso überzeugen kann, wie in den anderen Genres, in denen er sonst so zu finden ist. Auch Sam Rockwell, der den gescheiterten Officer Jason Dixon spielt, gibt seiner Rolle eine Tiefe, die vielleicht sogar die bedeutendste Charakterwandlung im Film darstellt. Doch auch Nebenrollen, wie die von Peter Dinklage verkörperte Figur James, der im Prinzip nichts weiter will als sein Glück zu finden, sind toll besetzt und bereichern den Film.
Wenn mir etwas an Three Billboards Outside Ebbing, Missoury nicht gefällt, dann ist es die schmerzliche Erkenntnis, dass es im Leben leider selten eine echte Gerechtigkeit gibt. Natürlich kann das kein Kriterium für die Bewertung des Films sein, denn hier wird lediglich ein sehr viel realistischeres Bild der Gesellschaft gezeichnet, als es bei anderen Filmen meist der Fall ist.
Fazit:
Es ist, im Gegensatz zu der cineastisch meist angewendeten Charakterzeichnung, eben keines Wegs so, dass wir in einer Welt leben, in der Gut und Böse klar getrennt sind. Three Billboards Outside Ebbing, Missoury nimmt sich dem Schicksal eines kompletten Ortes an, in dem alle Bürger gleichermaßen mit einem grausamen und ungesühnten Verbrechen klarkommen müssen. Charmant, traurig und amüsant, führt der Film durch die einzelnen Charaktere und die Art eines jeden Einzelnen, mit dem Geschehenen und den Konsequenzen umzugehen. Dabei bietet der Film weder eine Lösung, noch einen aufklärenden Abschluss . Doch genau das ist es, was den Film so besonders macht. Der Zuschauer begleitet die Charaktere auf einem Stück des Weges und nimmt Teil an allem was geschieht. Ich muss es nocheinmal betonen, normalerweise ist das genau die Art Film, die mir nicht gefällt. Ich will mich in die heile Welt der Filme flüchten, nicht mit der ungerechtigkeit der Realität konfrontiert sehen. Doch auch wenn Three Billboards Outside Ebbing, Missoury genau das macht, schafft er es, trotz der eigentlich traurigen Story, mehr Hoffnung, als Trauer oder Verzweiflung beim Zuschauer zu hinterlassen. Der Film zeigt, dass wir letzten Endes alle nur Menschen mit Fehlern sind und dass Vergebung auch Heilung sein kann (mein Gott, was bin ich wieder philosophisch^^). Von mir bekommt Three Billboards Outside Ebbing Missoury 4,5 von 5 Hüten und eine absolute Weiterempfehlung für alle die mal ein besonderes Schmankerl im dramatischen, aber dennoch humorigen, Sektor schauen wollen.