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Sucker Punch

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Sucker Punch

"Sucker Punch": Unsere Filmkritik

"Sucker Punch": Unsere Filmkritik
18 Kommentare - Di, 29.03.2011 von Moviejones
Nachdem "Sucker Punch" am amerikanischen Box Office letztes Wochenende keine Glanzleistung hinlegte, waren wir äußerst gespannt auf die anstehende Pressevorführung. Lohnt sich ein Kinobesuch wirklich nicht? Mehr in unserer Kritik.

Nicht viele Filme schaffen es, das Publikum derart gespalten aus dem Kinosaal strömen zu lassen. Ungläubige Blicke, faszinierte Ausrufe...alles war gestern dabei, als wir Sucker Punch in der Pressevorführung sahen. Doch Filmkritiker sind eine Sache, die sich gern viel zu wichtig nehmen ;-) und gern überall ein Haar in der Suppe finden. Lohnt sich denn ein Kinobesuch für Zack Snyders Fantasyfilm - oder eher nicht?

Nach dem Tod der Mutter bleiben Baby Doll (Emily Browning) und ihre jüngere Schwester allein bei ihrem bösen Stiefvater zurück. Obwohl sie ihn stoppen will, kann Baby Doll es nicht verhindern, dass sich ihr Stiefvater an ihrer Schwester vergreift und es kommt zu einem Unglück. Um seine Spuren zu verwischen, liefert er Baby Doll in einer psychiatrischen Klinik ein und will, dass sie in fünf Tagen einer Lobotomie unterzogen wird. Für Baby Doll werden es also entscheidende Tage, an einem Ort, der schlimmer nicht sein könnte und an denen die inhaftierten Mädchen sowohl seelisch durch die Psychiaterin Dr. Vera Gorski (Carla Gugino) als auch physisch durch den Wärter Blue Jones (Oscar Isaac) gequält werden. Um die Situation einigermaßen erträglich zu machen, flüchtet sich Baby Doll in eine Phantasiewelt, denn schnell findet die junge Frau heraus, dass eine Flucht möglich ist, wenn sie tanzt und die Augen schließt. Die Aufgabe besteht darin, eine Karte, Feuer, ein Messer und einen Schlüssel finden - und sich selbst zu überwinden. Doch allein kann sie es nicht schaffen und so holt sie sich die Hilfe bei den anderen Mädchen, darunter Rocket (Jena Malone), Sweet Pea (Abbie Cornish), Blondie (Vanessa Hudgens) und Amber (Jamie Chung). Um die einzelnen Dinge für die Flucht zu bekommen, müssen alle Mädchen an ihre Grenzen gehen und dies geht nur, wenn sie in fiktiven Fantasiewelten zusammenhalten...

Mit Sucker Punch wagt sich Regisseur Zack Snyder zum ersten Mal nicht an einen Comic oder versucht sich an einem Remake, sondern verfilmt eine eigene Geschichte und dann gleich so eine. Zu sagen Sucker Punch sei verrückt, wäre die Untertreibung des Jahres. Selten gab es so etwas Schräges im Kino zu sehen. Eine Irrenanstalt, viele Mädchen in sexy Outfits, Monster-Samurais, deutsche Zombiesoldaten im Ersten Weltkrieg, fremde Planeten, feuerspeiende Drachen und noch viel mehr. Es wird viel fürs Geld geboten und Themen, die theoretisch genug Stoff für mehrere Filme hergeben würden, werden hier bunt gemischt. In Traumwelten ist alles möglich und das lebt Snyder an allen Stellen aus. Solch aberwitzige Actionszenen haben wir selten im Kino gesehen und auch der visuelle Aspekt des Films ist - wenig überraschend - über jeden Zweifel erhaben. Snyder hat über die Jahre hinweg seinen ganz eigenen Stil gefunden und verleiht seinen Filmen eine ganz bestimmte Atmosphäre. Und so reiht sich Sucker Punch konsequent in seine Filmographie ein. Da verzeiht man dann auch mal gerne, dass manche Kameraeinstellungen direkt aus Watchmen - Die Wächter geklaut wurden. Untermalt wird das Ganze für Snyder typisch mit einer Reihe gut gewählter Songs. Auch auf der Seite der Schauspieler gibt es wenig zu bemängeln, alle machen ihren Job gut, auffällig ist aber die Darstellung der Geschlechter: Frauen sind in Sucker Punch die sexy Opfer, während die Männer überaus ekelhafter Abschaum sind. Einzige Ausnahme ist Scott Glenn, der als Weiser Mann den Mädchen in ihrer Fantasiewelt als Ratgeber zur Seite steht.

So schön eine eigenständige Geschichte von Snyder auch ist, so sehr merkt man Sucker Punch aber auch an, dass der Film nicht ganz zu Ende gedacht ist. Schon immer war Snyder ein Visionär, der seinen eigenen Stil verfolgte und Filmszenen ins rechte Bild rückte. Doch 300 oder Watchmen hatten den Vorteil, dass sie Snyder das nötige Fundament lieferten, den berauschenden Stil auch mit inhaltlicher Substanz zu füllen. Dies fehlt Sucker Punch, obwohl die Story sehr viel mehr hergeben würde, was Snyder nicht auszunutzen weiß. So ist den ganzen Film über hinweg kein Entwicklungsprozess erkennbar, Ereignisse geschehen, aber für den Zuschauer oft in nicht nachzuvollziehender Weise. Vieles wird zu schnell abgehandelt, wie die Einweisung von Baby Doll, und ehe es sich der Zuschauer versieht, befindet man sich auch schon in der ersten Traumebene - einem Bordell, in dem Dr. Gorski nichts weiter als eine Puffmutter ist, während die wahre Schreckensherrschaft von Mr. Jones ausgeht. Kein Wunder, dass die Mädchen fliehen wollen - und Baby Doll dann noch eine Ebene weiterträumt. Der Bruch im Film von der Klinik zum Freudenhaus ist nicht nachvollziehbar, ebenso wenig, wieso sich Baby Doll gerade in die diese recht abgedrehten Traumwelten flüchtet, die im Film vorkommen. Sie stehen in keinem Zusammenhang zu ihr als Figur. Hätte Snyder auch die Passagen zwischen den Traumwelten dazu genutzt, die Story zu vertiefen, die Figuren und Motivationen besser auszuarbeiten, vor allem aber auch versucht, dort zentrale Themen zu vermitteln, Sucker Punch wäre ein deutlich runderer Film geworden.

Überraschend ist auch, dass Sucker Punch mit einer Botschaft anfängt und auch mit einer endet, dazwischen jedoch viel ungenutzter Raum liegt, in der die Handlung teils sprunghaft und ohne wirkliche Erklärungen für den Zuschauer dahinrumpelt. Soviel mehr wäre möglich gewesen, hätte Snyder die vielen vorhandenen Ansätze auch wirklich ausgearbeitet, aber das erwähnten wir bereits. Hier dürfte die Veröffentlichungspolitik von Warner Bros. eine große Rolle gespielt haben, denn in der vorliegenden Form ist Sucker Punch sicher nicht das, was Snyder ins Kino bringen wollte. Der Druck des Geldgebers, Szenen zu schneiden - die einem 13-jährigen weder in den USA noch im Rest der Welt zuzumuten sind! - haben Sucker Punch streckenweise kaputt gemacht, geradezu kastriert. Dies ist kein Film für Kinder, doch die Verantwortlichen haben leider nicht erkannt, was für ein Elend hinter den hübsch abgedrehten Traumwelten der Protagonisten lauert. Selbst in der aktuellen Kinofassung deutet Snyder die Vergewaltigung einer Minderjährigen und den massiven sexuellen Missbrauch von Frauen an, wenn auch in abgeschwächter Form. Da Snyder vieles nicht zeigen darf, verlieren viele Szenen an Bedeutung und emotionalem Gewicht. Hier zählte einmal mehr nicht der Anspruch, sondern das finanzielle Kalkül. Dass dies nach hinten losging, zeigten die Kinoeinnahmen in den USA. Wie viel Snyder jedoch wirklich schneiden musste, ist unklar. Von 18 Minuten ist die Rede, wobei hier auch Actionszenen geschnitten worden sein sollen. Davon braucht Sucker Punch jedoch nicht noch mehr - die enthaltenden Sequenzen sind in der Länge und im Ablauf völlig ausreichend, fast schon ein wenig zuviel, doch an der Substanz hapert es.

Leider ist Sucker Punch in der Kinofassung nicht der große Wurf geworden, aber es ist ein mutiger Film und allein das rechtfertigt schon den Kinobesuch. Schön zu sehen, dass sich auch in Zeiten der Remakes und Fortsetzungen mit Warner ein Filmstudio fand, dass solch eine Idee finanziell unterschützt. Dies wurde nur durch eine verfehlte Veröffentlichungspolitik teilweise kaputtgemacht. Dennoch wäre es falsch, von einem Totalausfall wie vielerorts zu sprechen, das hat der Film nicht verdient. Die wirkliche Zielgruppe für Sucker Punch ist klein, doch dies ist nicht dem Film anzulasten. Will man den Fantasyfilm genießen, muss man sich mit einigen Schwächen abfinden, viel wichtiger aber ist, sich auf den Film einzulassen. Nur wer die Story und die fiktiven Welten akzeptiert, wird auch den Film mögen - und insofern dürfte jeder, der den Ratschlag des Films "Befreie deinen Geist!" befolgt, einen schönen Abend verleben. 3,5 von 5 Hüten geben wir Snyders mutigem Film - und sollte es eines Tages einen Director's Cut geben, der die richtigen Akzente setzt, ist nach oben noch einiges an Luft.

Der Sucker Punch Filmstart ist diesen Donnerstag am 31. März.


Quelle: Moviejones
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18 Kommentare
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MJ-Pat
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Strubi : : Hexenmeister
29.03.2011 13:09 Uhr
0
Dabei seit: 30.08.10 | Posts: 3.249 | Reviews: 2 | Hüte: 50
Gute Kritik. Bin jetzt total unentschlossen, ob ich mir den Film im Kino geben soll. Hab mich schon ziemlich gefreut auf den Film. Die Nachricht von der Beschneidung hat meine Euphorie stark gebremst.
Jetzt durchschnittliche bis gute Kritiken...
Hoffe es kommt ein Directors Cut auf DVD raus. Vllt ist der ja dann auch tiefgründiger.
 
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Sully : : Elvis Balboa
29.03.2011 11:42 Uhr
0
Dabei seit: 29.08.09 | Posts: 10.557 | Reviews: 30 | Hüte: 555
Ich hätte nach dem Lesen auch eher 3 Hüte erwartet. Auch wenn die Schnittauflagen Einiges kaputtgemacht haben werden, denke ich dennoch, dass das Ergebnis nicht soooo viel runder geworden wäre.
Der obige Satz:" In Traumwelten ist alles möglich und das lebt Snyder an allen Stellen aus." deutet schon sehr darauf hin, wohin die Reise geht. Ich spreche da gern vom "Matrix-Effekt"! (in Ahnlehnung an die völlig übertriebenen MatrixFortsetzungen) Soll heißen, diese Effektorgien langweilen nach kurzer Zeit und rufen kein Ah und Oh hervor, eben WEIL ALLES möglich ist. Sowas führt wieder ganz schnell zum Overkill. Aber wers mag  .   mir ist das in der Regel zu wenig!

Es kommt im Leben nicht darauf an wie viel Du austeilst, sondern darauf wie viel Du einstecken kannst und trotzdem weiter machst!

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Jonah : : Antiheld
29.03.2011 11:08 Uhr | Editiert am 29.03.2011 - 12:00 Uhr
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Dabei seit: 20.07.10 | Posts: 1.584 | Reviews: 0 | Hüte: 14
Wieder eine sehr gute Kritik, allerdings hätte ich nach dem Lesen nicht mehr als drei Hüte erwartet. Natürlich weiß man nicht genau was und wie viel wirklich geschnitten wurde, ich glaube aber das der Film auf jeden Fall kaputt geschnitten wurde.
Nun gut dann warte ich auf die DVD und hoffe das diese Schnittfassung besser sein wird.
Viele schöne, bunte Bilder ist auch mir zu wenig, definitiv kein Kinobesuch für mich. Wer nach dem Lesen dieser Kritik immer noch ins Kino rennen muss, der soll das ruhig tun, aber hinterher bitte nicht heulen, wenn es doch nichts war.
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