Bewertung: 4.5 / 5
Ad Astra ist ein Science Fiction Film des US-amerikanischen Regisseurs und Drehbuchautors James Gray. Die Kritik ist spoilerfrei.
Trailer zu Ad Astra - Zu den Sternen
Der Astronaut Roy arbeitet auf einer riesigen Raumstation. Die Menschen haben begonnen das Sonnensystem zu kolonisieren. Auf dem Mond gibt es viele Stationen, auch der Mars wird teilweise bewohnt und von der Erde ragen riesige Stationstürme bis ins Weltall.
Jedoch wird die Erde seit einiger Zeit immer wieder von sogenannten Magnetwellen heimgesucht, welche teilweise schlimme Schäden verursachen. Man vermutet, dass Roys Vater Clifford eine Jahrzehnte lang zurückliegende Raummission überlebt haben und verantwortlich für diese verheerenden Wellen sein könnte.
Soviel zu der Handlung, diese wird nicht wesentlich komplexer, ist aber auch nicht weiter notwendig für einen der vermutlich besten Filme des Jahres. Jedoch ist es auch ein Film, der viele Leute nicht ansprechen wird, denn es ist kein Actionfilm, kein klassischer Abenteuerfilm und im Wesentlichen auch kein Unterhaltungsfilm. Ad Astra ist eine Perle für Science Fiction Liebhaber, welche sich schon für 2001 – Odyssee im Weltraum, Solaris oder Interstellar begeistern konnten
Der Regisseur James Gray gehört zu den wenigen Menschen, welche zu ihren Regiearbeiten auch das Drehbuch selbst schreiben, in diesem Fall tat er es gemeinsam mit Ethan Gross. Das Skript ist dabei relativ gewöhnlich ausgefallen und an komplexe Handlungen wie in 2001, Solaris oder Interstellar ist bei Ad Astra gar nicht zu denken. Aber die Tatsache, dass Gray das Skript selbst schrieb, unterstreicht seine Leidenschaft und Hingabe zu diesem Film, welcher fernab von diversen Studiowünschen inszeniert wurde. Ad Astra ist ein äußerst ruhiger Film, gelegentlich gibt es etwas mehr Tempo, aber der ganze Film kommt sehr gelassen daher und kann somit die Größe und die Leere des Weltraums perfekt in die Linse fassen. Die 123 Minuten Laufzeit sind ziemlich gewöhnlich, aber sie fühlen sich wie 150 oder gar 180 Minuten an und jetzt kommt es – ohne dabei langweilig zu sein!
Gray schickt seinen Hauptdarsteller Brad Pitt auf eine unfassbare Reise durch unser Sonnensystem von der Erde zum Mond, bis hin zum Mars und noch weiter. Das Tempo und die Inszenierung werden von Max Richter und Lorne Balfes ebenso ruhiger aber wunderschöner Musik begleitet. Zunächst wirken die Noten der beiden Herren etwas unscheinbar, aber im Laufe der Reise lässt man sich sehr auf die Klänge ein.
Bei Brad Pitt dachte man bereits, dass er mit Once Upon A Time In Hollywood eine starke Leistung abgeliefert hat. Bei Ad Astra ist er nicht nur Hauptdarsteller, er ist in gefühlt 90 % der Szenen vor der Kamera und muss oft in der Leere des Alls alleine schauspielern. Das gelingt ihm hervorragend und seine Leistung in Ad Astra steht der von Tarantinos Werk in fast nichts nach. Die Nebenrollen an Pitts Seite sind relativ kurz gehalten. Liv Tyler ist beispielsweise nur in ein paar kurzen Einstellungen zu sehen. Am meisten darf man noch von Donald Sutherland und Tommy Lee Jones sowie einigen eher unbekannten Nebendarstellern sehen, welche alle jedoch einen guten Job machen.
Eine große Trumpfkarte von Ad Astra sind jedoch nicht die Nebendarsteller sondern die wundervollen Bilder von unserem Sonnensystem. Die Mondoberfläche hat man nie schöner gesehen, Raumstationen wirken authentisch und der blau strahlende Neptun mit seinen Ringen (ja, auch der Neptun hat Ringe) ist eine Augenweide. Zeitgleich sind diverse Raumstationen äußerst authentisch eingerichtet und man fühlt sich mehr als ein Mal an 2001: Odyssee im Weltraum erinnert. Eine schöne Anspielung ist beispielsweise auch, dass Clifford (Roys Vater) damals eine Reise zum Jupiter (Anspielung an 2001: Odyssee im Weltraum) und später eine weitere zum Saturn (Anspielung an Interstellar) auf sich nahm. Das hört man nur in Nacherzählungen, sind aber nette Anspielungen.
Bei der Inszenierung, der musikalischen Untermalung und eben auch dem Szenenbild bzw. der generellen Optik erkennt man sehr schnell, dass Ad Astra kein Unterhaltungsfilm sondern vielmehr ein kleines Kunstwerk ist und sehr atmosphärisch daher kommt.
Das ist auch der Grund, warum der Film vielen Leuten nicht groß zusagen wird. In der Kinovorstellung haben ein paar recht junge Zuschauer nach einer Stunde den Saal verlassen, weil es ihnen offenbar zu langweilig war.
Was ebenfalls für Interessierte erschwerend hinzu kommen kann ist die Tatsache, dass Brad Pitts Figur relativ viel gedanklich mit sich selbst spricht. Manche Dinge sind davon sehr gut gemacht und notwendig, andere Gedanken sind relativ offensichtlich und müssen nicht unbedingt erzählt werden.
Neben der erstklassigen Präsentation und der relativ schlichten Handlung verfolgt Ad Astra philosophische Thesen. So beäugt Roy beispielsweise skeptisch die Mondstation, weil die Menschen durch diverse Freizeitangebote mehr oder weniger das machen, was sie auch auf der Erde taten. Zudem stellt Ad Astra die allseits bekannte Frage, ob wir alleine im Universum sind oder ob da draußen noch jemand auf uns warten könnte. Diese Frage wird mit einer durchaus mutigen Antwort abgeschlossen. Weiterhin werden distanzierte Weltbilder der Charaktere gezeigt und entwickelt. Hier finden sich ein paar Parallelen zu Aufbruch zum Mond und dem ebenfalls eher verschlossenen Neil Armstrong, damals dargestellt von Ryan Gosling. Ganz ehrlich, auch wenn die Hintergründe der Figuren anders sind, die Darstellung von Brad Pitt ist deutlich authentischer.
Wer einfach nur Unterhaltung möchte der guckt sich Der Marsianer (ebenfalls ein starker Film) an und macht einen Bogen um Ad Astra. Wer jedoch Wert auf Inszenierung, Visualisierung und philosophische Ansätze legt und sich für das Thema Science Fiction bzw. dem Weltraum interessiert, der soll sich die zwei Stunden für Ad Astra Zeit nehmen.
Brad Pitt spielt großartig, James Gray inszeniert großartig und der Film regt einmal mehr zum nachdenken über das große Unbekannte dort draußen an.
Durch Mut zum Nischenprodukt einer der bislang besten Filme des Jahres.