Bewertung: 5 / 5
Im Fall von absoluten Lieblingsfilmen verfassen andere Menschen locker ganze Abhandlungen, bei mir setzt dagegen immer sofort eine Schreibblockade ein. Zu viel und vor Allem zu viel Konkretes, was ich schreiben müsste oder könnte, mein Text würde dem Werk und meiner Liebe zum Werk nie gerecht werden. Zudem wüsste ich auch nie, wo ich da anfangen sollte.
Um das Kinogeschäft nach der Coronapandemie in Deutschland wieder anzukurbeln, läuft dieses Wochenende in meinem Stammkino in Bocholt (falls das hier einen Niederrheiner oder Münsterländer interessiert^^) die "Herr der Ringe"-Trilogie in der Extended Edition. Anlässlich dessen habe ich mich hier an Stelle eines Reviews einfach mal dazu entschieden, einen chronologischen Überblick über meine Erfahrungen mit den Werken Tolkiens zu erstellen und meine Erinnerungen festzuhalten.
Trailer zu Der Herr der Ringe - Die Gefährten
Es begann 2001, als "Die Gefährten" in die Kinos kam. Wie man es von einem Neunjährigen erwarten konnte, waren mir "Der Herr der Ringe", Hobbits, Elben und Orks noch vollkommen fremd, selbst Tolkiens Kinderbuch "Der kleine Hobbit" kannte ich damals noch nicht. Zu dem Zeitpunkt war ich schon Fan von "Harry Potter" und mochte Cornelia Funkes "Drachenreiter" sehr, meine Begeisterung für Fantasy war also schon erwacht, im Handumdrehen wurde ich dann auch von der Welt Mittelerdes vereinnahmt.
Problem: Ich war neun Jahre alt und meine Eltern erlaubten es mir nicht, mir "Die Gefährten" (und die Fortsetzungen) im Kino anzuschauen. Zu allem Überfluss durften meine Freunde den Film sehr wohl im Kino sehen und voller Neid konnte ich mir dann ihre Berichte anhören. Damals gab es von Ferrero allerdings eine Stickersammelaktion, auf einem großen Poster waren die Welt Mittelerdes und die verschiedenen Völker und Fraktionen abgebildet, die Sticker der Charaktere konnte man sammeln und auf das Poster kleben. Das war dann mein kleines Mittelerde, fernab der Kinofilme. Leider besitze ich das Poster nicht mehr.
Als dann "Die Gefährten" auf DVD erschien, konnte ich mir den Film endlich mit meinen Freunden ansehen, daran habe ich allerdings keine Erinnerungen mehr. Später, im Jahr 2004 oder 2005, kaufte sich mein Patenonkel die gesamte Trilogie auf DVD, meine Eltern leihten sich die Filme aus und zusammen schauten wir uns dann die Trilogie an. Auch meinen Eltern gefielen die Filme sehr, für meinen Vater als Natur- und Reiseliebenden waren dementsprechend insbesondere die Naturaufnahmen ein Highlight. Vor Allem, weil Neuseeland das große Faible meines Vaters ist, hätte sich meine Mutter in den 80ern nicht dagegen entschieden, wären meine Eltern wohl nach Neuseeland ausgewandert.
Im Verlauf der 2000er und frühen 2010er Jahre landete die Trilogie immer mal wieder im Player, ich weiß gar nicht, wie oft ich mir die Filme angeschaut habe. Mitte der 2000er wurden dann auch die gekürzten Hörspielfassungen von "Der kleine Hobbit" und "Der Herr der Ringe" meine ständigen Begleiter. Das Cover des Ring-Hörbuchs zierte einer der schwarzen Reiter vor dem Mondlicht im Auenland, ein Bild, welches sich mir - auch aufgrund seines filmischen Horrors - ins Gedächtnis brannte und mit dem ich auch heute noch viel verbinde. Aus heutiger Sicht würde ich es amüsanterweise schon etwas als Sakrileg betrachten, sich dem Roman "Der Herr der Ringe" lediglich in der gekürzten Hörspielfassung zu widmen, damals störte mich es jedenfalls nicht bzw. es fiel mir erst gar nicht auf.
Irgendwann in den späten 2000er Jahren führten mein Bruder (Jahrgang 1997) und ich unseren Cousin (auch Jahrgang 1997) an "Der Herr der Ringe" heran und schauten mit ihm die Filme. Ironischerweise entwickelte sich unser Cousin im Verlauf der Jahre zum noch größeren Fan als wir, neben den Filmen besorgte er sich auch sämtliche Mittlerde-Werke Tolkiens - sowohl als Roman als auch als ungekürztes Hörbuch - und versuchte sich sogar am Erlernen der elbischen Sprache. Es müsste in den frühen 2010ern gewesen sein, als ich mir von meinem Cousin dann "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe" als Hörbuch auslieh, das war also meine erste Erfahrung mit den Reinwerken Tolkiens, frei von irgendwelchen Kürzungen und Film- oder Hörspieladaptionen. Leider ist es bisher bei diesem einmaligem Hören geblieben, eigentlich wird es mal wieder Zeit.
Die frühen 2010er Jahre waren bekanntlich auch die Jahre der Hobbit-Verfilmungen. Ich freute mich nicht nur allgemein als Mittelerde-Fan auf die Filme, sondern auch aus dem Wunsch heraus, endlich einmal Mittelerde-Filme im Kino sehen zu können. 2001 bis 2003 durfte ich nicht und wann hat man denn mal die Gelegenheit, "Der Herr der Ringe" im Kino zu schauen? Elf Jahre musste ich sozusagen warten und die Hobbit-Trilogie war der einfachste mögliche Weg, unabhängig davon, dass es natürlich "Der Hobbit" und nicht "Der Herr der Ringe" ist. Ich bin ansonsten keiner, der die Hobbit-Filme als Hassfilme ablehnt, muss aber schon sagen, dass Teil 2 & 3 mit jeder Sichtung weiter abflachen, der Größe und Epik der Ringkrieg-Trilogie nachzueifern, tut den beiden Filmen überhaupt nicht gut. Im Kontrast dazu steht Teil 1, den ich mit jeder weiteren Sichtung mehr lieben lerne, Hobbit- und Ringkrieg-Typisches harmonieren hier miteinander perfekt.
2017 kam ich abermals auf meinen Cousin zurück und leihte mir "Das Silmarillion" als Hörbuch aus, welches ich mir während der Autofahrten anhörte. Zu dem Zeitpunkt studierte ich noch in Bochum und fuhr in der Regel über das Wochenende in die Heimat. Es faszinierte mich, Tolkiens Welt abermals neu entdecken und erleben zu können, insbesondere die Geschichten von Beren und Lúthien sowie die von den Kindern Húrins haben es mir da angetan, beide besitzte ich mittlerweile auch als Roman. Darüberhinaus eignen sich beide Geschichten meiner Meinung nach sehr gut für filmische Adaptionen.
2017 und 2018 traf ich mich mit meinem Bruder und zwei guten Freundinnen zum Marathon Schauen. An einem Abend die Hobbit-Trilogie und ein paar Wochen/Monate später dann die "Herr der Ringe"-Trilogie. (Mit "Harry Potter" taten wir das auch, dort allerdings auf drei Abende aufgeteilt.). Nicht nur war es das erste Mal, dass ich "Der Herr der Ringe" als Marathon schaute, es war auch das erste Mal, dass ich alle drei Filme in der Extended Edition sah. So schön es auch war, nach "Die Zwei Türme" flachte die Konzentration schon merklich ab und das Schauen von "Die Rückkehr des Königs" gestaltete sich mitunter als Kraftakt. Ich weiß nicht, ob ich das heute so noch einmal machen würde, vielleicht schwelge ich da lieber in den Erinnerungen.
Und nun, 19 Jahre nach meiner ersten Begegnung mit "Der Herr der Ringe", komme ich also doch noch in den Genuss, mir die Filme - sogar noch in der vollkommeneren Extended Edition - im Kino anzuschauen. Dank Corona, der Umstand ist also ein tragischer, aber daran lässt sich leider nichts ändern. Am Mittwoch erfuhr ich recht spontan von dieser Aktion meines Stammkinos und hatte ehrlich gesagt gar nicht mal allzu große Lust, mir "Der Herr der Ringe" anzuschauen. Aber im Kino! Das konnte bzw. kann ich mir nun wirklich nicht entgehen lassen. Im Kino gestaltet sich "Die Gefährten" nochmals als größer und atmosphärisch dichter als ohnehin schon, für mich ist es unfassbar, welch inszenatorische Meisterleistung dahintersteckt. Es scheint fast unmöglich, dass der Film tatsächlich von einem Menschen gedreht wurde.
Heute Abend um 18.30 Uhr geht es weiter.