Bewertung: 4.5 / 5
Für Simon (Bill Skarsgård) ist das Nichts ein Paradies. Der 18-jährige träumt von der größtenteils leeren Unendlichkeit, denn Im Weltraum gibt es keine Gefühle. Die versteht der junge Mann ohnehin nicht. Simon hat das Asperger-Syndrom, eine spezielle Ausprägung des Autismus. Er ist ein Fremdkörper in der Welt, die sich partout nicht seinem krankhaften Bedürfnis nach Planbarkeit unterordnen will. Das ist eigentlich tragisch, aber der schwedische Regisseur Andreas Öhman erzählt seine Geschichte als unbeschwerte Wohlfühlkomödie, mit wunderbar skurrilen Momenten und großem Einfühlungsvermögen.
Im Weltraum gibt es nicht nur keine Gefühle, sondern auch keine anderen Probleme - und kein Chaos. Aber eine andere Perspektive. Immer wenn es Simon auf der Erde zu viel wird, steigt er in sein Mülltonnen-Raumschiff und fliegt davon. Für seine überforderten Eltern ist er dann unerreichbar, nur sein älterer Bruder Sam (Martin Wallström) dringt noch zu ihm durch - auf Englisch und im Astronauten-Sprech.
Nach einer seiner Weltraum-Exkursionen zieht Simon bei Sam ein und stellt das Leben seines Bruders auf den Kopf: Jedenfalls nimmt Sams Freundin Reißaus. Sie kann, sie will sich nicht auf Simon einlassen, der ein Faible für Kreise hat, jede Minute akribisch plant und die Gemütslage seiner Mitmenschen anhand von Piktogrammen abliest. Simon ist's recht: Mit Frauen kann er nichts anfangen, mit romantischen Hugh-Grant-Komödien übrigens auch nicht. Bis er die ungestüme Jennifer (Cecilia Forss) trifft und ihr erlaubt, ein ganz klein wenig Chaos in sein Leben zu bringen.
Schrille Farben, schrille Typen, poppige Musik und hübsche Spielereien aus dem Kreativbaukasten für junge Filmemacher: Der locker-fluffige Schwedenhappen, gewinnt dem Thema Autismus zwar keine neuen Seiten ab, ist aber überaus charmant und glaubwürdig erzählt. Auch wenn sich Andreas Öhmann hin wieder zu einem Best of Kitsch hinreißen lässt: Im Weltraum gibt es keine Gefühle steckt voller Poesie und Lebensfreude, ist einfühlsam und sehr, sehr lustig. Ohne freilich Simon bloßzustellen.
Bei aller Komik erzählt Andreas Öhmann eine Geschichte von entwaffnender Normalität, in der Wut, Trauer, Hilflosigkeit sehr glaubwürdig geschildert werden. Am besten ist der Film immer dann, wenn er dem Publikum Zeit und Ruhe gönnt, um nachdenken zu können. Über das Anderssein, über Opfer, die man für geliebte Menschen bringen muss, über das Verhältnis von Nutzen und Schaden verdammt harter Ehrlichkeit - und über die Unplanbarkeit des Lebens.
Im Weltraum gibt es keine Gefühle bekommt 4,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Andreas Fischer)