Bewertung: 2.5 / 5
"Who do I have to fuck to get off this boat?"
Berühmte Schauspieler(innen) müssen regelmäßig diverse Unwürdigkeiten ertragen, und auch Sigourney Weaver entkam in ihrer ikonischen Rolle als Ellen Ripley letztendlich nicht. Nach vollständiger Sichtung des Filmes lässt sich aber auch vermuten, dass Weaver schon vor Augen hatte was für ein Film am Ende dabei herausspringen würde, und nur allzu gerne ihren Beitrag dazu lieferte.
200 Jahre nach den Ereignissen auf Fiorina 161 und dem Tod von Ripley haben Wissenschaftler doch einen Weg gefunden, noch an den ersehnten Xenomorph zu kommen. Aus Blutproben von Fiorina 161 wurde ein Klon von Ripley gezüchtet, der praktischerweise auch einen Klon der Alien-Königin an der richtigen Stelle entwickelt hat. Und bevor die Erbsenzähler unter den Kritikern sich jetzt schon wieder die Hände reiben: zwei getrennte Organismen aus einer Probe zu klonen halte ich auch eher für unmöglich, aber bei einem Science Fiction Film, für den das nur der Auftakt ist, ist das akzeptabel. Die Wissenschaftler entschließen sich, den nun eigentlich überflüssigen "Host" aus Neugierde am Leben zu halten. Die neue Ripley zeigt allerdings schon bald aggressive, unberechenbare Verhaltensmuster, was die Vermutung offen lässt dass sie vielleicht auch einiges von ihrem "Baby" übernommen hat.
Eins kann man keinem der Alien Filme unterstellen, und das ist ein Mangel an Ambitionen im Regiestuhl. Ob Scott, Cameron, Fincher oder hier Jean-Pierre Jeunet, jeder hatte eine bestimmte Idee für seinen Film, wodurch sich die Filme schon von der Asthetik unterscheiden. Jeunet, durch den kritisch gelobten Delicatessen auf dem Radar von Hollywood, brachte seine eigene groteske Vision von Horror mit ans Set, und ich würde sogar unterschreiben dass Resurrection der ekelhafteste Film der Reihe ist. Mit Grün als dominanter Farbe durch den ganzen Film drückt Jeunet dem Film einen "ansprechend" ätzenden Stempel auf.
Das Hauptproblem ist, dass der Film absolut nicht weiß was er denn jetzt sein will. Zum Teil eine halbwegs interessante Allegorie darüber, was es denn jetzt heißt ein Mensch zu sein, zum anderen eine Art Piraten-Abenteuerfilm im Weltall, und zuletzt eine gottverdammte Parodie von sich selbst, scheint der Film dafür entworfen zu sein, jedem zu gefallen, oder jeden zu frustrieren.
Der erste Ansatz ist gleichzeitig der beste des Films, und bringt auch die beste Szene des Filmes hervor, ein abstoßender Laborbesuch, bei dem Ripley mit dem ganzen Wahnsinn der Experimente konfrontiert wird. Natürlich lässt sich die Szene auch in der Richtung auslegen, dass wir letztlich auch "nur" Biomasse sind, und uns erst ein glückliches Zusammenspiel der Gene zum Menschen, oder zumindest menschlich, macht. Leider fallen diese Ansätze am Ende auseinander, wenn sich die ganze Mensch-Alien-Crossover Thematik in einen grotesken Karneval von Formen verwandelt, dessen ultimative Entwicklung ein reichlich ekeliger Hybrid ist, der neben unangenehm starken Händen und einem Hunger für Fleisch auch ein süßes Näschen und große Kulleraugen hat. Welchen Punkt Jeunet hier auch immer machen wollte, ich kann für mich aus dem letzten Dialog des Filmes zitieren: "What happens now? - I dont know, Im a stranger here myself."
Der Ansatz mit den Weltraumpiraten wird ebenfalls vom Drehbuch schlecht gehandhabt, denn die Crew der Betty ist durch die Bank unsympathisch und im besten Fall blass. Die Crew als skrupellose Menschenhändler zu schreiben hilft auch nicht gerade weiter, ebenso wenig die andauernde Fehde von Ron Pearlman mit einem Besatzungsmitglied, das im Rollstuhl sitzt (aber am Ende haben sie sich lieb). Winona Ryder ist gut gecasted und dreht die alte Feindschaft Ripley gegen Android aus dem Original um, weiter wird das ganze aber nicht geführt. Generell hilft es dem Film auch nicht, dass sich einige Schauspieler wie Knallchargen aufführen, allen voran Dan Hedaya als General Perez.
Womit wir beim dritten Ansatz sind, die Selbst-Parodie. Einige Szene scheinen speziell dafür konstruiert zu sein, das Publikum in lautes Heulen treiben zu wollen, allen voran eine Zirkuseinlage, in der Ron Pearlman, zwei sehr verbundene Crewmitglieder, und ein Alien (in absteigender Reihenfolge) um die beste Position auf einer Leiter kämpfen. Ernst gemeinte Spannung sieht anders aus. Nachdem sich Pearlman danach vor einer Spinne erschreckt und diese mit einem lauten "Fuck" wegballert weiß man auch, wie seriös die Schaffenden an diese Szene herangegangen sind. In einer anderen Szene, die einen bestimmten Sam Raimi-Vibe versprüht, stürzt sich ein infiziertes Opfer auf einen der wissenschaftlichen Offiziere um ihm eine wortwörtliche Dosis seiner eigenen Medizin zu geben. Mortal Kombat "Finishing Move" anybody? Dazu kommen einige kleine, aber auffällige Kontinuitätsfehler, die eigentlich nur Absicht sein können, so wie der Infizierte, den die Crew auf der Flucht findet, dessen Brille, die von der Kamera extra nochmal hervorgehoben wird, trotz Facehugger in perfektem Zustand ist. Wahrscheinlich hatte er Glück und geriet an einen etwas rücksichtsvolleren Vergewaltigerkrebs. Sowas kann eigentlich nur ein Spiel mit den Zuschauern sein, ob man gewillt ist mit Jeunets Vision mit zulachen steht auf einem anderen Blatt.
Leider sabotiert das auch einen Ansatz des Filmes, den er tatsächlich gut macht, und zwar dass er das macht was jedes gescheite Sequel machen sollte, nämlich den Einsatz zu erhöhen. Zum ersten mal besteht die Gefahr, dass die Aliens es tatsächlich bis zur Erde schaffen könnten, ein Konzept welches Alien3 z.B. sehr gut getan hätte (da gab es sogar mal einen Teaser). Leider kommen auf dem Weg dorthin soviele der oben genannten Szenen in den Weg, dass man auch das nicht mehr ernst nehmen kann.
Alien: Resurrection ist, mit den Worten von James Rolfe, der "Golden Turd" der Reihe. Er entzieht sich eigentlich einem klaren "gut/schlecht" Urteil. Meine Reaktion damals im Kino war "Meh", und sie ist heute auch noch "Meh". Eine unfokussierte Kritik für einen unfokussierten Film.