Vor wenigen Wochen eröffneten wir unsere Debatten-Rubrik mit einem User-Kommentar über Disneys Mulan-Politik.
Von ArneDias stammt auch dieser Text, der sich dieses Mal um Zack Snyder und den geheimnisvollen Synder-Cut dreht!
+++ Es handelt sich um einen Usertext. Der Kommentar spiegelt nicht unbedingt die Meinung der MJ-Redakteure wider. +++
Viele wollten ihn sehen, doch ihn jemals erblicken zu können, galt als unmöglich. Einige Auserwählte prahlten, ihn gesehen zu haben, während wieder andere behaupteten, er würde gar nicht existieren. Über die Jahre wurde er zum Mythos. Die Rede ist nicht vom Heiligen Gral, sondern vom Snyder-Cut!
Seit der Veröffentlichung von Justice League im Jahr 2017 hielten sich hartnäckig die Gerüchte um eine alternative und fertige Version des Filmes von Regisseur Zack Snyder. Wohl nur die wenigsten glaubten ernsthaft daran, dass jemals so eine alternative Version offiziell veröffentlicht wird. Doch allem zu trotz wurde genau diese für kommendes Jahr angekündigt. Er existiert also nicht nur, wir werden ihn auch bald alle sehen können. Doch wollen wir das auch?
Ein wenig zur Geschichte des Ganzen: Sowohl Man of Steel als auch Batman v Superman - Dawn of Justice waren nicht der erhoffte Erfolg, den Warner Bros. sich gewünscht hatte. Zack Snyder hatte jedoch eine Geschichte im Kopf, welche mit Justice League ihr Ende finden sollte. Die Arbeiten an diesem Film liefen bereits, als Warner Bros. aufgrund des ausbleibenden Erfolges erste Zweifel am Unterfangen bekam. Zack Snyders eher düsterer und ernster Ansatz schien das Kinopublikum nicht so abzuholen, wie es die eher humorvollen und bunten Marvel-Filme konnten.
Zack Snyder war mit den Dreharbeiten zu seinem Justice League im Grunde fertig, als seine Tochter Selbstmord beging. Dieses tragische Ereignis veranlasste ihn dazu, als Regisseur des Filmes zurückzutreten, um sich um seine Familie zu kümmern. Der Film war also abgedreht, aber jemand musste die Fertigstellung (Musik, Effekte etc.) überwachen. Vielleicht, und das ist spekulativ, sah Warner Bros. hier eine Chance, den Kurs nachträglich doch noch zu ändern.
Man verpflichtete ausgerechnet Joss Whedon, Regisseur der ersten beiden Avengers-Filme. Ob es die Idee des Studios oder die von Whedon war, ist unklar. Jedoch wurde im Folgenden der ursprüngliche Film von Zack Snyder teilweise stark geändert. Whedon änderte den Ton des Filmes und ließ etliche neue Szenen drehen. Legendär ist dadurch auch der Schnurrbart von Henry Cavill geworden, welchen er in diesen Nachdrehs vertraglich aufgrund seiner laufenden Dreharbeiten zu Mission: Impossible - Fallout nicht entfernen durfte.
"Zack Snyder’s Justice League" Trailer 1
Das Ergebnis der Änderungen durch Whedon ist ein Film, welcher im Kino sowohl bei Fans als auch Filmkritikern ziemlich durchfiel. Und die Frage, wieso jede Face-App besser in der Lage ist, einen Schnurrbart digital zu entfernen, als es die Leute bei Warner Bros. vermochten. Schon kurz nach der Veröffentlichung des Filmes forderten erste Fans, das Studio solle den ursprünglichen und nicht genutzten Cut von Zack Snyder veröffentlichten. Der Snyder-Cut war geboren.
Im Laufe der letzten Jahre wechselten sich Berichte, der Synder-Cut würde existieren bzw. er würde nicht existieren, in stetiger Regelmäßigkeit ab. Heute wissen wir, er existiert und Warner Bros. hat sich sogar endlich dazu erbarmt, ihn zu veröffentlichen. Ein nahezu einmaliger Vorgang in der Kinogeschichte. Denn im Falle des Snyder-Cuts handelt es sich nicht um eine bloße Erweiterung des Filmes, wie beispielsweise ein Director´s Cut, sondern wohl tatsächlich um eine gänzliche andere Version des Filmes. Die Fassung, welche Joss Whedon ins Kino brachte, hatte eine Laufzeit von gerade mal zwei Stunden und vieles davon wurde von Whedon selbst zusätzlich gedreht. Die Version, die Zack Snyder nun fertigstellen darf, beträgt ganze vier Stunden und wird keine der Szenen enthalten, die Whedon gedreht hat. Von dem Snyder-Material des Filmes kennen wir also vielleicht gerade einmal 100 von 240 Minuten. Was das am Ende ausmacht, werden wir wohl erst bei der Veröffentlichung feststellen.
Nun aber die zwei Fragen, die im Raum stehen:
Kann ein neuer Cut den Film besser machen? Und wollen wir den Snyder-Cut am Ende überhaupt wirklich sehen?
Zumindest für die erste Frage kann man Präzedenzfälle anfügen. Vor allem seit der Einführung der DVD und der Technik des Digitalen Cuts gibt es immer wieder erweiterte oder veränderte Versionen von Filmen. Ein ganz berühmtes Beispiel sind sicherlich die Der Herr der Ringe-Filme. Betrug die Laufzeit der Kinoversionen jeweils 178/179/201 Minuten, so beinhalten die erweiterten Versionen jeweils um etwa eine Stunde mehr an Material, auch ganze Szenen wurden teils neu angeordnet oder ergaben einen anderen Sinn. Mehr ist nicht immer besser, aber in diesem Falle sind es die klar besseren Filme. Es haben aber auch Filme wie Aliens - Die Rückkehr oder Independence Day einen Director´s Cut erhalten, bei denen man streiten kann, welches die bessere Version ist und ob man nicht doch lieber bei der Kinoversion bleiben sollte.
Im Falle des Snyder-Cuts kann vor allem ein Film helfen, die Frage zu beantworten: Batman v Superman - Dawn of Justice ließ im Kino nicht alle, aber doch viele Fans und Filmkritiker eher enttäuscht zurück. Zack Snyder selber war mit der Kinoversion, die immerhin schon eine Laufzeit von 151 Minuten hatte, ebenfalls unzufrieden. Im Heimkino wurde deshalb die Ultimate Edition veröffentlicht, mit einer Laufzeit von 182 Minuten. Und ja, diese Version ist in der Tat wesentlich besser und hätte auch im Kino sicher mehr Fans und Filmkritiker überzeugen können. Ein Meisterwerk wird der Film auch in der längeren Version nicht, aber doch ergibt vieles hier wesentlich mehr Sinn. Selbst das berühmte "Martha" fällt hier etwas weniger negativ ins Gewicht.
Nachdem jedoch der Snyder-Cut schon als Heiliger Gral für Comicfans angesehen wurde, bleibt es fraglich, ob der Film am Ende tatsächlich zu begeistern weiß. Nach all dem Hype und den Hoffnungen, kann der Film eigentlich gar nicht all die hohen Erwartungen erfüllen. Ist es nicht sogar wahrscheinlich, dass der Snyder-Cut am Ende genauso enttäuschen wird wie die Kinofassung? Vielleicht wäre es besser gewesen, der Snyder-Cut wäre für immer ein Mythos geblieben. So hätten die Fans auf ewig diese Vorstellung, dass es tatsächlich irgendwo ein verstecktes Meisterwerk gibt, statt im kommenden Frühjahr womöglich jeglicher Hoffnung dessen beraubt zu werden.
Noch wissen wir nicht, ob sich das Warten lohnt. Aber wir wissen, dass es schon jetzt mindestens 70 Mio. Dollar kosten wird, diese neue Version zu erstellen. 70 Mio. Dollar, um aus einem schlechten Film vielleicht noch etwas Gutes zu machen. Ist dies wirklich eine sinnvolle Investition? Als Vergleich: Das Budget der Filme Parasite, Green Book, Moonlight und Birdman beträgt zusammen 56,4 Mio. Dollar und sie alle haben den Oscar für den Besten Film gewonnen. Da kann man die Investition von Warner Bros. in den Snyder-Cut zumindest mal hinterfragen ;-)
Jetzt seid ihr dran: Ja oder Nein zum Snyder-Cut? Braucht die Welt eine alternative Version eines schlechten Filmes? Kann der Film die Erwartungen überhaupt erfüllen? Oder hätte man die 70 Mio. Dollar lieber in ein Man of Steel 2 stecken sollen? Schreibt in die Kommentare eure Meinung!
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