Bewertung: 3.5 / 5
Zu allererst mal, Soul ist sicherlich besser als die 7 Punkte, die ich ihm gebe, aber er hat mehr als nur ein kleines Problem, weshalb ich ihn dann doch etwas schwächer einwerte. Das gravierendste Problem ist, dass er eben von Disney / Pixar kommt und damit eben nicht die letzte und logische Konsequenz gehen darf.
Ein Musiklehrer, der eigentlich lieber Jazzmusiker wäre bekommt den Gig seinen Lebens und kurz vor seinem ersten Auftritt verstirbt er, findet sich damit aber nicht ab und seine Seele flieht, um irgendwie doch noch weiterzuleben und sein Gig machen zu können.
Trailer zu Soul
So albern und hanebüchen das klingt, so schön und auch recht philosophisch angehaucht ist das Ganze, auch ist die unterschiedliche visuelle Darbietung der verschiedenen Ebenen ist mindestens traumwandlerisch schön. Hinzu kommt eine herzerwärmende Geschichte über verpasste Gelegenheiten, Träume, Selbstfindung usw, und der Film umschifft die Been-There-Seen-That-Territorien recht souverän.
Hinzu kommt, dass wir einen Protagonisten haben, der irgendwann so unsympathisch selbstsüchtig wird, wie es das selten der Fall bei einem Pixar-Film war. Und bis hierhin ist auch alles im Lot, so wird dem Zuschauer vorgegaukelt, Pixar könnte auch einen erwachseneren Film gedreht haben, auch gerade weil der Film bis kurz vor Endeso zweigleisig auf ein kompromissloses und dennoch positives Finale zusteuert.
Doch genau das Disney-Ende, das einem dann doch noch aufgetischt wird, mag auf den ersten Blick zwar das beste mögliche für alle Beteiligten sein, doch es ist kein ehrliches Ende.
Ab hier Spoilerterritorium:
Der Protagonist erschwindelt sich seine zweite Chance auf Kosten einer anderen Seele, findet aber nicht den erhofften Frieden, und möchte der anderen Seele doch noch die erste Chance geben. Hiermit findet er seinen Frieden und ist bereit zu sterben. Er hatte sein Leben, es war ok, nichts besonderes, aber dennoch er hat gelebt. Vielleciht zu kurz, aber wenn man tot ist, ist man tot. Abschiednehmen gehört auch dazu. Zumal ja mit der anderen Seele auch eine andere person in den Startlöchern steht, die - das macht der Film auch mehr als deutlich - mindestens genauso eine Chance auf ein eigenes Leben verdient hat. Wie auch immer, weil er die andere Seele rettet, wird ihm also eine nun schon dritte Chance auf sein weiteres Leben gegeben.
Während also in Up, Coco und wie sie alle heissen, der Tod tatsächlich ein Ereignis ist, das zum Leben und Erwachsenwerden gehört, wird hier eine Möglichkeit des Schwindelns und Erschwindelns einer zweiten Chance zu Gunsten eines absoluten und aufgesetzten Happy Ends ins rechte Licht gerückt.
Warum nicht stattdessen das Licht, in das man nach dem Tod gleitet, als eine weitere Chance darstellen? Niemand weiss was es damit auf sich hat und man könnte das genauso gut als einen weiteren Schritt darstellen, ohne das mysterium zu lösen? Und so hoffnungsvoll und optimistisch wie der Film ja wirkt, würde selbst so ein Ende diesen Film nicht unnötig runterziehen.
Aber nein, es muss ein Happy End geben? Da muss man aber auch mal fragen: Und was ist mit all den anderen Seelen, die noch nicht bereit waren zu gehen? Ist das jetzt nicht unfair denen gegenüber?
Wie gesagt, das ändert alles nichts daran, dass der Film formal sehr nahe der Perfektion ist und inhaltlich auch sehr philosophisch daher kommt, aber so ein Ende und die Angst vor der eigenen Courage schmälern dann doch das Vergnügen so beträchtlich, dass ich dem Film dann leider nur 7 statt mindestens 8-9 Punkten geben kann.
7 Points