Bewertung: 4 / 5
Avengers Endgame war ein Film, den ich als Ende einer Ära bezeichnet habe. Und ja, dazu stehe ich auch voll und ganz. Aber dieses Jahr erreicht uns noch ein weiteres großes Finale und das ist das für die Fox-X-Men der Pre-MCU-Ära. Nachdem wir seit dem Jahr 2000 nicht nur die ursprüngliche Trilogie hatten, sondern auch noch 3 Wolverine-Filme und einen Recast der X-Men, welcher nach First Class sogar in Days of Future Past an die alte Trilogie angeknüpft wurde, bildet Dark Phoenix dieses Jahr das Finale für diese Superhelden-Truppe in ihrer bisherigen Machart. Ob und in wieweit Feige die X-Men dann ins MCU holt wird abzuwarten sein, aber eines scheint sicher: McAvoy, Fassbender, Lawrence...sie alle werden keine Rolle in diesen Plänen spielen. Die besten Chancen dürfte da noch Deadpool Ryan Reynolds haben, aber der war ohnehin immer etwas anders.
Inhalt:
Einige Jahre nach den Erlebnissen aus X-Men Apocalypse sind die X-Men in der Gesellschaft angekommen und Charles Xavier hat eine Direktleitung zum Präsidenten, welcher das Team für Notfälle anfordern kann. Als ein Space-Shuttle havariert in der Umlaufbahn treibt eilen die X-Men zu Rettung, doch dabei kommt es zu einem Vorfall während dem Jean Grey mit einer kosmischen Macht in Berühung kommt und beinahe ihr Leben lässt. Zurück auf der Erde machen sich Veränderungen bemerkbar, sie ist stärker, besser und spürt die Energie in sich brodeln. Als dann noch alte Traumata aus ihrer Vergangenheit aufbrechen stellt sich schnell die Frage danach, ob sie Freund oder Feind sein wird, wenn sie erst ihr volles Potenzial entfaltet...
Trailer zu X-Men - Dark Phoenix
Kritik:
Was recht früh auffällt ist der Umstand, dass man sich unter Simon Kinbergs Regie optisch ein Stück weit vom Look der beiden Singer-Filme verabschiedet und allem eine weit geerdetere Optik gibt. Das mag an Kinbergs bisher fehlender Filmregie-Erfahrung liegen und an seinem Ursprung im TV, tut dem Film in seiner Grundstimmung jedoch wirklich gut. Kinberg, welcher übrigens auch das Drehbuch schrieb, hält alles auf einem sehr persönlichen Level, verzichtet daber zwar nicht auf teilweise recht großes Spektakel in den Actionsequenzen, bleibt aber stets sehr nah an seinen Figuren und deren Innenleben und Zwischenspiel.
Allen voran stehen hier ein weiteres mal James McAvoy und Michael Fassbender mit im Vordergrund, waren sie doch gemeinsam mit Jennifer Lawrence als Mystique bereits das Herz der bisherigen Filme. Eine Dynamik die hier aufgenommen wird und die im Laufe des Film auch, soviel sei gesagt, zu einem befriedigenden Abschluss gebracht wird, der sich tatsächlich nach einem Ende anfühlt. Und ein Ende ist dieser Film zweifellos, viele Plotelemente aus der vorhergehenden Trilogie werden noch einmal aufgegriffen und abgeschlossen, sodass man das Kino mit diesem guten Gefühl, ein "Ende" gesehen zu haben, verlässt. Doch Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist ohne Zweifel Sophie Turners Jean Grey, die nach ihrem imposanten Auftritt in Apocalypse nun wirklich noch einmal richtig glänzen und das Spotlight übernehmen darf.
Dabei ist sicherlich nicht alles Gold was glänzt und insbesondere der Umstand, dass der Schritt von "ein Mutant hat beinahe die Welt vernichtet" in Apocalypse hin zu "die X-Men sind gesellschaftlich akzeptiert" praktisch übergangen wird und in die Zeit zwischen den Filmen verbannt wurde, lässt Dark Phoenix im Kontext der Timeline gewissermaßen in der Luft hängen. Wir haben die gleichen Figuren, die auch konsequent weitergedacht und entwickelt werden, aber dieses Gefühl, dass die Vorgänger passiert sind, stellt sich nicht immer ein auf der Plotebene. Auch und insbesondere, da Jean ja bereits am Ende von Apocalypse Teile ihrer scheinbaren Phoenix-Kraft gegen Apocalypse selbst einsetzte und ihn damit überwand. Da jedoch die gesamte Trilogie abseits der charakterlichen Entwicklung davon geprägt war, das jeder Film durch die Zeitsprünge zwischen den Filmen gewissermaßen für sich stand, kann man diesen Umstand verzeihen und sich ganz auf diese letzte gemeinsame Reise mit den Figuen begeben, die man über mehrere Filme kennen und lieben gelernt hat.
Dass diese Reise sich durch die Bank trotz der sehr persönlichen Story vergleichsweise düster anfühlt und auch ohne zu viel Spektakel auskommt liegt dabei zu keinem geringen Anteil an Hans Zimmers überdurchschnittlich gutem Score, welcher ganz viel Atmosphäre liefert, die der Film auch benötigt um zu wirken. Der eigentliche Antagonist des Films, das Zerreissen der Familie der X-Men von innen, wird vor allem dadurch deutlich herausgestellt, dass der "externe" Antagonist des Films sehr blass und recht bedeutungslos nebenherläuft. Mehr Plotvehikel als alles andere richtet diese Entscheidung den Fokus stehts auf das Team und deren letzten gemeinsamen Auftritt, ohne allzu stark davon abzulenken, sorgt aber trotzdem dafür, dass der eine oder andere Kampf mit Mutantenbeteiligung gezeigt werden kann.
Bei den Setpieces kommt dem Film sein eher düster-realistischer Touch übrigens sehr entgegen und gibt ihm neben der geerdeten, recht kantigen, Inszenierung das Gefühl mittendrin zu sein. Es bleibt übersichtlich, aber doch einigermaßen bieder porträtiert, jedoch zum Glück ohne je langweilig zu werden. Ein Look für Actionszenen, den ich in Comic-Verfilmungen bisher so nicht gesehen habe, der sich aber ein bisschen nach Logan anfühlte und der all dem eine gewisse Unmittelbarkeit verleiht. Böse Zungen könnten jetzt sagen, dass es dadurch etwas "billig" wirkt, aber dem gesamten Grundton des Films und seiner Atmosphäre folgend, fühlt sich die Action nur konsequent an und passt perfekt. Alle unsere Helden bekommen nochmal einen Moment zu scheinen und zu zeigen was sie können, auch wenn Evan Peters Quicksilver und Lawrence Mystique nicht so viel Screentime haben wie beispielsweise Jean, Xavier oder Erik.
Die Laufzeit wirkt dabei trotz der vergleichsweise "kurzen" 114 Minuten recht gut abgepasst und der Film kommt völlig ohne Längen aus, auch wenn ich mir an einigen Stellen ein wenig mehr Tiefe gewünscht hätte, ein paar mehr Hintergründe zu den Konflikten. Da Kinberg für Drehbuch und Regie zuständig war, ist ein Directors Cut oder eine Extended-Fassung vermutlich nicht zu erwarten, wäre aber im Bezug auf einzelne Elemente sicher wünschenswert für den Heimkinorelease. Zieht das die Gesamtwertung für mich dabei merklich runter? Nicht wirklich, dafür liegen mir die Film-X-Men auch einfach viel zu sehr am Herzen. Aber den einen oder anderen könnte es vermutlich stören.
Fazit:
X-Men Dark Phoenix ist kein überbordendes Spektakel zum Abschluss geworden, sondern vielmehr ein eher kleiner, persönlicher Film, der die Figuren in den Fokus nimmt, die wir inzwischen durch drei Filme begleitet haben und deren Entwicklung für mich persönlich auch wichtiger war als ein letztes großes Effektgewitter zu liefern. Die Actionsetpieces sind toll und machen definitiv Spaß, aber im Herzen des Films bleiben von Anfang bis Ende die Charaktere, deren Story zuende erzählt wird, sodass sich das Ende des Films wirklich nach Ende anfühlt. Ein stärkerer externer Antagonist wäre interessant gewesen, ein wenig Zeit für die Konsequenzen aus den vergangenen Filmen hätte auch nicht geschadet, aber die Geschichte die erzählt wird, die Story mit dem Blick auf die Familie, die uns hier über Jahre ans Herz wuchs, ist vielleicht die bessere Entscheidung gewesen. Für mich war Dark Phoenix ein sehr starker, sehr persönlicher Abschluss und ein würdiges Finale für mein liebestes Kino-Heldenteam seit knapp 20 Jahren.
Von mir gibt es entsprechend trotz der Probleme sehr gute
8/10 Punkte bzw. 4/5 Hüte
und die klare Empfehlung als Fan der X-Men dieses letzt Hurra mitzunehmen und sich von den nun zweiten "alten X-Men" zu verabschieden. Es mag kein perfektes Finale sein, aber es ist so persönlich, dass es wirkt und die Gefühle trifft.