Wir haben wirklich lange auf die ersten Eindrücke von Avatar - Aufbruch nach Pandora warten müssen und nach diversen früheren Meinungen, Aussagen von Cameron persönlich und verschiedenen Präsentationen waren auch unsere Erwartungen an Camerons neuen Film enorm hoch gewesen. Zu hoch?
Dies liegt ganz im Auge des Betrachters. Gestern erschien bereits der Trailer zum Film und allem Anschein nach gibt es nur zwei Meinungen. Diejenigen, die von den gezeigten Szenen hin und weg sind, und diejenigen, die Cameron für anscheinend nicht eingehaltene Versprechen am liebsten an den Pranger stellen würden. Doch können zwei Minuten Ausschnitte dem Film überhaupt gerecht werden? Nachdem wir heute am Avatar-Event in Deutschland teilnahmen, sind wir uns sicher, dass der Trailer nicht den wahren Film widerspiegelt und das gänzlich falsche Medium für den Ersteindruck ist. Dabei müssen wir aber auch sagen, dass wir falsche Vorstellungen von dem Film hatten, doch dazu gleich mehr.
Wie zu erwarten, war die Vorstellung nicht komplett ausgebucht. Das Kino war zu ca. 60% belegt, überraschenderweise jedoch waren die Zuschauer bunt gemischt. Von 10-60 war alles vertreten, wobei etwa 3/4 der Besucher männlich waren. Anstelle einer detaillierten Szenenbeschreibung wollen wir lieber auf die Dinge eingehen, die uns besonders aufgefallen sind. Die in den 15 Minuten gezeigten Szenen entsprachen fast gänzlich den Beschreibungen des Teasers der Comic-Con. Einzig das Ende mit den schnell geschnittenen kurzen Eindrücken aus dem Film scheint neu gewesen zu sein, auch die Einleitung von James Cameron war neu. In dieser sprach er kurz über die Welt Pandora und was der Zuschauer die nächsten Minuten zu sehen bekommt. Danach folgte die Szene mit Col. Quaritch (Steven Lang), wie er die Marines auf Pandora einstimmt und Jake Sully (Sam Worthington) kommt hinzu. Dann wird Jake auch schon von Dr. Grace Augustine (Sigourney Weaver) mit seinem Avatar gekoppelt. Jake erwacht und sorgt für Chaos im Labor. Nächste Szene auf Pandora und Jakes und Graces Avatare treffen dort auf eine Gruppe Nashörner, die Hörner wie Hammerhaie besitzen. Doch dann taucht eine andere Bestie aus dem Dschungel auf und verfolgt Jake. Nächste Szene mit Jake und Neytiri (Zoe Saldana), die sich kleiner, garstiger Raubtiere erwehren müssen. Neytiri tötet viele und gibt Jake hinterher die Schuld dafür, die Tiere töten zu müssen. Die nächste Szene findet auf einem Berg statt, wo sich Jake vor Neytiris Stamm würdig erweisen soll, indem er ein gefährliches Flugtier gefügig machen soll. Dies gelingt ihm und Jake fliegt mit diesem Tier einen Canyon entlang. Im Anschluss darauf folgten viele kurz geschnittene Kampfszenen, teilweise aus dem Trailer. Wer einen genaueren Eindruck der gezeigten Szenen bekommen möchte, den verweisen wir auf unseren Artikel zur Comic-Con.
Was uns bei dem gezeigten Material sofort auffiel, war natürlich die Farbgebung. Wirken die Räumlichkeiten am Anfang noch trostlos und kalt, strotzten die Szenen danach nur so vor Farbe. Das ist sicherlich auch der Hauptgrund, warum viele Kritiker momentan den Trailer schlecht reden. Avatar - Aufbruch nach Pandora wird extrem bunt, für einen Film von James Cameron äußerst ungewöhnlich. Es passt so gar nicht zu dem, was man erwartet hat, doch lässt man sich darauf ein, wird man von den prächtigen Farben einfach mitgerissen. Der Dschungel wirkt echt, obwohl er komplett am Computer entstand. Die Tiere und die Na'vis agieren perfekt in dieser künstlichen Welt. Anders sieht es aus, als Jake das erste Mal im Körper seines Avatars erwacht. Einen leichten Cartoonstil kann man seinem Avatar nicht abstreiten. Hier hätte etwas weniger Künstlichkeit gut getan. Doch wie soll ein 3m großes blaues katzenartiges Wesen realistisch erscheinen, wo es Na'vis in der realen Welt nicht gibt? Das Design mag ein Grund zur Kritik für den einen oder anderen sein, manch Science Fiction-Fan hat sich vielleicht weniger humanoide Wesen gewünscht. Doch sieht man von der Fremdartigkeit ab, sind die Na'vis überzeugend.
Ein großer Vorteil des Avatar-Events waren natürlich die 3D-Effekte, die man nicht im Trailer zu sehen bekommt. Cameron setzt die 3D-Effekte sehr subtil ein. In keiner der gezeigten Szenen flog etwas einfach so in die Kamera oder wurde als störend oder unsinnig wahrgenommen. Die Ansprache von Col. Quaritch bekam durch den 3D-Effekt eine ungewöhnliche Tiefenwirkung und die Raubtiere auf Pandora wirkten umso bedrohlicher, da die Größe besser abschätzbar wurde. Cameron setzte die 3D-Effekte geschickt an verschiedenen Stellen ein - als beispielsweise Neytiri einige Raubtiere mit Pfeilen tötet, bleibt ein verwundetes Tier samt Pfeil deutlich im Vordergrund liegen. Dann gab es aber wieder Szenen, in denen so gut wie gar keine 3D-Effekte zum Tragen kamen. Kann man den Film also nur in 3D sehen? Ganz sicher nicht. Nach den wenigen Minuten und dem Trailer zu urteilen, wird Avatar ein groß angelegtes Abenteuer in einer wirklich fremdartigen Welt. Diese ist vollgepackt mit Details und wird man auch in 2D genießen können. Der 3D-Effekt gibt dem Film aber das gewisse Etwas und auch wenn einige es als Gimmick bezeichnen, sorgt 3D dafür, dass das Gesehene stärker auf den Zuschauer wirkt. Avatar mag keinen Krebs heilen, aber der Film dürfte zweifelslos toll unterhalten. Allein die wenigen Szenen deuteten neben grandiosen Effekten mehr inhaltliche Substanz an als alle Blockbuster dieses Jahres zusammen.
Unsere finalen Worte: wie stehen wir nach diesem Event zu dem Film? Etwas überrascht sind wir von der negativen Resonanz im Internet auf den Trailer. Aber auch nach dem heutigen Tag sind wir uns noch sicher, dass Cameron mit Avatar ein ganz heißes Eisen im Feuer hat. Die Welt ist ungewohnt und der Stil mag nicht jedem gefallen, aber der Film hat trotz bekannter Elemente eine Frische, die wir schon sehr lange in Hollywood vermissen. An dieser Stelle auch einen Hinweis an alle, die derzeit über den Trailer meckern. Gebt dem Film eine Chance und lasst euch nicht von euren eigenen "falschen" Vorstellungen beeinflussen. Avatar mag nicht photorealistisch sein - wobei wir nicht sagen können, wie das bei dieser Welt beurteilt werden soll - aber Pandora scheint in sich stimmig zu sein. Ja, auch wir hätten einen düsteren Film erwartet, doch hätten uns die ersten Bilder des Videospiels stutzig machen müssen. Avatar ist in einer noch nie dagewesenen Art und Weise farbenfroh und vermischt CGI und echte Elemente, dass man oft nicht weiß, ob es ein Animations- oder Realfilm ist. Doch spielt das aus unserer Sicht keine Rolle, Cameron wird sich schon irgendwas dabei gedacht haben. Wichtig sind die Kernaussage des Films und die Handlung. James Cameron versucht etwas, was man momentan in Hollywood verzweifelt als Filmfan vermisst. Er setzt nicht auf bekannte Marken, sondern seine eigene Vorstellungskraft. Er bittet die Zuschauer nur darum, ihn auf dieser Reise zu begleiten. Statt den Film also jetzt schon schlechtzureden, dass er nicht den eigenen Erwartungen entspricht, sollte sich so mancher Zuschauer einfach auf das kommende Erlebnis einlassen. Ein wenig Offenheit würde so manchem Kritiker im Netz momentan gut tun. James Cameron mag einen Weg gehen, den niemand so richtig erwartet hat, aber er geht seinen Weg. Und was gab es damals nicht alles im Vorfeld an negativer Resonanz zu Titanic! Avatar verspricht eine wilde bunte Achterbahnfahrt mit lustigen, actiongeladenen und emotionalen Momenten zu werden. Ist es nicht das, was jeder Filmfan sehen möchte? Fragt euch selbst, ob Photorealismus wichtiger ist als ein unterhaltsamer Film und ob Avatar nur schlechter ist, weil er euren Erwartungen momentan nicht gerecht wird. Wir haben nach dem heutigen Tag eine andere Meinung über den Film als noch vor wenigen Tagen, aber der Glaube an Camerons Talent ist weiterhin da. Der Film, den wir eigentlich erwartet haben, mag im Dezember nicht kommen, dafür aber ein Fantasy/Sci-Fi-Streifen, wie es ihn seit Der Herr der Ringe und Star Wars nicht mehr gegeben hat. Für uns ein Grund zur Freude, wir hoffen, für euch auch. In einer Zeit wo fast täglich Fortsetzungen und Remakes angekündigt werden und jeder Sommerfilm statt mit Inhalt nur mit überladenen Effekten auftrumpfen will, ist Avatar möglicherweise eine der seltenen Perlen, die vielleicht für etwas Umdenken in Hollywood sorgt. Doch bis es soweit ist, vergehen noch ein paar Monate.
Am 17. Dezember startet Avatar - Aufbruch nach Pandora weltweit in den Kinos. Wir werden dort sein.