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Die Zeit nach Mitternacht

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Die Zeit nach Mitternacht Kritik

Die Zeit nach Mitternacht Kritik

Die Zeit nach Mitternacht Kritik
0 Kommentare - 07.03.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Die Zeit nach Mitternacht" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Der Programmierer Paul Hackett (Griffin Dunne) lernt in einem Cafe die hübsche Marcy Franklin (Rosanna Arquette) kennen, die ihm die Telefonnummer ihrer Freundin Kiki Bridges (Linda Fiorentino) gibt. Direkt vereinbart Paul ein Treffen, doch als er sich in derselben Nacht auf den Weg macht Kiki zu treffen, beginnt eine nicht enden wollende Reihe an Problemen für den jungen Mann.

Die 1980er Jahre waren für Martin Scorsese nicht einfach. Einige seiner Werke waren kommerzielle Flops und die Produktion weiterer Filme dementsprechend anstrengend. Sicherlich werden Filme wie The King of Comedy (1982) oder auch Die Farbe des Geldes (1986) unter Kennern als wahre Filmperlen wahrgenommen, aber wenn man mal ehrlich ist, der Masse fallen sie dann doch weniger ein, wenn es um die Aufzählung der besten Werke des Italo-Amerikaners geht. Dieses Bekanntheitsniveau spiegelt sich indessen auch in Die Zeit nach Mitternacht. Ein Werk, daß zum Entsetzen aller Fans doch regelrecht wenig mit mafiösen Strukturen zu tun hat und sich eher als knallharte Satire und Komödie offenbart. Zugegeben, es ist ein Scorsese-Werk, daß sich mit der amerikanischen Gesellschaft und dem neoliberal-kapitalistischen System dahinter befasst. So gesehen, vielleicht auch ein weiteres GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia (1993). Dennoch wirkt dieses Werk in seinen Nuancen so weit von dem entfernt, wofür man den letzten Überlebenden von New Hollywood kennt, daß man ein wenig irritiert ist. Sicherlich findet man hier keinen schlechten Film vor. Ja, nicht einmal annähernd. Aber es ist schon ein Film, der sich schnell entzaubert und der irgendwie wie eine verrückte Odyssee daherkommt. Es kann nur eine Antwort geben und diese liefert das Werk.

Man fühlt sich in diese Art von Filmen erinnert, die das Thema Reise zentralisieren. Ist ja irgendwie komisch und dennoch reden wir nicht von einem Roadmovie. Viel eher geht es um eine ziellose Art von Expedition, der eine Figur die filminterne Welt durchstreift und am Ende dessen ein ganz anderer ist. Eben eine klassische Heldenreise, die nicht so ganz zu durchleuchten ist. In seinem Kern erinnert Die Zeit nach Mitternacht also an absurde Trips, die die Figuren widerspiegeln. Ohnehin kann man hier deutliche Vergleiche zu Falling Down – Ein ganz normaler Tag (1993) ziehen, wobei Scorsese erstaunlicherweise nie die Qualität dieses Werks erreicht. Und das ist vielleicht ein unfairer Vergleich, weil Scorsese natürlich im Vergleich zu Joel Schumacher ein deutlich begabterer Regisseur ist. Dennoch wirkt das hier in seiner Radikalität lange nicht so eindrucksvoll, wie Schumachers Film. Allerdings kann Die Zeit nach Mitternacht ebenso durch Absurdität und die Inszenierung als bittere Komödie punkten. Es ist witzig, sich mit der Realität zu befassen und mit dem, was man unter einem geregelten Leben versteht. Scorsese ironisiert den Traum der Anpassung gekonnt und sorgt dadurch dafür, daß man entweder sehr schnell gelangweilt, oder köstlich amüsiert wird. In diesem Fall trifft je nach Charakter eben das eine oder das andere zu. Denn so ganz zugänglich wird dieser Film für die wenigsten sein.

Dann wiederum streut Scorsese immer wieder Edvard Munch oder Franz Kafka, die verdeutlichen, wie triste und instabil dieses Leben eigentlich ist. Daß interessante hier ist aber vor allem das Dasein an sich. Denn er Ausbruch aus dem Alltag, den Die Zeit nach Mitternacht über alle Maßen zentralisiert, hat ja zufolge, daß man sich in andere Welten begibt und das man vor allem in Welten abtaucht, die etwas wirr, etwas krank oder einfach etwas seltsam erscheinen. Die Frage, die dann aber unweigerlich aufkommen muss, ist ja, ob es dann nicht sogar sinnvoller ist, sich in dem zu verkriechen, was man hat. Denn der Rückzug bleibt ja sozusagen – wenn auch langweilig – immer noch normal. Wobei man bei diesem Gedankenexperiment natürlich auch Gefahr läuft, das wesentliche aus den Augen zu verlieren. Und das ist eben das, was schon Jiddu Krishnamurti zum Ausdruck brachte und was Scorsese hiermit unterstreicht. Denn es ist eben kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst, an eine zutiefst kranke Gesellschaft zu sein. Und diese Gesellschaft, zeichnet Scorsese ebenso, indem er das Individuum in die seltsamsten Momente verfrachtet. Damit stellt er eben auch gekonnt Mensch und System gegenüber und macht klar, daß das eine nicht ohne das andere funktioniert, oder wie in diesem Fall, daß eine und das andere nicht funktionieren. Vielleicht ist die Suche nach Antworten dann auch weniger wichtig. Wobei man das bei Scorseses Filmen natürlich leicht findet. Aber die reine Suche und der Konflikt, der lauert auch in diesem Film.

Mit kleineren Ideen, die vor allem im Hintergrund stattfinden provoziert Scorsese hier gekonnt. Es nicht einfach so, daß man da ein Kernthema ablesen kann, auf das der Film sich nun bezöge. Stattdessen verläuft sich die Figur im wahrsten Sinne in eine Subkultur, in die Schwulen-Szene der 1980er Jahre und man fühlt sich so ein wenig an einen Fassbinder-Film erinnert. Zwar nicht in dieser expliziten Ausführung, aber es ist klar, daß eben das normale Leben und das, was den Personen so Angst macht, aus dem Schatten ins Licht geholt werden muss. Vielleicht keine ganz zeitgemäße Auffassung der Gesellschaft mehr. Zumindest in den Nuancen nicht. Dennoch ist der Film als solcher auch weiterhin ein guter Skandal und mitunter bitterböse.

Ja, in das ganz große Schaffen von Scorsese passt Die Zeit nach Mitternacht nicht. Dafür ist das Werk zu sperrig und zu wenig originell auf inhaltlicher Ebene. Dennoch präsentiert sich hier ein unglaublich bitterer Film, der das Leben im Turbo-Kapitalismus zur Schau stellt und auch die geistige Verfassung seiner Figuren infrage. Das macht Spaß in fast jedem Moment.

Die Zeit nach Mitternacht Bewertung
Bewertung des Films
710

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