Bewertung: 4 / 5
Es passiert uns selten, dass uns Filme wirklich noch überraschen, aber Venom ist eine dieser Überraschungen in diesem Jahr. Kurzweilig, düster und endlich eine Umsetzung des Antihelden, die Fanherzen höher schlagen lassen dürfte. Sony beweist eindrucksvoll, dass es gut ist, wenn nicht alles durch das MCU dominiert wird und man auch mal sein eigenes Süppchen kocht. Venom ist zwar keine perfekte, aber eine sehr gelungene Comicverfilmung mit einem wieder mal herausragenden Tom Hardy, von der wir in Zukunft gern noch mehr sehen wollen.
Venom Kritik
Eddie Brock (Tom Hardy) ist investigativer Reporter mit Leib und Seele und wenn er einer Sache auf der Spur ist, bleibt er dran, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Doch in Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) hat sich Brock etwas zu sehr verbissen. Drake gibt zwar vor, im Auftrag der Menschheit zu forschen, doch Brock hat einen anderen Verdacht. Als er sich unerlaubt Zutritt zu Drakes Forschungseinrichtung verschafft, gerät er ungewollt mit einer außerirdischen Lebensform, dem Symbionten, in Kontakt. Der verleiht ihm nicht nur übermenschliche Fähigkeiten - fortan hat Eddie auch noch eine Stimme im Kopf und die hört auf den Namen Venom...
Trailer zu Venom
Seit Jahren warten Fans auf eine ordentliche Umsetzung von Venom im Kino. Zwar hatte sich Sam Raimi 2007 in Spider-Man 3 daran versucht, aber die Darstellung gefiel nur wenigen Zuschauern. Seit dieser Zeit versucht Sony Pictures verzweifelt, einen eigenständigen Kinofilm auf die Beine zu stellen und nach unzähligen Versuchen ist dies nun tatsächlich geglückt. Über die Jahre sank dabei unsere Erwartungshaltung immer mehr und auch die Trailer konnten uns nicht wirklich überzeugen, umso überraschter waren wir, wie astrein dieser Film am Ende geworden ist. Dabei mag die geringe Erwartungshaltung durchaus ein Grund für diese Überraschung sein, aber wir hatten seit vielen Jahren nicht mehr so viel Spaß mit einer Comicverfilmung gehabt.
Natürlich ist Venom nicht der perfekte Comicfilm geworden, auch hier haben sich ein paar unnötige Elemente eingeschlichen. Besonders bedauerlich ist es, dass die einst geplante höhere Alterseinstufung für einen etwas zahmeren Film fallengelassen wurde. Zwar ist Venom auch in der vorliegenden Form düsterer und brutaler als viele aktuelle Comicverfilmungen, dennoch merkt man den Szenen an, dass hier mit Blut, dort mit ein paar Sekunden gespart wurde. Der bereits dichten Atmosphäre hätte es auf jeden Fall zusätzlich gutgetan, die Originalpläne beizubehalten und sich nicht dem MCU anzubiedern. Denn die größte Stärke von Venom bleibt die Andersartigkeit.
So einfach die Geschichte im Kern auch ist, und viele Motive und manche Szene kommen einem auch irgendwie aus anderen Film vertraut vor, so sind die ersten zwei Drittel des Films extrem stark. Zwar macht man es sich mit dem einen oder anderen Plottwist etwas zu einfach und das volle Potential wird leider nicht ausgeschöpft, aber Langeweile kommt zu keinem Moment auf. Grund hierfür sind gleich mehrere Punkte, allen voran die gute Darstellerauswahl. Gerade Tom Hardy macht als Eddie Brock eine tolle Figur. Manch einer mag sich an seiner Darbietung oder der Stimme Venoms stören, wir fanden sie großartig. Besonders in Kombination mit Venom bringt Hardy die Ambivalenz seiner Figur, die weder Schurke noch Held ist, perfekt rüber. Zusätzlich nimmt sich der Film ernst, auch wenn im Kern bloß eine klassische Originstory erzählt wird. Gerade mit Blick zum MCU wird deutlich, wie sehr der Spannungsbogen profitiert, wenn Szenen nicht dauernd mit ständigen Kalauern kaputtgemacht werden, die Musikuntermalung etwas kerniger ist und auf der Leinwand auch etwas mit Konsequenzen einhergeht.
Sony zieht hier ganz klar alle Register und beweist einmal mehr, warum sie auch heute noch gute Comicverfilmungen machen, wenn sie so weit wie möglich ihre Linie fahren. Die Originstory ist nicht ganz "comictreu" und Puristen werden sich an dieser vermutlich wieder stören, aber die Figur selbst wird überzeugend dargestellt und ist deutlich dichter an den Comics dran als es 2007 der Fall war. Darüber hinaus kommt der Film, auch wenn man es bei der Figur nicht glauben mag, wunderbar ohne Spider-Man aus, eben weil der ganze Ballast mit Comicuniversum ignoriert wird und sich die Geschichte auf sich und seine Protagonisten konzentriert.
Erst im letzten Drittel wird es zwar optisch interessant, aber auch etwas generisch, inklusive der obligatorischen Post Credit-Szene, die vor allem für Fans freudige Erregung bedeuten dürfte. Gleichwohl würde dieser Schritt aber bedeuten, dass manche Stärke dieses Films in der Fortsetzung notgedrungen geopfert werden müsste, will man sich nicht gänzlich von den Comics lösen. Aber gerade das wäre wünschenswert, denn in Venom steckt überraschend viel Potential, welches sich eben nur dann entfalten kann, wenn diese Figur nicht über Umwege doch noch ins MCU eingegliedert und damit kastriert wird. Ein Schwung des Pendels in die andere Richtung wäre viel wünschenswerter, denn das Fundament ist vielversprechend und macht unheimlich viel Lust auf mehr.