Fast so schön wie Fliegen! Wer schon immer mal mit dem Netz der Spinne durch die Schluchten New Yorks sausen wollte, ist bei "Spider-Man" goldrichtig.
So beliebt Comicfilme inzwischen sind, so wenig gute Spiele gibt es in diesem Segment. Alle paar Jahre kommt zwar mal ein ordentlicher Vertreter daher, aber Spiele wie die Arkham Asylum-Reihe mit Batman sind eher selten und es hat seinen Grund, warum gerade Marvel es scheut Spieleadaptionen seiner MCU-Filme zu produzieren. Zu schlecht sind die spielerischen Ergebnisse zum ersten Iron Man und Co. ausgefallen. Dabei können Superhelden wunderbar in Spielen funktionieren und je cooler die Superkraft, desto mehr Spaß kann das Spiel machen. Wenn man sich dann die Zeit nimmt und ein Spiel um eine Figur und nicht zu einem Film produziert, kann was Tolles bei rumkommen. So geschehen bei Marvels Spider-Man für die Playstation 4.
Dreißig Stunden Spielspaß liegen vor einem, wenn man das erste Mal den Controller in die Hand nimmt und am Netz durch die Schluchten von New York schwingt, um es gleich zu Beginn mit dem Kingpin aufzunehmen. Seit vielen Jahren ist Peter Parker nun schon Spider-Man und sorgt sich als freundliche Spinne aus der Nachbarschaft um seine Mitmenschen. Dies ist aber nur der Auftakt für eine ganze Reihe von Problemen, die Spider-Man aus der Welt schaffen muss, bevor es zum großen Showdown kommt. Der Peter bzw. Spider-Man, den wir in Marvels Spider-Man erleben, hat übrigens nichts mit der Interpretation von Tom Holland im MCU zu tun, sondern ist eine freie Interpretation der Figur, die hier und da Verbeugungen vor den Filmen vollzieht, aber meist ihr eigenes Ding macht. Dennoch hat Insomniac eng mit Marvel zusammengearbeitet und so könnte durchaus an der einen oder anderen Stelle Tom Holland im Kostüm stecken oder Iron Man den Anzug entworfen haben.
Schön ist, dass man nicht wieder im Urschlamm anfängt und Peter Parker von Beginn an Spider-Man ist. Nach zwei filmischen Auseinandersetzungen mit dessen Originstory - genetisch manipulierte Mutantenspinne verleiht ihm Superkräfte - hat inzwischen wohl jeder ein recht genaues Bild davon, wer Spider-Man eigentlich ist und was er kann. Nicht ohne Grund hat Marvel diesen ganzen Ballast auch bei Spider-Man - Homecoming weggelassen. Das schafft Raum für ganz eigene Charakterentwicklungen und -interaktionen. Vor allem in früheren Spielen eher stiefmütterlich behandelte Figuren wie Tante May oder Harry bekommen so viel mehr Raum und auch Peter darf ganz neue Facetten an sich entdecken. Überhaupt ist die cineastisch erzählte Story, die Schurken wie den Kingpin, Electro, Vulture oder Rhino ins Rampenlicht rückt, die große Stärke des Spiels. Schon früher wusste Insomniac mit ihren Ratchet & Clank-Spielen zu unterhalten und amüsante Geschichten zu erzählen. Hier geht es jetzt etwas ernsthafter, aber immer noch comicesque zur Sache.
Während man sich so im Spiel dann immer von A nach B schwingt und für Recht und Ordnung in den Straßen New Yorks sorgt, welches übrigens wunderschön und ziemlich präzise umgesetzt ist, gibt es neben der Story natürlich auch diverse Actioneinlagen zu bestreiten. Hier hat man sich akkurat das Kampfsystem von Konkurrent Batman aus den Arkham-Spielen angeschaut und wer mit diesen Kämpfen vertraut ist, wird sich bei Marvels Spider-Man sehr schnell heimisch fühlen. Dennoch bleibt es im Kern eine Kopie, die nicht ganz an die meisterhafte Umsetzung vom dunklen Rächer herankommt. Aber die Kämpfe, vor allem gegen mehrere Gegner, sorgen immer für einen gesunden Adrenalinschub und wem das auf Dauer zu viel ist, der kann sich auf diverse Schleichpassagen freuen. Hier wird immer wieder ein wenig Tempo herausgenommen und Spider-Man muss mehr aus dem Verborgenen heraus agieren. Mit echten Stealthspielen kann man hier natürlich ebenfalls nicht mithalten, aber die Schleichpassagen sind trotz recht vorgegebener Lösungswege eine wunderbare Abwechslung und bereichern das Spiel ungemein.
Auch wenn nicht alles perfekt ist und manche Ecke und Kante von Insomniac ruhig hätte ausgebügelt werden können, der Gesamteindruck ist einfach cool. So viel Spaß hatten wir schon lange nicht mehr mit einem Superhelden in einem Videospiel und dank Freischwingfunktion ist man hier fast so lebendig wie ein Vogel. Eindeutig das beste Spiel mit Spider-Man seit Spider-Man 2 auf der PS2.