Bewertung: 3.5 / 5
Der Film beginnt direkt mit einer eindrucksvollen Actionsequenz die gemäß der Amazonen-Mythologie Bezug zum antiken Griechenland herstellt und den sportlichen Wettkampf als Großereignis zelebriert. Der Fünfkampf im Film erinnert dabei amüsanterweise an den modernen Fünfkampf der Olympischen Spiele seit 1896, in "Wonder Woman 1984" sind es Parkourlauf, Schwimmen, Reiten, Bogenschießen und Speerwerfen, bei den Olympischen Spielen sind es Crossroadlauf, Schwimmen, Springreiten, Pistolenschießen und Fechten.
Allgemein hat mir "Wonder Woman 1984" gut gefallen. Es ist sehr spannend zu sehen, wie der Film mit dem Thema Wünsche umgeht, mit Maxwell Lord (Pedro Pascal) und Barbara Ann Minerva (Kristen Wiig) präsentiert "WW84" dahingehend zwei der glaubwürdigsten Comicfilm-Schurken der letzten Jahre. Die geäußerten Wünsche werden immer durch einen Haken, eine Kehrseite und einen zu zahlenden Preis definiert, jeder Mensch verliert Stärken für die Erfüllung der eigenen Wünsche. Diana verliert ihre Superkräfte, Barbara ihre Menschlichkeit und Maxwell seine Gesundheit.
Trailer zu Wonder Woman 1984
Im Fall von Maxwell und Barbara handelt es sich dabei um die Wünsche klassischer "Versagertypen". Maxwell möchte seine Minderwertigkeitskomplexe aus Kindertagen überwinden, reißt dafür wirtschaftliche und politische Macht an sich. Barbara ist eine schüchterne und sozial ungeschicke Person, die von der Gesellschaft nicht wahrgenommen wird und wenn doch, dann nur von sexistischen bis übergriffigen Männern. Aus diesem Grund wünscht sie sich, so selbstbewusst, attraktiv und witzig zu werden wie Diana, und möchte diesen Status natürlich aufrechterhalten, entwickelt daher wie Maxwell Allmachtsphantasien und eine Antipathie gegenüber Diana, welche die Wünsche wieder rückgängig machen möchte. Zugleich entwickelt Barbara Rachephantasien gegenüber den männlichen Tätern aus ihrer Vergangenheit.
Diana wünscht sich ihre einzige und große Liebe Steve zurück, einen Toten. Im Vorhinein war ich alles andere als begeistert von einer Rückkehr Steve Trevors, nach dem Sehen des Films muss ich Patty Jenkins und Drehbuchautor Dave Callaham allerdings Lob dafür aussprechen, wie weise sie hier mit dem für Comics typischen Umstand umgehen, dass Charaktere von den Toten zurückkehren. Denn letztendlich ist und bleibt Steve tot, dieses Konstrukt und der von Diana geäußerte Wunsch haben, wie oben erwähnt, eine Kehrseite und einen Preis. Tote können selbstverständlich nicht wiederbelebt werden, weshalb Steves Geist im Körper eines anderen Mannes leben und dessen Geist unterdrücken muss, was schon eine ziemliche Horrorvorstellung ist. Am Ende muss sich Diana dann mit dem Tod Steves abfinden und ihre Trauer bewältigen, um ihre Kräfte wiederzuerlagen und so die Welt retten zu können. Im Herzen Dianas lebt Steve freilich dennoch weiter, durch die orgasmische Vereinigung in Dianas Flugsequenzen verschmelzen sie und Steve quasi zu einem Wesen, Diana nimmt Steves Stärken in sich auf. Eine äußerst kraftvolle Darstellung ihrer Beziehung.
Darüberhinaus könnte man "WW84" auch kapitalistisch lesen. Maxwell Lord handelt nach der Devise des "Mehr Wollens/Machens", er glaubt daran, wenn er den Kuchen nur immer größer macht, wird es zwangsläufig allen Menschen gut gehen. Das ist natürlich ein Trugschluss, die Welt in "WW84" versinkt im Chaos und schließlich zerplatzen alle Aspekte dieses Szenarios, sobald die Menschen aufhören, ihren Wünschen nach Mehr nachzuhängen.
Das dystopische Szenario des Films passt ansonsten wunderbar zum 1980er-Setting, in dem "Wonder Woman 1984" angesiedelt ist, die 1980er als ein Filmjahrzehnt, das mitunter von ebensolchen Dystopien geprägt wurde. Außerdem sieht "WW84" immer dann wie "Zurück in die Zukunft" aus, wenn sich der Film bunt und poppig gibt.