
Bewertung: 3 / 5
Der investigative Journalist Eddie Brock (Tom Hardy) kommt hinter die Machenschaften der mysteriösen Life Foundation. Als er ein Interview mit dem Chef dieser Organisation Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) führt, gerät sein Leben aus den Fugen. Dank eines Tipps gelangt Brock in die Einrichtung, entgegen der Warnung seiner Freundin Anne (Michelle Williams). Dort gerät er in Kontakt mit einem außerirdischen Symbionten und wird kurz darauf gefeuert.
Hätte man in den 2000er Jahren eine Comicverfilmung gemacht, dann hätte diese einen gewissen Reiz gehabt. Wie romantisch verklärt das doch zu jener Zeit war, als das höchste der Gefühle tatsächlich noch ein X-Men (2000) war. Dann kam da plötzlich noch ein Spider-Man (2002), der in eine gewisse Kerbe schlug und auch einen gewissen Trashfaktor zu sich hatte. Viel zu albern waren die Dialoge, viel zu albern war das Schauspiel. Gerade wenn der großartige Willem Dafoe seinen Kobold gibt, dann ist man einfach hin und weg. Und genau so ein Film ist Venom. Eine ganz simple Geschichte. Gut gegen böse und der Verlust, von allem, was einem lieb und heilig ist. Venom ist konventionell, ohne konventionell zu sein. Der Film etabliert den Starreporter Eddie Brock als einen egozentrischen Mann, der sich einer Sache verschrieben hat, nämlich der Wahrheit. Skandale deckt er in seiner Show auf und legt sich dabei auch immer wieder mit den Großen an. Eben das, was die sogenannte Vierte Gewalt häufig in Filmen so heroisch wirken lässt. Doch da tut sich eigentlich auch schon ein direktes Paradoxon auf, weil die Figur immer wieder als egozentrisch und selbstverliebt verkauft wird. Gut, zugegebenermaßen muss man sagen, daß Eddie Brock denkt schon viel an sich und lässt dabei gerade zwischenmenschliche Beziehungen gerne auf der Strecke. Auf der anderen Seite muss man sagen, daß das, was ihn anscheinend so egozentrisch macht, auch gleichzeitig auf der anderen Seite etwas ist, was sehr nobel ist. Denn er deckt große Skandale und Betrug am Volk auf. Eben ein Held, wenn man so will.
Trailer zu Venom
Aber mal ganz ehrlich, so zu tun, als sei Venom ein Werk, daß man ob seiner Vielschichtigkeit analysieren kann, ist auch ein wenig übertrieben. Sicherlich sucht sich der Film sein Feindbild in einem Phänomen moderner Zeit. Das Silicon Valley, wird hier ausgedrückt durch den edel anmutenden Wissenschaftler Carlton Drake, der mit seiner Forschung ein Heilmittel für alles und jedes Wehwehchen hat. So ganz verstehen tut man nicht, was er da eigentlich genau macht und in welchem Spektrum sich seine Forschung befindet. Es hat am Ende sogar etwas von Ant-Man (2015), wenn er seine Versuchsobjekte diabolisch nach und nach raussucht und versucht sein Ziel um jeden Preis zu erreichen. Auch in Sachen Umweltschutz hat er natürlich die Lösung. Und da tun sich natürlich bekannte Vorreiter unserer Zeit auf, die auch irgendwie einen großen Einfluss auf das Tagesgeschehen haben. Sofort kommen einem da die üblichen Verdächtigen à la Elon Musk in den Kopf. Gleichzeitig ist es natürlich bezeichnend, daß sich diese mysteriöse Firma irgendwelche Menschen von der Straße aufgabelt, diese dann für ihre Forschung missbraucht und alles und jeden mundtot macht, der sich dazu äußern könnte. Diese Mentalität spricht natürlich Bände über unsere Zeit und gerade auch über die amerikanische Gesellschaft, weil es natürlich klar ist, daß nicht jedes Lebewesen den gleichen Wert hat. Ja, daß mag zynisch klingen, doch in einer Oligarchie sind es eben die vielen Wenigen, die über die weniger wertvollen Vielen entscheiden.
Im Prinzip kommen aber auch die Leute auf ihre Kosten, die etwas mit Sigmund Freud anfangen können. Gerade die Beziehung zwischen Venom und Eddie Brock ist ja eine, die ebenso viel Spielraum für Interpretationen lässt. Auf der ganz einfachen, banalen Ebene ist das natürlich erstmal unterhaltsam, weil auch Tom Hardy sich in dieses miese Drehbuch so genial reinfindet. Wenn Venom davon erzählt, daß er auf seinem Heimatplaneten so etwas wie ein Loser ist, dann muss man einfach darüber lachen. Dieses große, absolut furchterregende Wesen, daß jeden Menschen mit einem Bissen verschlingen könnte, ist natürlich bei sich so etwas wie ein Nerd und Außenseiter. Aber sicher doch! Die Frage ist, wenn Venom das Wesen ist, was hier nur dazu dient, gewisse Triebe auszuleben, dann personifiziert er wohl das sogenannte Es. Spannend ist weiterhin, daß Eddie Brock eigentlich sowohl das Ich, als auch das Über-Ich repräsentieren könnte. So ist es ja die Aufgabe des Ich zwischen Über-Ich und Es zu vermitteln. Währenddessen ist dem Über-Ich daran gelegen, die Kontrolle zu bewahren. Wenn das vielleicht auch etwas zu weit ausgeholt für Venom scheint, so ist die bloße Interaktion zwischen Venom und Eddie Brock bemerkenswert spannend. Und das passt gut zu den ohnehin einfach nur grauenhaft herrlichen Dialogen. Wer auch immer hier für die gesagten Worte verantwortlich ist, der hat irgendwie den Duktus eines zehnjährigen. Das macht Spaß, ist irgendwie blöd und dennoch kann man es verschmerzen, weil eben Tom Hardy einfach alles spielen kann.
Übliche Themen eines Ruben Fleischer Films lassen sich auch hier wieder finden. Familie, Freundschaft, Anpassungsfragen etc. Das ist indes nicht so spannend, wie auch die ein oder andere Figur im Film. Gerade Michelle Williams ist hier einfach nur verschwendet. Da werden eben übliche Rollenmuster erfüllt, in der eine Frau, eben nur eine Frau ist. Die Emanzipation hat da wirklich gewisse Grenzen. Wenngleich man ihr natürlich einen unglaublich komplizierten Job zutraut, ist die Figur sonst eher komplett passiv. Und selbst wenn das so ein wenig auf eine Romanze ausgelegt ist, so wirken die Interaktionen zwischen den Figuren dahingehend auch nicht gerade tiefsinnig. Ebenso wie es auch der Schurke an sich ist. Er spiegelt halt das böse, doch böse ist er eher nicht. Die Charakterisierung wirkt so ein wenig lächerlich.
Die überwiegende Mehrheit an Leuten, die kritisieren, würden Venom vermutlich ein absolut grauenhaftes Werk schimpfen und die hätten recht. Doch Ruben Fleischer ist hier auf eine angenehme Weise nostalgisch, während er einen Buddy-Body-Horrorfilm ohne Horror in Szene setzt. Der Grund, warum das funktioniert, liegt dabei eindeutig in Hauptdarsteller Tom Hardy begründet, der sein Talent hier vielleicht vergeudet, aber dafür unterhält.
