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Encanto

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Magischer Realismus im Popcornzeitalter

Encanto Kritik

Encanto Kritik
1 Kommentar - 04.01.2022 von MobyDick
In dieser Userkritik verrät euch MobyDick, wie gut "Encanto" ist.
Encanto

Bewertung: 3 / 5

Keine Ahnung, was gerade bei Disney/Pixar gerade los ist, aber wir haben nun binnen kürzester Zeit zwei Werke, die nicht wirklich in ein Korsett passen, sondern irgendwie ambitionierter daher zu kommen versuchen als der übliche Familien Crowd Pleaser in Gestalt eines Kinderfilmes. Soul hat sich in meinen Augen schon verhoben, und Encanto tut dies auch. Aber während Soul sich inhaltlich verhob und eine wirklich immer garstiger werdende, eigenbrötlierische egoistische Figur in den Vordergrund rückte, womit auch klar sein sollte, dass das Thema eigentlich schon etwas für erwachsenere Menschen sein dürfte und dadurch auch eine ambitioniertere Erzählweise hilfreicher gewesen wäre, scheitert Encanto daran, dass sie eben das fantastische Element der geistigen Vorlagenväter nicht genau identifizieren oder einzubinden in der Lage ist: Man scheitert an der literarischen Vorlage des Magischen Realismus per se.

Und das mit Pauken, Trompeten und reichlich Gesang.

Trailer zu Encanto

Hauptsächlich geht es um ein Mädchen, das in einem Haushalt aufwächst, in welchem jedes Familienmitglied von Haus eine Zauberkraft geschenkt bekommen hat, bis auf sie. Und plötzlich scheint diese Magie zu schwinden und das Mädchen macht sich auf, ihren Haushalt zu retten.

So weit so simpel.

Erst mal zum Guten: Die Animation ist wie üblich bei Disney/Pixar über jeden Zweifel erhaben. Die Music ist eine Wucht: Eine Mischung aus zeitgenössischem Disney-Musical-Einerlei gepaart mit Latino-Sounds, so dass es natürlich nicht verwundert, dass der spätestens seit Hamilton in aller Munde befindliche Lin-Manuel Miranda auch hier natürlich in der Presse über den Klee gelobt wird. Das mag zum einen zutreffen, zum anderen jedoch verkommen manche Musical-Passagen zu witzigen Nummern-Revues, die die Dringlichkeit der Songs leider nicht ganz zu unterstreichen in der Lage sind wie es in den Klassikern des Genres wie zB Lion KIng immer mal gelang. Aber das ist - wenn man den Vergleich sieht - ja auch jammern auf höchstem Niveau.

Wo es dem Film tatsächlich mangelt, ist nicht einmal die zu Grunde liegende Geschichte sondern die Umsetzung eben der vorhandenen Geschichte. Man hat eine Geschichte, besser noch Hintergrundgeschichte, vor sich liegen, die sich an den besten Werken des Genres orientiert, irgendwo zwischen Hemmingway, Allende und eben Garcia Marquez, vor allem dessen 100 Jahre Einsamkeit steht hier an diversen Stationen überdeutlich Pate, gepaart mit der Geschichte eine Matriarchin, die Angst hat, alles was man aufgebaut hat doch noch zu verlieren. Doch anstatt den Mut aufzubringen, hier mehr Details Preis zu geben, sie 5 Minuten mehr zu nehmen, und zu erklären, was genau der Hintergrund ist, wird es bei nebulösen Andeutungen belassen, und die Figuren verhalten sich sprunghaft, nur um das Themenfeld "Konflikt" eben nicht weiter als nötig eskalieren zu lassen.

Hier wird versucht, das beste beider Welten "Disney-Animations-Musical" und weichgezeichneter "Magischer Realismus" in einem familientauglichen abendfüllenden Spielfilm zu vereinen, und grundsätzlich ist alleine der Versuch, dies zu unternehmen, schon eine Herausforderung und lobenswert. Aber die Tatsache, dass man eben nicht den Mut hat, drastische Bilder zu generieren oder mehr ins Detail zu gehen, ist also ein Scheitern auf höherem Niveau.

Und es geht nicht darum, hier jetzt ein Gore-Fest zu veranstalten: Die Beweggründe der Oma nur etwas weniger schemenhaft, ihren Sinneswandel fassbarer machen, den Tod des Großvaters und dessen Konsequenzen nur minimal besser erklären, ohne die ganze Magie zu zerstören. All das ist im Bereich des Möglichen. ich verweise auch hier gerne nochmal kurz auf den König der Löwen: Der Film ist ganz klar auch für jüngere Kinder geeignet, obwohl er sehr drastisch ist, eben weil die Macher ebenjenes Filmes es genau richtig machen, sogar die Reminiszensen an Faschismus und Tyrannei werden perfekt eingebunden. Und ohne es zu wissen, ist damit der König der Löwen sogar tatsächlich näher am magischen Realismus als es dieses Werk hier ist.

Daher: Als Versuch ist Encanto auf jeden Fall eine Erwähnung wert, leider gelingt es ihm nicht, sein Potential auch nur ansatzweise auszuspielen oder zu entfalten. Ob es am Drehbuch oder den Produzentenvorgaben lag, ist hier schwer zu erörtern, aber Encanto verhebt sich an seinem eigenen Anspruch.

Und das sit verdammt schade, denn so ein Familien-Musical ist im Prinzip genau das, was dem Genre wirklich gut zu Gesicht stünde.

Encanto Bewertung
Bewertung des Films
610

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1 Kommentar
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MobyDick : : Moviejones-Fan
04.01.2022 14:38 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Kurzfazit für die, die keine Abhandlung lesen möchten: Kann man schauen, muss man aber nicht, ein bißchen schade

Dünyayi Kurtaran Adam
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