Bewertung: 4 / 5
Da ich heute abend nach der Arbeit nichts mehr vorhatte und das UCI so nett war Terminator Genisys auch in der 23 Uhr-Vorstellung zu zeigen konnte ich nicht anders und musste mir den neuen Film von Arnie gleich am Starttag geben. Und so viel vorab - die negativen Stimmen die ich im Vorfeld gehört habe hat der Film für mich deutlich verstummen lassen..
Inhalt:
Trailer zu Terminator - Genisys
Es ist Krieg - die Menschen und die Maschinen bekämpfen sich seit 30 Jahren - Skynet, zentrale Intelligenz und Anführer der Maschinen steht kurz vor der Niederlage und der Sieg ist für die menschliche Resistance unter Führung von John Connor zum Greifen nah. Doch Skynets finaler Schachzug gegen die Menschen bestet darin einen Terminator in der Zeit zurück ins Jahr 1984 zu schicken um Johns Mutter Sarah zu töten bevor er geboren werden kann. Connor schickt Kyle Reese als Beschützer für seine Mutter hinterher, um die Zukunft der Menschheit zu sichern...
Kritik:
Bei der Storyzusammenfassung wird wohl den meisten zunächst ein gewisses Deja Vu-Gefühl überwiegen...so weit so bekannt - scheinbar. Doch die allzu bekannte Story aus dem Original von 1984 wird in Terminator Genisys gehörig umgekrempelt und auf den Kopf gestellt.
Die so wehrlose Sarah Connor, gespielt von Emilia Clarke, ist überhaupt nicht wehrlos und außerdem hat sie einen umprogrammierten T-800, verkörpert von niemand geringerem als Arnold Schwarzenegger persönlich, an ihrer Seite um sie zu beschützen. So steht Kyle Reese, hier durch Jai Courtney zu neuem Leben erweckt, vor einer Vergangenheit die durch einige Veränderungen kaum noch etwas mit dem gemein haben, was er erwartet hat.
Dieser Kniff macht Terminator Genisys von Beginn an interessant. Die gesamte Ausgangslage des Films völlig auf das Original von 1984 hinlaufen zu lassen und dann plötzlich so viele Variablen zu verändern lädt zunächst Fans der Reihe ein und schafft ein vertrautes Bild nur um dieses dann direkt zu demontieren und eine faszinierende neue Sicht auf die Geschichte zu geben. Dass es aufgrund dieses Umstands mitunter zu Überschneidungen der Ereignisse aus dem Original kommt ist gewollt und teilweise so akribisch Einstellung für Einstellung neu aufgenommen, dass die Referenz und der Respekt vor dem Original klar deutlich wird. Hier wird nicht versucht das Original (oder seinen genialen Nachfolger) zu übertreffen, sondern mit Ehrfurcht vor diesen Klassikern eine eigene Geschichte zu erzählen.
Diese Geschichte krankt sicherlich hier und da an einigen Logiklöchern und wenn man sich zu viele Gedanken macht wie das alles mit den anderen Filmen zusammenpasst wird man sicherlich auch nicht auf alle Fragen Antworten finden. Allerdings scheint der Film sich auch nicht in erster Linie darum kümmern zu wollen perfekt zu den anderen Filmen zu passen, sondern er macht eine eigene Zeitlinie auf, alternativ zu den bekannten Ereignissen, gestrickt um die gleichen Figuren, aber doch anders. Nicht immer zu 100% schlüssig, aber trotzdem funktionerend. Denn wo sich Terminator 1+2 noch auf eine simple, durchdachte und schlüssige Story von Cameron verlassen konnten, die in Action-Setpieces eingebettet wurde erwarten die Fans dieser Originale von Terminator Genisys anscheinend nichts weniger als den neuen Messias des Actionkinos, eine Wiederholung der Geniestreiche Terminator 1+2.
Kann der Film diesem Ideal gerecht werden? Sicherlich nicht, dafür ist die Story dann doch etwas zu sehr darum bemüht dem Terminator-Universum einen Reboot zu ermöglichen, es von Altlasten zu befreien und freie Fahrt zu bereiten für neue, dann vielleicht nicht mehr so sehr auf dieses Figurenkollektiv beschränkte Stories. Aber als Wegbereiter für dieses Ziel ist der Film trotzdem mehr als gelungen. Die Story für sich entfaltet sich nachvollziehbar und bis auf die Logiklöcher grade im Bezug auf den ersten beiden Filme hatte ich wenig Probleme damit. Terminator hat sich immer schon mit Zeitreise beschäftigt, aber ist nie in die Tiefen der möglichen Paradoxa getaucht oder hat diese Ideen genauer erörtert. Es ist nie klar die Frage gestellt worden ob alternative Verläufe von Ereignisketten mögliche Zeitstrahlen auslöschen - müsste nach Zurück in die Zukunft-Logik nicht automatisch der Terminator verschwinden, wenn man Skynet zerstört? Oder ist das nur ein Beweis für die Idee aus T-3, dass die Zukunft und bestimmte Ereignisse darin unausweichlich sind?
Solche Diskussion will der Film wohl nicht anfachen, er will vor allem unterhalten. Und unterhalten tut er wirklich. Die Darsteller machen ihre Sache durch die Bank überzeugend. Emilia Clarke gibt zu Beginn eine junge Linda Hamilton um sich dann mehr und mehr von ihrem offensichtlichen "Vorbild" freizuspielen und als eigene Sarah Connor zu funktionieren und den Film gemeinsam mit Schwarzenegger zu tragen. Der alte Recke des Actionfilms kann wie schon früher mit Präsenz, einigen komischen Momenten und vor allem seiner ikonischen Ausstrahlung Punkten. Immer noch in klasse Form macht er in den Actionszenen eine sehr gute Figur und bleibt als Sarahs Beschützer glaubhaft. Der dritte im Bunde der Protagonisten, Jai Courtney in seiner Rolle als Kyle Reese, hat die vielleicht undankbarste Aufgabe und muss in die Fußstapfen von Michael Biehn treten, die sich leider als zu groß für ihn erweisen. Courtney spielt sympatisch-routiniert seinen Part runter, schafft es aber nie den Charme und die Präsenz seines Vorgängers zu erreichen. Dafür bleibt die Figur aber auch auf Scriptseite zu funktional angelegt und so wirkt Courtney neben dem Gespann Clarke-Schwarzenegger irgendwie teilweise wie das fünfte Rad am Wagen, auch wenn er ein paar nette eigene Actionsequenzen spendiert bekommt.
Auf Antagonistenseite bieten sich zu Beginn der "junge" T-800, verkörpert von einem digital stark verjüngten Arnie und der T-1000, gespielt von Lee Byung-Hun, an. Beide sind jedoch nur im ersten Drittel des Films vertreten bevor sie von einer weiteren, weit größeren Bedrohung abgelöst werden, die eventuell einige schon aufgrund der sehr spoilerbehafteten Trailer erahnen dürten. Zu Beginn und auch ab der Hälfte des Films wieder haben wir außerdem noch John Connor, gespielt von Jason Clarke, auf der Seite wichtiger Darsteller zu verbuchen. Clarke spielt den Anführer der Resistance respekteinflößend, stoisch und mit der nötigen physischen Präsenz um im Kopf zu bleiben und bereichert die Riege der bisherigen Darsteller John Connors um eine weitere gelungene Inkarnation, übertrifft dabei jedoch mühelos Stahl und Bale.
Neben den Darstellern sind jedoch vor allem die Actionszenen der eigentliche Star des Films. Und hier wird absolut nicht an Schauwerten gespart. Verfolgungsjagden, Kämpfe, Schießereien - Terminator Genisys hat vieles fürs Auge zu bieten. Das 3D verbleibt zwar wie bei vielen Filmen dieser Tage praktisch vollkommen das Gimmick was es wohl immer war, aber stören tut es zum Glück auch kaum. Bei den Verfolgungsjagden hat man jedoch über weite Strecken das Gefühl es mit echten Fahrzeugen an echten Locations zu tun zu haben und nicht mit einem CGI-Overkill. Der Film hat digitale Effekte, ohne Zweifel - und grade zu Beginn einige der T-800-Skelette sehen im Vergleich zum inzwischen 24 Jahre alten Terminator 2 mit seinen Animatroniks relativ billig aus - aber trotzdem fallen die Effekte insbesondere in den Momenten wenn es nötig ist, wie beim neuen Antagonisten, sehr überzeugend aus.
Die Action-Setpieces sind rasant geschnitten, ohne jedoch allzu oft den Überblick zu verlieren und bleiben kurzweilig und unterhaltsam. Insbesondere die Verfolgung im Schulbus über eine dicht befahrene Brücke macht ungemein viel Spaß und die Flucht aus einem Krankenhaus ist ebenfalls klasse inszeniert. Zudem ist das Finale genial gemacht und verlangt noch einmal allen Figuren alles ab. Tolle Action und am Ende wartet der Film auch mit einem interessanten kleinen Twist auf. Zudem lohnt es sich sitzen zu bleiben, in den Credits gibt es eine kleine weitere Szene die die Tür für eine etwaige Fortsetzung offen lässt.
Fazit:
Der Film ist nicht perfekt und sicher nicht auf dem Niveau von Camerons Meisterwerken Terminator 1+2, trotzdem ist er mehr als unterhaltsam und schafft es Terminator 3+4 auf die Plätze zu verweisen. Die Logikprobleme die der Film an manchen Stellen hat, auch einen etwas auffälligen Anschlussfehler, der auf eine längere Schnittfassung hoffen lässt, kann man verzeihen, bietet die Story doch genug interessante Neuerungen und Ansätze, um den Neustart für das Franchise zu akzeptieren. Alle Probleme eines solchen Reboots kann der Film sicherlich nicht umschiffen, aber mit seinem guten bis sehr guten Cast um Schwarzenegger, Courtney und die beiden Clarkes hat man eine Darstellerriege gefunden die sich durch eine recht spannende Geschichte fährt, ballert und kämpft. Die Effekte sind an einigen wenigen Stellen zwar nicht überragend, aber grade wenn es darauf ankommt hat der Film eine hohe Qualität zu bieten und viel fürs Auge parat.
Unterm Strich gebe ich Terminator Genisys verdiente 8,5/10 Punkte bzw. 4/5 Hüte
und würde ihn jedem Fan der Reihe wärmstens ans Herz legen. Wer anfängt die Story akribisch auf ihre Probleme abzuklopfen und sie zu zerlegen wird sicher seine Probleme mit dem Film haben. Wer aber akzeptieren kann, dass der Film alles in seiner Macht stehende tut um uns den "alten" Terminator Arnie schmackhaft zu machen und einen "altlastfreien" Start in eine voraussichtlich spannende Zukunft des Franchises abseits der bereits 3x erzählten Story zu bereiten, wird sicher genausoviel Spaß an dem Film haben wie ich es hatte.