Bewertung: 1 / 5
Obacht, es folgt ein Rant, der weder Spoiler- noch jugendfrei ist.
Oh je, oh je, oh je, worauf habe ich mich da nur eingelassen?
Trailer zu Jurassic World - Ein neues Zeitalter
Ich bin wirklich mit geringen Erwartungen ins Kino gegangen - leider!
Denn Jurassic World konnte ich als Reboot eigentlich sogar recht viel abgewinnen. Es war schön, Hammonds Vision eines aktiven Parks zu sehen. Und auch die gedankliche Fortführung, dass die Besucher immer “mehr” wollen, weil man sich an einem normalen T-Rex irgendwann sattgesehen hat, fand ich nachvollziehbar. Das funktionierte schließlich auch auf der Meta-Ebene, wo der Film quasi sich selbst reflektiert (“Nach 3 Dino-Filmen schockt das die Zuschauer nicht mehr. Wir müssen hier jetzt auch höher, schneller, weiter bieten”).
Das ganze Thema der Mutationen wurde mehr in den Vordergrund gerückt, was durchaus spannende Fragen und Gedankenspiele für die weiteren 2 Teile ermöglichen würde.
Aber dann kam Lost Kingdom. Der Film hat den riesigen Fehler gemacht, und eine der Inseln via Vulkanausbruch komplett aus dem Spiel genommen. Dadurch ist ein Szenario entstanden, das einfach nur haarsträubend ist. Aus irgendeinem Grund vernichtet der Vulkan nicht nur das Leben auf einer Insel, sondern aus ALLEN - und wie wir spätestens durch die Spiele wissen (die Kanon sein dürften…?), gibt es insgesamt aber 6 Inseln. Ok, geschenkt. Das viel größere Problem ist aber, dass man den Zuschauern weismachen will, dass die paar Dinos, die man gerettet hat, ausreichen, um sich wie eine Plage auf der ganzen Welt zu verbreiten.
Mich hat an dem Gedanken von Anfang an so einiges gestört. Beispielsweise, dass so riesige Dinos doch ziemlich leichte Ziele sind, um sie zu jagen und einzudämmen. Ehe auf irgendeinem New Yorker Wolkenkratzer Dinos nisten, werden die abgeknallt. No way, dass es irgendeine Realität gibt, in der man sowas einfach hinnehmen würde.
Auf dieser hirnrissigen Grundlage war für mich von Anfang an klar, dass aus Jurassic World 3 eigentlich nichts werden kann.
Aber oh boy - das, was mich tatsächlich erwartete, hat mich dann doch überrascht. Im Negativen.
An diesem Film ist so vieles einfach schlecht und verkehrt, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll…
Vielleicht ganz allgemein: Jurassic World bedient sich an so, so vielen Ecken und Enden, dass man irgendwie nicht weiß, was es eigentlich sein soll. Kurz ist es ein Cowboy-Film, dann könnte es original James Bond sein, der in Skyfall mit dem Motorrad über Dächer rast. Die Optik ist 1 zu 1 geklaut und generell versucht man hier auch ein wenig Geheimagenten-Feeling umzusetzen. Dann gibt es diese furchtbaren Szenen mit Blue, dem freundlichen Neighbourhood Raptor, der wie in einem Anime fröhlich mit seinem Kind durch den Winterwald rennt - es ist peinlich, dass ich vor Scham im Sessel versinken wollte. Überhaupt: Ich glaube, ich will in meinem Leben keine fucking superschnell laufenden, animierten Raptoren mehr sehen. Mir hängt die Animation zum Hals raus.
Naja und dann versucht der Film irgendwo auch weiterhin ein klassischer Jurassic Park Film zu sein, zu dem es nun mal gehört, durch den Dschungel vor Dinos wegzurennen. Und ganz ehrlich? Das finde ich noch am Legitimisten! Das ist durchaus etwas, was für mich das Jurassic Park Feeling ausmacht. Aber inhaltlich frage ich mich einfach…was war der Sinn dahinter, die Insel(n) via Vulkanausbruch zu zerstören, wenn die ganzen Dinos am Ende wieder genau ins selbe Setting verfrachtet werden. Sie sind wieder in einem isolierten Gebiet/Reservat. Ob das nun Italien oder Costa Rica ist, ist mir als Zuschauer doch total egal. Davon merkt man einfach nichts, außer dass es unnötigerweise auch ein paar Schnee-Szenen gibt, die letztlich aber nur deswegen eingebaut wurden, weil man sowas vorher halt noch nie gemacht hat. Von der eigentlichen Idee, dass Dinos unter Menschen leben, ist eigentlich nur am Anfang kurz etwas zu sehen. Einerseits bin ich froh drüber, eben weil ich diese Idee so dumm finde. Andererseits verstehe ich nicht, warum man diesen Pfad einleitet, wenn man ihn am Ende so kaltherzig behandelt.
Und wo ich gerade “Nur gemacht, weil es das vorher noch nicht gab” anspracht: Der gesamte Film wirkt so, als wollte man zum Abschluss noch einmal alles raushauen, was bisher nur in Konzeptzeichnungen existiert hat. Alle paar Minuten wird ein neuer Dino vorgestellt. Hier noch einer, da noch einer. Teilweise in absolut unsinnigen Lebensräumen. Hauptsache Dinos, Dinos, Dinos. Ich sag nur “More Cowbell”...
Die Rückkehrer-Figuren aus dem Original Jurassic Park sind nur noch überdrehte Hüllen ihrer selbst. Sie verhalten sich auf einmal komplett anders. Es wirkt so, als hätte jemand nur auf Basis von Memes ihre Rollen fortgeführt. Und dabei hat man eine ähnlich gezwungene und schlechte Romanze kreiert, wie Reylo in Star Wars.
Generell frage ich mich, was die Original-Figuren eigentlich wirklich zur Handlung beigetragen haben. Am Ende kommt raus, dass der eine Hipster-Assistenten-Typ das alles so geplant hatte - also auch, dass die brennenden Heuschrecken die Insel abfackeln. Und in dem Zustand muss man auch nicht mehr heimlich irgendwelche DNS-Proben herausschmuggeln. Ey, aber Danke, dass du 2 alternde Wissenschaftler in Lebensgefahr gebracht hast. Cooler Typ.
Aber was sage ich..."Lebensgefahr", pah. Es ist eigentlich permanent klar, dass vom Haupt-Cast schon niemand sterben wird. Nicht mal ein abgebissener Arm. Dadurch kommt überhaupt keine Spannung auf, weil eigentlich nichts auf dem Spiel steht. Das haben frühere Teile besser gemacht. Da wurden etablierte Figuren vor laifender Kamera zerfleischt, während 2022 alles extrem kinderfreundlich ist. Ich musste lange überlegen, ob überhaupt jemand gefressen wurde. Ist nur schwer in Erinnerung geblieben...
Der Nostalgie-Faktor des Films überschreitet hierbei auch die Grenzen des Ertragbaren. JEDE. FUCKING. SZENE. ist irgendwie bedeutungsschwanger aufgeladen. Eine Referenz jagt die Nächste. Zitat, Zitat, Zitat. Das ist kein charmantes Stilmittel mehr, sondern so faules Handwerk, so cheezy, dass es einfach nur noch zum Kotzen ist, sorry. Ich wette, mittlerweile könnte man auf Grundlager der Mechanik dahinter einer KI programmieren, die mindestens ein gleichwertiges, wenn nicht sogar ein besseres Drehbuch schreiben würde.
Was ist am Ende die Message dieses Films?
Er hat keine. Er ist leer. Es gibt einmal mehr einen superreichen Unternehmer, der irgendwie zu gierig ist. Der Mist interessiert einfach niemanden mehr. Die großen, ethischen Fragen wie “Wie weit darf der Mensch gehen? Sollte er alles tun, nur weil er es kann?” werden nur extrem oberflächlich angerissen und sind auch nicht mehr neu.
Am Anfang war meine große Befürchtung, dass der Film Stimmung gegen Gen-Technik in der Landwirtschaft machen will. Zum Glück haben sie das Thema nicht weiter verfolgt. Wäre das der Fall gewesen, hätte ich vermutlich den Saal wegen Wissenschaftsfeindlichkeit direkt verlassen. Und überhaupt, die ganze Sache mit den Heuschrecken war auch irgendwie ziemlich unnötig, da der Fokus kaum darauf lag. Man hätte den Film hierfür komplett anders aufbauen müssen und deutlich mehr Auswirkungen dieser Heuschrecken auf die Welt zeigen müssen. Nicht nur eine Szene auf einer Farm.
Der Film schließt mit einem Hippie-Haften “Können wir nicht alle in Frieden gemeinsam leben?” ab. Soll das auf der Meta-Ebene gemeint sein? Sind Dinos Boomer? Geht es um verschiedene Kulturen? Wie was? Diese Aussage ist so vanilla und so künstlich eingestreut…aber gut, nachdem man 2h auf diesem Niveau durchgestanden hat, ist das Bla Bla dann auch egal. Ich wollte einfach nur noch, dass es vorbei ist.
Dieser Film ist ein Frankensteins-Monster. Ohne Hirn, aus ganz vielen Bruchstücken zusammengebastelt.
Wenn das irgendein Trash-Film wäre, auf den man zufällig bei Amazon Prime stößt, dann wäre das ja noch verzeihlich. Aber er trägt Jurassic Park DNS. Es macht mich einfach wütend, was aus einem der besten Filme aller Zeiten geworden ist.
Bitte bleib tot!