Zugegebenermaßen ein plakativer Titel, mit dem wir das Thema gekrönt haben. Doch drückt dieser unzweifelhaft aus, was uns erwarten könnte: Dass das Kino, so wie wir es heute kennen, irgendwann nicht mehr existiert. Ob nun Lichtspielhäuser nach und nach verschwinden oder nur noch Filme für den breiten Massenmarkt erscheinen, sei an diesem Punkt dahingestellt, denn so oder so sprechen beide Varianten auf ihre Art für den Niedergang der bekannten Kinokultur.
Ob nun ein Film gut oder schlecht ist, entscheidet der persönliche Geschmack. Und nicht immer sind die erfolgreichsten Filme auch gleich die besten, wie diese Liste zeigt. Verständlich also, dass Produzenten abwägen müssen, ob sie einen Film wie Shame für eine äußerst kleine Zielgruppe aufgrund der engen Freigabe ins Feld führen oder eher auf Nummer sicher gehen und auf eine bekannte Formel setzen, die ein größeres Publikum findet. Finden könnte, muss man sagen, denn inzwischen weichen Einnahmen oftmals gravierend von den Prognosen in negativer Hinsicht ab.
Viele Gründe werden dafür ins Feld geführt, darunter illegales Streaming, Übersättigung der Zuschauer und zu hohe Eintrittspreise. Auch in vielen Userkommentaren, die wir über die Jahre hinweg auf Moviejones beobachten konnten, ist mitunter deutlich zu spüren, dass sich trotz aller Effekte und Topstars gern Langeweile breitmacht. Was will der Zuschauer also und gibt es überhaupt eine Erfolgsformel? Das ist die große Frage und auch die Frage, der wir uns stellen. Wie könnte sich die Zukunft des Kinos gestalten, wenn dieser Trend anhalten sollte?
Gibt es die Erfolgsformel?
Remakes, Reboots, Fortsetzungen... Dies sind Schlagworte, mit denen sich Filmfans seit vielen Jahren rumschlagen. Rumschlagen müssen, ehrlicherweise. Kaum ist Twilight - Biss zum Morgengrauen erschienen, folgen weitere Teenie-Romanzen wie Chroniken der Unterwelt - City of Bones oder Seelen. Kaum hat ein Film dystopischen Settings wie Die Tribute von Panem - The Hunger Games Erfolg, setzen andere Studios mit Maze Runner - Die Auserwählten im Labyrinth, Die Bestimmung - Divergent oder Hüter der Erinnerung - The Giver nach. Was Erfolg hat, wird kopiert und idealerweise setzt man dabei auf bestehende Marken. Jugendbuchadaptionen, seit einigen Jahren das Schlagwort.
Doch das hat zur Folge, dass neuen Ideen und Kreationen kaum noch eine Chance eingeräumt wird, derartige Filme nur limitiert oder teilweise gar nicht auf Leinwand erscheinen. Statt so manchen Film bewusst für ein erwachsenes Publikum zu veröffentlichen, wird mitunter so lange geschnitten, bis eine niedrigere Freigabe erreicht wird, um die größtmögliche Zielgruppe anzusprechen. Dabei wird mitunter die ursprüngliche Zielgruppe annihiliert (Stichwort The Expendables 3). Mittendrin all die ganzen Comicverfilmungen, bei denen Marvel und Disney ganz vorn mitmischen, die zwar ein durchdachtes und erfolgreiches, aber inhaltlich eher dünnes Filmuniversum schufen. Wie am Reißbrett wird Film um Film produziert, um den Erfolg eines Studios zu kopieren, fast ohne Sinn und Verstand. Warner baut an seinem DC Comics-Filmuniversum, 20th Century Fox plant noch immer die X-Men und Fantastic Four zusammenzulegen, Sony stolperte in den viel zu frühen Spider-Man-Reboot und hat sich jetzt mit seinen Plänen für die The Sinister Six und Venom völlig übernommen. Universal bastelt dabei an seinem Monsterverse und so geht es überall weiter.
Dabei ist es grundsätzlich erst mal nachvollziehbar und macht Sinn, Themen, die einst funktionierten, für das heutige Publikum neu aufzulegen, denn nicht jeder Klassiker hat die Zeit gut überdauert. Doch sobald Filme neu gedreht werden, die teilweise so in ihrer Art nicht mehr funktionieren können, weil das Gefühl einer Dekade verloren gegangen ist, sich Sehgewohnheiten geändert oder bestimmte Themen überdauert haben, wird es schwierig. Vor allem, wenn ein Schema erkennbar ist und nur auf den Geldbeutel des Zuschauers geschielt wird. Das mag bei Teenagern funktionieren, die zahlungskräftigen älteren Generationen, die weiterhin einen markanten Teil des Publikums ausmachen, werden damit jedoch nicht erreicht.
Einnahmen sind nicht gleich Einnahmen
Immer wieder ist von Tentpole-Filmen die Rede. Großen und abstrus teuren Projekten, von denen jedes Filmstudio in der Regel 2-3 im Jahr haben sollte, drumherum wird das übrige Portfolio arrangiert. Und diese Filme müssen Hits werden, koste es, was es wolle. Bei Kosten um die nicht selten 200 Mio. $ und immer öfter genauso teuren Werbebudgets ist jedoch die Gefahr, einen Flop zu landen, gewaltig. Ein Film, der auf diese Weise 400 Mio. $ kostet, muss in den Kinos um die 750 Mio. $ einspielen, um erst einmal schwarze Zahlen zu schreiben. Hinzu kommen Einnahmen aus dem TV-Geschäft, DVD- und Blu-ray-Markt und dem Video on Demand-Sektor, die wir hier erst einmal unter den Tisch fallen lassen wollen.
Üblicherweise gingen früher 55% der Kinoeinnahmen an die produzierenden Studios. Doch diese altbekannte Rechnung ist nicht mehr tragbar und stellt vermutlich eines der größten Risiken für die Kino- und Filmbranche dar. Während in der Vergangenheit große und teure Produktionen in der Regel ihr Geld wieder einspielten, häuften sich in den letzten Jahren die Flops. Battleship, Lone Ranger und John Carter - Zwischen zwei Welten waren nur einige davon. In diesem Jahr hat Jupiter Ascending gute Chancen, die Riege zu erweitern. Waren es bisher Einzelfälle, wird dies in Zukunft häufiger passieren. Das Kinojahr 2014 gibt einen guten Vorgeschmack dessen, was uns möglicherweise und die gesamte Branche erwartet - mit noch ungeahnten Folgen.
2013 wird gern als das Blockbusterjahr bezeichnet und der Erfolg gab den Studios weitestgehend recht, demzufolge folgte 2014 eine noch höhere Blockbusterdichte. Hier zeigte sich aber ein gänzlich anderes Resultat. Ein Blick auf die weltweiten Einnahmen verrät dabei noch nicht das gesamte Fiasko, hierzu muss ein Blick auf die US-Einnahmen geworfen werden, die für die amerikanischen Filmstudios von besonderem Interesse sind und auch der Grund, warum die 55%-Regel nicht mehr Bestand hat.
Kinojahr 2014
Was ist 2014 in den Kinos passiert? Ein gutes, ein erfolgreiches Kinojahr auf den ersten Blick. Ein Transformers 4 - Ära des Untergangs mit weltweit fast 1,1 Mrd. $ klingt doch gut, Der Hobbit - Die Schlacht der Fünf Heere mit beinahe 800 Mio. $ (Tendenz noch steigend) ebenfalls. Selbst ein mutiges Projekt wie Interstellar brachte es weltweit als zehnterfolgreichster Film auf noch 660 Mio. $. Somit alles in Ordnung? Mitnichten.
Versetzen wir uns zurück ins Jahr 2013. Was kamen da für klangvolle Namen auf uns zu, die uns im Kinojahr 2014 erwarten sollten: X-Men - Zukunft ist Vergangenheit (234 Mio. $ in den USA), The Amazing Spider-Man 2 - Rise of Electro (203 Mio. $ in den USA) oder Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1 (333 Mio. $ in den USA). Alles aussichtsreiche Blockbuster, die weltweit meistens nicht enttäuschten, aber gerade in ihrer Heimat, den Staaten, deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben.
Natürlich gab es auch früher schon schlechte Jahre, ein Blick auf 2011 zeigt beispielsweise nur zwei Filme mit über 300 Mio. $, nämlich Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2 (381 Mio. $ in den USA) und Transformers 3 (352 Mio. $ in den USA). Auch die Jahre danach folgten meist nur 5-6 Filme, die diese heilige Marke übersprangen. 2014 fiel jedoch auf, dass viele Filme schon bei 200 Mio. $ eine Hürde sahen und es im Gegensatz zu den Vorjahren trotz unglaublich hoher Blockbusterdichte keinen einzigen Ausbrecher gab wie sonst üblich. Fingen zuvor noch Extras wie Überlänge, 3D-Zuschlag und HFR die sinkenden Zuschauerzahlen auf, scheint dies nun nicht mehr zu funktionieren.
Immer mehr Einnahmen werden dabei nicht mehr in den USA, sondern im asiatischen Raum generiert. Gerade der chinesische Markt wird zunehmend wichtiger, wo die Gewinnmargen für die US-Studios aber massiv sinken. Dennoch wäre eine Fortsetzung wie Pacific Rim 2 ohne diesen Markt undenkbar und Filmstudios setzen alles daran, ihn auch zu hofieren. Handlungen werden explizit nach China verlegt, ob dies nun Sinn macht oder nicht. Nicht mehr die Story steht im Vordergrund, sondern die weltweiten Einnahmen durch Merchandising und Zweitverwertung. Massives Product Placement, kuriose Castingentscheidungen (auf den "Quoten-Schwarzen" folgt der "Quoten-Chinese") und Schauplatzwechsel (siehe Red Dawn) sind die Folge, wenn nicht mehr Drehbuchautoren und Regisseure Entscheidungen treffen, sondern die beteiligten Produzenten das finale Wort haben. Die Folge sind immer verwässertere Filme, die jedweden Biss verlieren - und ein Hollywood, das bei diesem globalen Spiel seine Zuschauer aus den Augen verliert.
Ein Umdenken bei den Studios findet nicht statt, denn anstatt das Portfolio zu diversifizieren, wird das Angebot immer weiter eingeschränkt, nur noch auf eine ganz bestimmte Zielgruppe, die Teenager, geblickt. Jede Ecke und Kante ausgebügelt, der kleinste gemeinsame Nenner gesucht, um wirklich jeden Zuschauer anzusprechen. Dabei verlieren die Filme viel an Magie, was die Klassiker von einst ausmachte. Der Hobbit - Eine unerwartete Reise und seine beiden Fortsetzungen sind gute Beispiele dafür, wie sich das Kino allein in den letzten 15 Jahren im Vergleich zu Der Herr der Ringe - Die Gefährten verändert hat. Sicherlich, schon damals siechte das Filmgeschäft vor sich hin, doch dass technischer Schnickschnack und Effekte inhaltliche Mängel und eine nicht vorhandene Storys kaschieren, klappt inzwischen immer seltener. Die Zuschauer sind übersättigt.
Video on Demand - Die alten Ausreden gelten nicht mehr
Hatten die Studios vor vielen Jahren bereits den Schuldigen ausgemacht - illegale Downloads, die das Geschäft verderben - ist heute wer genau schuld? Wie die Musikbranche stellte Hollywood den bösen Raubkopierer an den Pranger, der ganz allein schuld an den hohen Preisen und dem Einbruch der Einnahmen hätte. Dass diese Logik im Jahr 2015 nicht mehr einleuchtet, sollte jedem klar sein, denn 2014 sollte für Hollywood eigentlich ein Warnschuss sein. Das schwächste Kinojahr seit 2000. Neben den oben genannten Filmen mussten viele große Kinoketten mit massiven Einbrüchen leben, die Regal- und AMC-Kinoketten hatten im Vergleich zu 2013 mit Einbußen von bis zu 50% zu hantieren. Ganze 10,5 Mrd. $ Jahreseinnahmen in den US-Kinos - 4% weniger als im Jahr zuvor. Mit Guardians of the Galaxy und Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1 schafften es nur ganze zwei Filme, mehr als 300 Mio. $ in den USA einzuspielen!
Der Markt verändert sich rasant. Dabei droht Gefahr für Hollywood und Kinos von vielen Seiten. Immer neue Streaming- und Video on Demand-Portale wie Netflix und Amazon Prime drängen auf den Markt. In den USA bereits etabliert, fassen diese seit 2014 auch zunehmend in Europa und Deutschland Fuß. Für Hollywood bisher der zweitwichtigste Markt für Direkteinnahmen. Hinzu kommen die seit Jahren sinkenden Zuschauerzahlen. Ehemalige Zuschauer, die sich eben nicht mehr die zigste Fortsetzung antun wollen, die nicht immer und immer wieder sehen wollen, dass Peter Parker von einer Spinne gebissen wird, Zuschauer, die es leid sind, dass Filme künstlich aufgebläht und dann geteilt werden, wie es bei finalen Teilen von Buchadaptionen inzwischen Usus ist. Es geht schon lange nicht mehr darum, dem Zuschauer ein spannendes Erlebnis zu bieten, sondern ihn nur noch möglichst oft in die Kinos zu locken. Marvel und Disney haben dieses Prinzip dabei inzwischen perfektioniert. Doch wie lange wird dieses Spiel noch gutgehen?
Auch die TV-Sender mischen inzwischen kräftig mit und gerade in den USA hat sich in den letzten Jahren ein unglaublich erfolgreicher Markt, angetrieben durch Pay-TV-Sender wie HBO, etabliert. Immer mehr Schauspieler finden ihre Erfüllung im TV, früher eher die Resterampe. Heute ist es üblich, Stars wie Woody Harrelson und Matthew McConaughey in True Detective als Ermittler zu sehen. Ein Kevin Spacey lebt gut von House of Cards, der neuere Ruhm eines Kiefer Sutherlands beruht auf 24. Es zeigt sich, dass viele gute Autoren an Hollywood kein Interesse mehr haben, im Fernsehen sind sie nämlich diejenigen, die die Regeln festlegen, die über ihre Idee massive Entscheidungsgewalt haben. Immer neue kreative Showkonzepte sind die Folge und die Zuschauer geifern danach, sie wollen tolle Ideen sehen, mitfiebern und mitleiden mit den Figuren. Und die Zuschauer bekommen im TV genau die Befriedigung, die sie suchen, die exorbitanten Erfolge von The Walking Dead und Game of Thrones sind nur ein Beispiel. Und was lernen wir daraus? Serien, die zwar auch am Erfolg gemessen werden, aber kompromisslos daherkommen, ziehen immer noch oder gerade deswegen eine Menge zahlende Zuschauer an.
Quo vadis Kino?
Nachdem Hollywood und die Kinos sicherlich ungern auf 2014 zurückblicken, denkt man nicht über Fehler nach, sondern legt alle Hoffnungen in das neue Kinojahr. Die fast reflexartige Reaktion der Kinoketten und Studios nach einem schlechten Jahr ist normalerweise: "Das Jahr war nicht gut, aber wartet erst das nächste ab. Es wird das beste aller Zeiten!". 2015 wird schon alles richten und dann ist alles wieder gut. Wirklich? Niemand stellt die entscheidende Frage: Was, wenn dieser Trend weiter anhält? Noch mehr und noch teurere Blockbuster sollen das Problem beheben. Ein Blick auf das Kinoprogramm lässt einen als Filmfan teilweise freudig hochschrecken, denn was dieses Jahr an Masse geplant ist, hat es in der Form noch nicht gegeben: Jurassic World, Fifty Shades of Grey, Avengers 2 - Age of Ultron, Terminator Genisys und Mad Max 4 - Fury Road, um nur einige zu nennen. Im Dezember folgt dann Star Wars - Das Erwachen der Macht, da kann doch eigentlich nichts schiefgehen, oder? …und wenn doch?
Wahrscheinlich wird dieses Jahr nicht viel passieren und 2016 sind noch mehr große Filme geplant. Die Jahre darauf ebenso, allein bis 2020 zählen wir über 100 Großproduktionen im Moment. Dann ist alles wieder gut, aber das wäre zu kurz gedacht, denn nur das kurze schnelle Geld zählt, nicht langanhaltender Erfolg. So wie die Masse an Comicfilmen wird auch die Masse an potentiellen Blockbustern letzten Endes den gesamten Markt verändern. Die verbliebenen Zuschauer werden weiter abstumpfen und dem Kino den Rücken zuwenden, was dann durch weiter steigende Preise, inhaltlich noch hohlere Filme und noch weniger Risiko ausgeglichen werden soll. Und wo Kinobetreiber 3D als geldwerte Option bejubeln, wählen Kinogänger oft teils aus Kostengründen, teils aus fehlender Begeisterung die 2D-Variante (so sie denn zu finden ist). Andererseits werden Serien, inzwischen bei vielen beliebter als Filme, einen noch stärkeren Zulauf erhalten. Das Kino steckt an sich in einem Teufelskreis und ein Ende ist nicht abzusehen. Nutznießer dieser Entwicklung wird das aktuelle TV-Programm sein, aber auch dieses läuft Gefahr, über kurz oder lang durch veränderte Sehgewohnheiten abgehängt zu werden. Was, wenn Serien auf YouTube üblich werden? Wenn immer mehr direkt für das Internet produziert wird? Kann dort die Qualität überhaupt gehalten werden? Schaut man sich viele YouTuber und ihren Content an, mag dies bezweifelt werden. Aber gerade die damit aufwachsende Generation hat komplett geänderte Sehgewohnheiten und die daraus resultierenden Folgen für das Kino können noch nicht abgeschätzt werden.
Ergebnisse der Moviejones-Umfrage
Im Dezember hatten wir eine kurze Umfrage gestartet, wie ihr die Zukunft des Kinos seht und ob sich euer Kinoverhalten ändert. 580 User haben teilgenommen und auch wenn dies kein repräsentatives Ergebnis ist, ergibt es doch einen guten Einblick, was ihr so denkt und was euch wichtig ist.
Ihr seid alle filmaffin und das spiegelt sich in den Antworten wieder. Wir haben den Median gebildet und im Schnitt geht ihr 10 Mal pro Jahr ins Kino. Dabei ist es dem Großteil der Leser wichtig, nämlich über 60% Prozent, den Film frühzeitig zu erleben und nicht so lange auf den DVD- und/oder Blu-ray-Start zu warten. Für 74% ist ein weiterer, wenn nicht sogar der ausschlaggebende Grund, dass sie den Film auf möglichst großer Leinwand erleben wollen. Auch soziale Kontakte spielen für 57% von euch eine große Rolle, dient das Kino auch als Treffpunkt mit Freunden und dem Partner. Nur ein geringer Teil der MJ-Leser interessiert sich dabei für das, "was die anderen sagen", denn nur weil Bekannte oder Freunde einen Film kennen, ist es für euch noch kein hinreichender Grund, einen Film auch zu sehen. Nur ganzen 22% ist es wichtig, mitreden zu können, die deswegen auch ins Kino gehen und selbst die 3D-Sau, die seit Jahren durchs Kino getrieben wird, lockt nur noch 22% unserer Leser in die Kinos, während es für 44% kein besonderes Argument, deswegen einen Film im Kino zu erleben.
Anhand dieser Daten verwundert es dann auch nicht, dass die Mehrheit von euch der Meinung ist, ihr Verhalten würde sich auch nicht verändern, wenn DVD-/Blu-ray-Veröffentlichungen oder Video-on-Demand direkt mit dem Kinostart zusammenfallen würden. 68% von euch würden an ihrem Kinokonsum nichts ändern, denn schlussendlich geht ihr gern ins Kino und nicht jeder hat die ganz große Leinwand daheim.
Doch so sehr die Mehrheit das Kino liebt, viele von euch sehen schwere Zeiten auf die Lichtspielhäuser zukommen. Sehr viele Teilnehmer hegen die Vermutung, dass der Stellenwert des Kinos in den kommenden Jahren massiv zurückgehen wird zugunsten neuerer Formate und veränderter Sehgewohnheiten. Vor allem die Preisentwicklung wird als entscheidendes Kriterium von vielen Lesern genannt, weswegen sich das Kino in gewisser Weise selbst abschafft. Auch haben sich einige einstige Kino-Freaks bereits komplett vom Kino verabschiedet, Grund, die Multiplexe, deren Fokus mehr auf teuren Jumbo-Popcornbechern und Käsesauce zu ruhen scheint anstatt Filme in den Mittelpunkt zu stellen. Ebenso auf Gimmicks wie 3D können viele von euch verzichten, sind es letzten Endes nur unnötige Preistreiber. Ein Leser brachte die allgemeine Stimmung auf den Punkt. Auf die Frage "Hat das Kino eine Zukunft?" folgte als Antwort: "Keine große - überteuerte Preise, schlechte Ausstattung und durchwachsener Service. Das Kino meiner Jugend hat sich selber neu erfunden - und das leider falsch." Will das Kino in Zukunft bestehen, ist der generelle Konsens, dass die Preise wieder moderater und bei Filmen mehr Wert auf Qualität gelegt werden muss. Ständig nur Reboots und Remakes und halbgare Drehbücher sind vielen nicht genug. Dennoch bleiben für viele von euch das Sounderlebnis und einen Film auf großer Leinwand zu erleben die Argumente schlechthin, warum es Kinos noch eine Weile geben wird.
Ideenspender
Dabei gibt es Möglichkeiten, gerade aus Video-on-Demand Chancen zu ziehen. Nehmen wir Sony als Beispiel. Zwar nahm man den Skandal um The Interview zum Anlass, den Film doch noch limitiert in die Kinos zu bringen und dann direkt parallel per VoD zu zeigen, doch wäre es schlauer gewesen, einen echten Testlauf zu starten. Ein Film, der trotz des Skandals keine Massen in die Kinos zieht und einspielen wird und der sogar eventuell Kinozuschauer gefährden könnte, wäre dafür prädestiniert gewesen. Damit wäre das Gefühl nicht aufgekommen, dass Sony bloß opportunistisch auf die Einnahmen blickt, sondern ein klug-agierender Beobachter ist.
Fakt ist, dass die junge Generation mit Streaming und VOD aufwächst, worauf Hollywood längst hätte reagieren müssen. Viele Filme, die voraussichtlich keine Kinohits werden, könnten direkt als VOD erscheinen, anstatt sie als Direct-to-DVD zu veröffentlichen beziehungsweise einem schmerzhaften Kinolauf auszusetzen und dann schnell fürs Heimkino auszubreiten. Viele Kinofans sagen sich sowieso, warum so manchen Film im Kino sehen, wenn er doch schon drei Monate später auf Blu-ray erscheint? Der Versuch Kinostart und Heimkinoveröffentlichung immer näher aneinander zu rücken, sollte Raubkopien den Nährboden entziehen und Marketingkosten sparen. Die immer kürzeren Verwertungswege tragen aber ihren Teil dazu bei, dass sich Produktionsfirmen nicht mehr auf ihrem bisherigen Lifestyle ausruhen können. Insofern fördert das Verstreichen der Chance als VoD tatsächlich nur all jene, die sich Filme, welche nicht ins Kino locken, als illegalen Stream ansehen. Und warum nicht andererseits Filme, die viel Geld einbringen, erst spät auf DVD veröffentlichen, nachdem sie nach dem regulären Kinolauf ebenfalls noch als VoD abrufbar waren?! Netflix hat das für den Filmbereich längst erkannt, amazon reagiert ebenfalls - warum nicht die Filmstudios selbst? Gerade auch für Arthouse-Filme würden sich als Direct-to-VoD tolle Möglichkeiten eröffnen, mehr (und legale) Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Mehrheit der Menschen zieht legal immer illegal vor, wie die Erfolge von Netflix und Amazon Prime zeigen.
Im Übrigen könnten erfolgreiche VoD-Filme anschließend immer noch mit einem späteren Kinorelease gekrönt werden. Denn wie aussagekräftig sind frühe Testscreenings vor einem ausgewählten Publikum denn wirklich? VoD wäre das größtmögliche Testscreening, bevor man das Ganze flott auf Scheibe presst und sich das Ding nicht verkauft. Im Grunde könnten Blockbuster zusammen mit VoD helfen, auch das Geld für Artkinofilme einzuspielen und die Wiedereröffnung der Programmkinos ins Rollen bringen - nämlich für all die Hits, die schnell auf DVD gepresst ansonsten kaum Beachtung finden würden.
Gemischt mit technisch verbesserten Klassikern, die man ebenfalls mit ins Programm holen könnte, könnte das Programmkino tatsächlich wieder Erfolg haben. Schon länger wird vom "Blockbuster-Tempel versus kleines Programmkino" gesprochen, warum werden daraus keine Konsequenzen gezogen? Warum nicht teure Comic- und 3D-Tempel bauen, in denen tatsächlich nur die großen Effektproduktionen in Reihung laufen, eventmäßig aufbereitet für Fans, warum manches nur auf Conventions und Messen möglich machen, was nicht im kleineren Format auch im Kino funktionieren könnte? Wenn Kino überleben will, muss es wieder ein Event sein - einen echten Grund geben, ins Kino zu gehen. Was das Kino schlussendlich als Erlebnis interessanter machen könnte? Dank illegaler Streams und teurer Eintritte wird das Kino immer unattraktiver, insofern ist die Frage nicht, wie mache ich Filme, die mehr Geld einspielen, sondern wie mache ich das Kinoerlebnis für den großen wie kleinen Geldbeutet attraktiv? Und wie könnte sinnvoller noch mehr aus Blockbustern herausgeholt werden, so dass die Eintritte für andere Filme wieder günstiger werden? Wer kann es sich denn noch leisten, mehr als oder überhaupt einmal pro Woche ins Kino zu gehen? Rechnet man die überzogenen Preise an der Snacktheke hinzu, schrumpft die Anzahl wohl noch weiter. Die, die es können, sind wohl kaum die einzige Zielgruppe...
Es gibt sie, die großen Musicaltempel, das klassische Schauspielhaus und die kleinen Bühnen. Die großen Konzerthallen, die kleineren Hallen und das Clubkonzert. Viel könnten Filmstudios von der Musikbranche kopieren, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte und hat, aber weitaus kreativer nach Lösungen sucht. Sind Live-Konzerte deswegen ausgestorben? Nein, es wurde nur das Live-Erlebnis entsprechend anders organisiert und kategorisiert. Sicher werden weniger CDs gekauft, doch der echte Fan holt sich den Musikgenuss immer noch auf Scheibe, inzwischen sogar wieder auf Vinyl - so man ihm denn die Chance vorher gab, Fan zu werden und die Band zu bemerken. Warum gibt es wohl Soundcloud und Co.? Entsprechendes gilt auch für Filme und DVDs.
Schlussendlich hoffen nicht nur wir als Kinofans, dass uns auch in Zukunft noch großartige Filme erwarten werden, die nicht nur auf Größe gebürstet sind und als zigstes Remake erscheinen, sondern auch noch viel Spannendes auf der großen Leinwand passiert. Und als Redakteure: Die es auch wert sind, darüber zu berichten. Wir wollen Filme, die nicht nur groß tun, sondern groß sind!