Bewertung: 3 / 5
Geburtstage sind doch was tolles - da bekommt man Freikarten fürs Kino geschenkt und kann sich mal Filme ansehen, die nicht auf der Watchliste stand. Birds of Prey - The Emancipation of Harley Quinn (in Folge nur BoP) war einer dieser Filme, wo ich der Meinung bin, dass die Welt ihn nicht braucht. Trotzdem sitze ich dann, alleine, im Kino mit sehr niedrigen Erwartungen. Und fühle mich tatsächlich gut unterhalten und muss sogar paar mal Lachen.
Handlung
Nachdem Joker seine geliebte Harley Quinn in Suicide Squad (in Folge nur SSQ) aus dem Gefängnis befreit hat, hält ihre Liebe nicht lange. Joker und Harley trennen sich, was Harley auf die Abschussliste von Gothams gefürchteste Schurken bringt. Besonders der Gangsterboss Black Mask hat es auf sie abgesehen und ohne den Schutz des Jokers, ist sie ihm ausgeliefert. Doch als ein Kind ihm einen Diamanten stiehlt, welcher der Schlüssel zur Macht über Gotham ist, sieht Harley die Chance sich zu befreien. Dabei trifft sie auf ihrer Suche nach dem Kind auf weitere Frauen, welche allesamt ein Hühnchen mit Black Mask zu rupfen haben: Renée Montoya - Cop, Huntress - Auftragskillern und Black Canary - Sängerin und Metawesen.
Trailer zu Birds of Prey - The Emancipation of Harley Quinn
Fortsetzung von Suicide Squad
Es mag durch den jämmerlichen Zustand des DCEU überraschen, dass BoP tatsächlich eine echte Fortsetzung bzw. Spin-off zu SSQ ist. Mehr als man es im Vorfeld und durch das Marketing-Material erahnen konnte. Zwar fehlen Jared Letos Joker oder auch Batman, aber mit Referenzen und Anspielungen sind vor allem der Joker omnipräsent im Film. Trotzdem muss man sich fürchten, dass BoP eine Fortsetzung der Squad ist, da dieser doch ein ziemlich enttäuschender Film war.
Zuerst einmal ist Birds of Prey besser als sein Ruf und besser als Suicide Squad. Dabei nutzt man die Stärken dieses Fiaskos, mischt sie mit erfolgreichen Zutaten anderer Filme und bleibt dem Stil der Vorgängers treu. So passen Titelkarten und Neo-Beleuchtungen einfach besser zu diesem Film, als zu SSQ, bei dem es nachträglich hinzugefüht wurde. Auch BoP hat unzählige Flashbacks und ist wirr geschnitten - allerdings merkt man, dass dies so geplant war. Anders als bei SSQ, welcher ja nachträglich von einer Trailer-Schnitt-Firma verschlimmbessert wurde, ergibt die wirre Handlung und die heftigen Hin und Hers tatsächlich einen Sinn. So folgt man dem Vorgänger, will aber auch schlauer wirken, als man ist. Denn letztlich stört das Stilmittel, wenn man es nach über einer Stunde immer noch nicht fertigbekommen hat, alle Charaktere einzuführen. Die Parallelen zu Deadpool sind dabei unübersehbar, wobei diese beiden Filme das Hin und Her-Springen deutlich besser und organischer hinbekamen.
Somit beginne ich schon sofort zu kritisieren, wobei man die Entscheidung, Harley Quinn als Titelfigur zu nutzen, auch mal loben muss. Margot Robbies Darstellung war der Lichtblick von SSQ, ihre Performance mochte nicht jeder der Comickenner, aber ich fand sie toll. Wer also schon in SSQ nix mit ihr anfangen konnte, der wird sicher nichts mit BoP anfangen können, denn dies ist eine einzige Harley Quinn-Show. Dies führt natürlich zu einem Problem:
Der Titel
Das Marketing machte es bereits deutlich: Birds of Prey ist als Titel wohl nur ein Aufhänger um Fortsetzungen zu drehen. Im Fokus steht ganz klar Margot Robbies Harley Quinn. Es ist ihre Geschichte, sie erzählt diese und alle Frauen sind nur ein nettes Beiwerk. Wie schon erwähnt, ist der Titel eine Farce, wenn man bedenkt, dass die letzte Dame erst kurz vor dem Showdown vorgestellt wird. Zudem wirkt es umso seltsamer, wenn alle Frauen nur per Zufall aufeinander treffen und sich urplötzlich sympatisch sind, da es ja gegen Männer geht.
It´s a Man´s World
Ja die Männer, die bösen bösen Männer. Gotham ist die Stadt mit den schlimmsten Männern überhaupt. Die macht der Film ganz klar: wir haben natürlich den Joker, welcher Harley nur ausnutzte. Wir haben Black Mask als männlichen Gangsterboss, der gerne foltert. Und wir haben Victor Zsass, den dies antörnt oder dies alles nur macht wegen Black Mask - keine Ahnung. Damit aber nicht genug: in Gotham sind alle Cops Idioten und haben ihre Beförderungen nur auf Kosten von Frauen bekommen. Alle Männer sind potenzielle Killer und arbeiten für Black Mask. Selbst die vermeintlich netten Männer sind Schweine: gibt dir ein Mann einen Drink aus, will er dich vergewaltigen, gibt ein Mann dir ein Dach über dem Haus, so will er dich nur an den nächstbesten Gangster verkaufen. Und selbst die einzige positive männliche Figur verkommt zum Ekel, wenn erwähnt wird, dass im verkauften Essen Achselhaare und 6-monate abgelaufener Käse drin ist. Der Männerhass in BoP ist platt und mit dem Holzhammer erzählt. Niemand hat ein Problem mit starken Frauenpersönlichkeiten, doch er sich schon von Rey, Carole Dancers oder Diana Prince bedroht fühlt, sollte um diesen Film einen Bogen machen. Es ist toll, dass nach den Mega-Flops Elektra und Catwoman endlich wieder Superheldinnen auf der Leinwand zu sehen sind. Emanzipation ist gut und wichtig, aber wie man dies eleganter löst bewiesen andere Filme. Wonder Woman und Captain Marvel waren alles andere als perfekt und hatten in Bezug auf die Frauenrolle ebenfalls Probleme, wussten aber trotzdem zu überzeugen ohne jeden Mann als das größte Übel der Geschichte darzustellen. In BoP gibt es nur eine (!) Dame, welche mal weggepustet werden muss, ansonsten sind es die Damen, welche klar die Guten sind mit einer verständlichen Motivation. Doch selbst die Emanzipation im Film ist eher so mähhh, wenn Harley bei der ersten Gelegenheit (und wiederholend) sich an einen neuen Joker wendet. Als Aussage wichtiger ist aber, dass Frauen dutzende von muskelgepackten Männern zu Brei schlagen. Und dies mit "turnender" Leichtigkeit (weshalb erwähnt man nicht einfach, dass Harley Quinn neben einem Doktortitel auch Olympia-Siegerin war?), wobei die Kampfchoreographien an das Arrowverse erinnern und die Männer so blöd sind, einer nach dem anderen sich gegen die Damen anzulegen. Stellenweise wartet man nur auf das "Kabumm" und "Poow" der Adam West Batman-Filme. Und auch durch die Darstellung der Gegener sowie der bunten Kampfchoreographie muss man oftmals an Batman&Robin denken. Ausgerechnet hier fehlt der gesamten Thematik aber der ironische Unterton, wo man doch sonst fast schon dreist beim Vorbild kopiert. Wenn Harley Quinn plötzlich ein anderes Outfit besitzt und dies erwähnt wird, so ist dies zwar lustig, wirkt aber leider so, als wolle man die nächste Margot Robbie-Kollektion verkaufen oder Batman&Robin-like Spielzeug an den Mann ehmm Frau bringen.
DC goes Marvel - again
Ich mach mir da keine Freunde, aber es ist nach Wonder Woman schon fast dreist wie man schon wieder sich stark an einem Marvel-Film inspiriert. Deadpool ist das Thema wie schon oben angesprochen und hier nutzt man das "durchbrechen der vierten Wand", "Flashbacks" und Selbstironie. Besonders Harley hat so manchen Lacher auf seiner Seite, trotzdem wirkt dies einfach wie ne Kopie, ohne jemals dem Original gerecht zu werden. Es fehlt einfach der durchgängige Humor und die Pointen sowie das Selbstreferenzieren wie Deadpool es in Perfektion gelang. Dreister ist aber, wenn quasi die Handlung von Deadpool 2 nacherzählt wird. Hier will ich nicht spoilern, aber bisschen Eigenständigkeit wäre toll, besonders wenn man ja offensichtlich Elemente nutzt.
BoP als Teil des DCEU
Wie schon oben geschrieben ist BoP eindeutig ein Spin-Off/Fortsetzung von SSQ. Selbst Szenen aus diesem Film kommen vor, Harley zitiert mehrfach was in diesem Film passierte und es gibt sogar mehrere Easter Eggs. Der Rest des DCEU wird aber (bewusst) ignoriert. Dass Black Canary scheinbar Superkräfte hat und dieses Thema im DCEU öfters behandelt wurde - geschenkt. Dass Batman aber erwähnt wird, aber komplett fehlt, fällt schon deutlicher auf. Es wäre doch ein leichtes zu erwähnen, dass er untergetaucht ist. So fehlt der strahlende Superheld dieser Stadt, während alles im Chaos versinkt. Nervig, wenn vor allem das letzte Drittel zu einem guten Batman-Film verkommt. Denn wenn die BoP endlich vereint sind, dann verschwinden auch die SSQ-Versatzstücke, Flashbacks und Vierte-Wand-Elemente. Dann haben wir fast schon einen Thriller mit düsterem Setting wo Mädels einer Übermacht gegenüberstehen und man wartet nur auf den dunklen Ritter.
Fast noch schwerer wiegt das erwähnte Fehlen des Jokers. Der ist im Film zwar omnipräsent, letztendlich fehlt Pudding trotzdem. Was umso seltsamer erscheint, wenn Black Mask Angst vor dem Clownprinz des Verbrechen hat, trotzdem unbeschwert eine Armee besitzt und Gotham laut eigenen Aussagen beherrscht. Wo ist der Joker denn, wenn er so ne Gefahr für die Unterwelt Gothams ist, welche dann handlungstechnisch doch selbst die große Gefahr ist.
So komm ich persönlich wie schon bei SSQ zum Schluss, dass man dem Batman-Setting in dieser von Snyder begonnen Welt einfach hinterhertrauert. Schon die Batman-Szenen in SSQ fand ich passend und ja, ich konnte selbst was mit der Neuinterpretation des Jokers anfangen. Letztendlich hätte ich gerne gesehen wie dieser Joker sich mit anderen Schurken anlegt und wie Batman in diesem von Harley verursachten Chaos aufräumt. DC hätte locker ein Gotham-Subuniversum in seinem DCEU erschaffen können, stattdessen bekommen wir Reboots von Joker und Batman und ein Ableger, den keiner braucht.
Fazit
Ein Ableger, den keiner braucht. Dies ist vielleicht ein hartes Urteil, denn BoP unterhält, hat einige tolle Szenen und mit Margot Robbie sowie Ewan McGregor tolle Darsteller. Aber der Film ist in einem Universum, wo Batman, Superman und Co. einfach nicht vorankommen, einfach ne kleine unbedeutende Episode. Das Universum bringt dieser Film sicher nicht weiter, was er ja auch nicht muss. Aber wenn man bedenkt, dass Harley Quinn nun demnächst wieder in der SSQ ist, fragt man sich was dies sollte. Somit wird BoP quasi zum alkoholfreiem Bier: es ist da, stört niemanden, manche mögen es sogar. Ich persönlich brauche es aber nicht. Und so ist BoP ein Mash-Up aus Deadpool, SSQ und Batman&Robin, ohne viel Neues hervorzubringen, außer dass Männer doof sind.
Wer Margot Robbies Darstellung mochte, wer SSQ mochte und wer mal Freikarten besitzt, sollte sich den Film ansehen. Falsch macht man nix und eine Woche später wird der Film auch schon vergessen sein.
2,5 - 3 Hüte