Wir leben in der Zeit großer Franchises, die möglichst viel Gewinn abwerfen sollen. Und dazu müssen sie im Idealfall immer weitergesponnen werden.
Kaum noch ein Superheldenfilm, der für sich allein stehen darf, es soll ja alles miteinander verknüpft sein. Wenn darin nicht irgendwo (vorzugsweise in einer Post-Credit-Szene) ein Sequel oder etwas, das für ein Prequel oder Spin-off herhalten könnte, angeteast wird, haben die Studios ihren Job verfehlt. Dumm nur, wenn der Film dann floppt und das Versprechen einer Fortsetzung nicht mehr eingelöst werden kann/will, sodass wir in die Röhre schauen. Oder wenn die ursprünglichen Pläne zwischen zwei Filmen über den Haufen geworfen werden und das, von dem wir dachten, dass wir es bekommen, einfach ausbleibt.
Nicht immer ist das ein Grund, um vor Wut und Enttäuschung in die Tischkante zu beißen, aber in manchen Fällen wäre es doch schön gewesen, zu sehen, was daraus gemacht und wie die Vorlage verwertet wird. Disney/Marvel, Sony/Marvel und Warner Bros./DC schenken sich in dieser Hinsicht übrigens wenig. Das werdet ihr gleich merken, wenn ihr euch mit uns zusammen die auffälligsten Beispiele für angeteaste, aber fallen gelassene Superhelden-Sequel-Ideen anschaut!
Wilson Fisk will Rache
So richtig viel Glück hat Ben Affleck mit seinen Superhelden ja nicht. Besonders ungern dürfte er an Daredevil zurückdenken, entpuppte sich dieser Film doch als böser Reinfall. Dabei hatte er durchaus seine Momente, etwa den finalen Fight, als es Afflecks Matt Murdock nach hartem Hin und Her gelingt, Wilson Fisk alias Kingpin (Michael Clarke Duncan) in die Knie zu zwingen - knacks! Aber er lässt den Fiesling am Leben, der ihm prompt Rache schwört. Er kennt ja jetzt Daredevils wahre Identität. Und: In der Post-Credit-Szene wird deutlich, dass Bullseye (Colin Farrell) nichts von seiner Treffsicherheit eingebüßt hat.
All dies schrie förmlich "Sequel!", jedoch sollte keins mehr kommen. Nur ein noch grässlicheres Elektra-Spin-off mit Jennifer Garner, und dabei beließ es 20th Century Fox dann lieber. Alles, was offen gelassen wurde, blieb es auch. In diesem Fall nicht die schlechteste Entscheidung, sonst hätte es die Netflix-Serie womöglich nie gegeben...
Das neue Krypton
Diese Superschurken kommt auf die verrücktesten Ideen. Nehmen wir Superman Returns: Lex Luthor (Kevin Spacey) kombiniert aus der Festung der Einsamkeit gestohlene Kristalle mit ebenfalls gestohlenem Kryptonit, um im Atlantik einen neuen Kontinent wachsen zu lassen. Superman (Brandon Routh) verträgt die Insel nicht besonders gut, trotzdem kann er sie per Hitzeblick vom Meeresgrund losschneiden und in den Weltraum verfrachten. Gefahr gebannt? Nicht unbedingt. Denn im Weltraum wächst die Landmasse weiter und sortiert sich zwischen Mars und Jupiter ein.
Wahrscheinlich hätte sie im Sequel, das Brainiac und Bizarro beinhalten sollte, noch eine wichtige Rolle gespielt. Als neues Krypton sozusagen. Wenn es denn nur ein Sequel gegeben hätte. Das Problem: Warner Bros. zeigte sich unzufrieden mit dem Einspielergebnis des Films und der Art und Weise, wie Superman positioniert wurde, was die Fortsetzungspläne zunichte machte. Für den Man of Steel stand daraufhin ein Reboot auf dem Programm.
Der Silver Surfer lebt
Surfer sind bekanntlich cool und silberne ganz besonders. In Fantastic Four - Rise of the Silver Surfer spielt Norrin Radd, der titelgebende Silver Surfer, den Helden, indem er seinem Herrscher Galactus die Stirn bietet und erklärt, er werde ihm nicht länger dienen. Dies sei das Ende für sie beide! Und so scheint es dann auch, denn er opfert sich in einer gigantischen Explosion, die Galactus verschlingt und ihn mit. Doch in der Abspannszene sieht man ihn leblos im Weltraum schweben, als er plötzlich die Augen öffnet und sein Surfbrett wieder auf ihn zukommt.
Tatsächlich wurde uns damals ein Silver Surfer-Spin-off in Aussicht gestellt. Aber das Fantastic Four-Sequel schnitt an den Kinokassen noch schlechter ab als der erste Teil, und 20th Century Fox gab die Fantastischen Vier auf, nur um sie einige Jahre später zu rebooten. Es wurde nicht besser... Ein Silver Surfer-Film soll sich inzwischen wieder in Entwicklung befinden, Comicautor Brian K. Vaughan arbeitet am Drehbuch, dann allerdings wohl mit einem anderen Surfer.
Der Leader
Da wird der Leader in Der unglaubliche Hulk so schön vorbereitet, und dann führt es zu gar nichts. Ganz tolles Wortspiel, haha. Der Zellbiologe Dr. Samuel Sterns alias Mr. Blue (Tim Blake Nelson) ist Bruce Banners (Edward Norton) letzte Hoffnung auf ein Heilmittel für sein wütendes grünes Alter Ego. Dann jedoch lässt sich Bösewicht Emil Blonsky (Tim Roth) mit Banners Gamma-verstrahltem Blut vollpumpen, um noch mächtiger als der Hulk zu werden. Er verwandelt sich in Abomination und attackiert Sterns, wobei der sich am Kopf verletzt. Etwas von Banners Blut sickert in die Wunde, und Sterns muss schockiert erleben, wie seine Stirn anschwillt.
Offensichtlich hätte er zum Comic-Superschurken Leader mutieren sollen, eventuell im Hinblick auf ein Der unglaubliche Hulk 2, da Nelson schon für einen weiteren Auftritt unterschrieben hatte. Aber wie wir wissen, konnte auch dieser Hulk-Film nicht überzeugen, und so kam das Sequel nie zustande. Stattdessen nahm der Hulk die Gestalt von Mark Ruffalo an und wurde zum Avenger. Vom Leader war nichts mehr zu hören, bisher zumindest nicht.
Superschurke Sinestro
Bei Mark Strong muss man immer damit rechnen, dass er sich auf die Seite des Bösen schlägt. Und bei Sinestro, seinem Charakter in Green Lantern, war es ohnehin absehbar, sofern man mit den Comics vertraut ist. Er veranlasst die Erschaffung eines gelben Rings, der gegen Parallax helfen soll, aber Hal Jordan (Ryan Reynolds) wird auch so mit der Bedrohung fertig und bittet Sinestro, den Ring nicht zu benutzen. Der ignoriert die Warnung und streift ihn sich in der Abspannszene selbst über, wodurch sein grünes Kostüm gelb wird - ein klarer Hinweis auf seine bevorstehende Wandlung zum Schurken.
Doch wie uns allen - und vor allem Reynolds - hinlänglich bekannt ist, floppte der Film auf ganzer Linie, und die geplante Fortsetzung bekam kein grünes Licht. Sorry, der musste jetzt sein. Somit werden wir nie erfahren, wie es mit Sinestro wirklich weitergegangen wäre. Schon irgendwie schade, denn an ihm lag es sicher nicht.
Thanos und der Tod
Seinen allerersten Auftritt im Marvel Cinematic Universe hatte Thanos (zu dem Zeitpunkt noch nicht Josh Brolin) in einer der Post-Credit-Szenen von Marvels The Avengers - unvergessen. Der Andere warnt ihn, die Menschheit zu besiegen, sei so schwer, wie mit dem Tod zusammenzusein. Woraufhin er sich zu uns umdreht und nur wissend lächelt. Es schien auf eine comicgetreue Adaption der "Infinity Saga" hinauszulaufen, wo Thanos buchstäblich den Tod umgarnt, indem er mit dem Infinity-Handschuh die Hälfte allen Lebens im Universum auslöscht, um sie - japp, die Personifizierung des Todes ist weiblich - zu beeindrucken.
Aber die Marvel Studios haben es sich offensichtlich anders überlegt und von einem liebestollen Thanos Abstand genommen. Stattdessen wurde er in Avengers - Infinity War und Avengers - Endgame als sympathischerer Schurke dargestellt, der das Universum wieder ins Gleichgewicht bringen will und deshalb zu solch radikalen Maßnahmen greift. Obwohl vorher spekuliert worden war, ob nicht Hela (Cate Blanchett), die Todesgöttin aus Thor - Tag der Entscheidung, den Part von Thanos’ Angebeteter einnehmen könnte.
Die Sinister Six
Hätte sich The Amazing Spider-Man 2 - Rise of Electro mal mehr auf sich selbst konzentriert statt darauf, den Grundstein für den weiteren Ausbau von Sonys Spiderverse zu legen. Vielleicht wäre es dann nicht in diesem Fiasko geendet. Besonders auffällig, wie auf Biegen und Brechen versucht wurde, einen Sinister Six-Film in Stellung zu bringen. Der Superschurken-Truppe hätten vermutlich Charaktere wie Harry Osborn (Dane DeHaan) als Green Goblin, Rhino (Paul Giamatti), der Lizard (Rhys Ifans), Vulture, Doctor Octopus, Mysterio oder Kraven angehört.
Am Ende des Films taucht wieder Gustav Fiers, der Gentleman, auf und schmiedet mit dem im Ravencroft Institute inhaftierten Harry Rachepläne gegen Spider-Man (Andrew Garfield). Sein vielsagender Vorschlag: ein Team von Schurken aufstellen, um Spidey mit vereinten Kräften zu vernichten. In der Theorie keine so schlechte Idee, dummerweise aber enttäuschte der zweite Teil der Reboot-Reihe so sehr, dass dies nicht nur das Aus für The Amazing Spider-Man 3, sondern eben auch für die Sinister Six und andere Spin-offs bedeutete. Gut fürs MCU wiederum, wo jetzt Tom Holland rumspinnen darf. Und ganz abschreiben sollte man die Sinister Six vielleicht doch nicht...
Mystique und Wolverine
Im Vergangenheitsteil von X-Men - Zukunft ist Vergangenheit muss Wolverine (Hugh Jackman) mächtig einstecken, als Magneto (Michael Fassbender) ihn mit Metallstäben durchbohrt und in den Potomac River befördert. Doch selbst davon lässt er sich nicht kleinkriegen. Ganz zum Schuss wird er von Major William Stryker (Josh Helman) wieder rausgefischt - nur dass es gar nicht Stryker ist, sondern Mystique (Jennifer Lawrence) in Stryker-Gestalt ist. Was sie mit Wolverine wohl vorhat? Bestimmt gehört es nicht zu ihrem Plan, ihn dem echten Stryker für sein Waffe X-Programm zu übergeben... oder?
Tja, Fakt ist, dass wir keine Ahnung haben, was aus dieser Konstellation geworden ist oder mal werden sollte. Obwohl es so aussah, als würde Mystique ihn vor seinem grausamen Schicksal in der geheimen Militäreinrichtung am Alkali Lake retten, befindet sich Logan in X-Men - Apocalypse genau dort. Mystique ist auf einmal wieder die Gute und ohne Wolverine unterwegs, der trotz allem, was vorher passiert ist, das Versuchstier für Stryker spielen muss. Die Szene im Vorgänger scheint man schlichtweg vergessen oder ausgeblendet zu haben, anders können wir uns das nicht erklären.
Mister Sinister und die Essex Corporation
Wie gerade erläutert, ergibt die Wolverine-Sequenz in X-Men - Apocalypse wenig Sinn. Und sie führt zum nächsten ungelösten Rätsel: Nachdem Logan in der Militäreinrichtung gewütet hat, wird in einer Post-Credit-Szene gezeigt, wie Leute in schwarzen Anzügen hinter ihm aufräumen. Ein mysteriöser Mann verstaut eine Blutprobe der "Waffe X" und noch weitere Proben in einem Koffer - der den Schriftzug "Essex Corp." trägt.
Folglich rechneten alle damit, dass die Essex Corporation noch von großer Bedeutung sein würde. Ebenso wie Nathaniel Essex, der Gründer der zwielichtigen Organisation und als Mister Sinister einer der gefährlichsten Comic-Gegenspieler der X-Men. Doch nichts da. Zwar wurde die Klon-Thematik in Logan - The Wolverine aufgegriffen, aber weder die Essex Corporation noch Mister Sinister ließen sich blicken. Sie wurden nicht mal erwähnt, auch nicht in X-Men - Dark Phoenix.